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Das WWF-Arktis-Programm

Der World Wildlife Fund (WWF) wurde 1961 als unabhängige Artenschutzorganisation gegründet. Heute ist er in über 90 Ländern aktiv. Aus dem Jahresbericht 2006 geht hervor, dass WWF Deutschland die Zahl seiner Förderer um 5,5 Prozent auf 324 000 steigern konnte. Im Jahr 2006 finanzierte die deutsche Sektion 53 Naturschutzprojekte in aller Welt mit 20,8 Millionen Euro.

WWF International unterhält seit 1992 ein Arktis-Programm mit Sitz in Oslo. Angeschlossen sind sieben WWF-Büros in Kanada, Alaska, Russland, Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland. Das Programm umfasst die Erforschung mariner Ökosysteme, deren Artenvielfalt sowie der Süßwasservorkommen im hohen Norden. Weitere Themenschwerpunkte sind der Klimawandel, die Meeresverschmutzung, die Gefahren der Erdöl- und Erdgasförderung und die Einrichtung von Schutzgebieten.

Eisbärenforschung des WWF

Ein wichtiger Aspekt ist die Eisbärenforschung. „Wir wollen herausfinden, wie die Bären auf den Klimawandel reagieren“, sagt Stefan Ziegler, vom Fachbereich Artenschutz des WWF Deutschland. Der WWF unterstütze dabei das norwegische Polarinstitut mit seinem Langzeitforschungsprojekt auf Spitzbergen.

Leider lassen sich Säugetiere in der Arktis nicht so leicht beobachten wie anderswo. Einen Eisbären kann man nicht über Wochen und Monate verfolgen, schon gar nicht unbemerkt. Die Tiere werden deshalb mit einem Halsband ausgestattet, das einen Satellitenpeilsender enthält, der ihre genaue Position preisgibt. Diese Methode funktioniert aber nur bei den Weibchen. „Die Männchen haben keinen Hals“, scherzt Ziegler. Sie würden das Band leicht abstreifen können. „Die Satellitenhalsbänder der Eisbären auf Spitzbergen halten leider nur etwa ein Jahr“, sagt Ziegler. Wegen der hohen Kosten für Anschaffung und Betrieb könne man nur wenige Tiere mit Sendern ausstatten. Um das Halsband anzubringen, müssen die Bären vom Hubschrauber aus mit dem Pfeil aus einem Narkosegewehr betäubt werden. „Eine Flugstunde in der Arktis kostet über 500 Euro“.

Bei dieser Gelegenheit nehmen die Forscher Blut- und Gewebeproben. Der narkotisierte Bär wird vermessen und auf seinen Gesundheitszustand hin untersucht. Zur Altersbestimmung wird ein kleiner Vorbackenzahn gezogen. Das schadet dem Tier nicht, liefert den Wissenschaftler aber wertvolle Informationen. Denn im Sommer produziert der Eisbär mehr Zahnzement als im Winter. So entstehen – wie bei Bäumen - „Jahresringe“, die man unter dem Mikroskop auszählen kann.

Erste Ergebnisse der Langzeitstudie

Erste Ergebnisse der Langzeitstudie deuten darauf hin, dass die Eisbärinnen auf Spitzbergen mit zwei unterschiedlichen Strategien auf den Klimawandel reagieren. „Die so genannten Weitläufer folgen dem Eis und legen jährlich große Strecken zurück. Andere Weibchen verhalten sich eher standorttreu“, berichtet Ziegler. Sie blieben im Sommer an Land und versuchten, sich irgendwie durchzuschlagen.

Die aktuellen Wanderbewegungen von vier Eisbärinnen auf der Inselgruppe Svalbard (Spitzbergen) können im WWF Polar Bear Trucker beobachtet werden. Da die Tiere mit den Halsbändern nicht sehr pfleglich umgehen und das Antennensignal zum Beispiel durch Felsen und Witterungseinflüsse gestört sein kann, ist die Interpretation der Daten nicht immer einfach.

Das Weibchen Bouba Le Blanc gibt den Forschern Rätsel auf. Im Spätherbst 2007 hat es sich in eine Schneehöhle verkrochen, diese aber plötzlich in Richtung Fjord verlassen und nach einiger Zeit wieder einen neuen Überwinterungsplatz aufgesucht. Die Wissenschaftler vermuten, dass die erste Höhle wegen schlechter Schneeverhältnisse nicht ausreichend Schutz bot. Doch bedarf es noch vieler Beobachtungen, um zu verstehen, wann, wo und nach welchen Kriterien die Weibchen eine Schneehöhle anlegen. Der wichtigste Grund ist sicher eine bevorstehende Geburt, doch verkriechen sich die Bärinnen manchmal auch bei ungünstiger Witterung in ihr selbst gegrabenes Iglu.

Eisbären als Botschafter für Klimaschutz

Der WWF nutzt den Eisbären als eine Art Flagschiff seiner Klimaschutz-Arbeit. „Der Eisbär ist das charismatische Tier des Nordens, mit dem man Emotionen wecken kann“, sagt Ziegler. Schneefuchs und Schneeeule hätten diese Stellung sicher auch verdient, doch ihr Verbreitungsgebiet sei eben nicht so stark auf das ewige Eis konzentriert.
Die Begeisterung um Knut aus dem Berliner Zoo kann der Artenschutzexperte nachvollziehen. Er bedauert es aber, dass nahezu 90 Prozent des Medienrummels dem Individuum galten. „Es wäre schön, wenn es dem Tiergarten Nürnberg mit Flocke gelingen würde, das Interesse mehr auf die Biologie und den Lebensraum der Eisbären zu lenken“, sagt Ziegler.
Mathias Orgeldinger

Links zum Thema:

WWF Deutschland

Spendenaufruf des WWF: „Retten Sie die Heimat des Eisbären“

WWF International

WWF-Arktis-Programm

WWF Polar Bear Trucker