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IUCN Polar Bear Specialist Group (IUCN/PBSG)

Artenschutz ist eine Herkulesaufgabe. Forscher und Umweltschützer können nur Daten liefern und gesellschaftlichen Druck erzeugen. Letztlich liegt es in der Hand der Regierenden, ob diese Erkenntnisse in nationale Gesetze oder internationale Verträge einfließen.
Auf einer Tagung an der Universität von Alaska in Fairbanks (USA) trafen sich im September 1965 erstmals Wissenschaftler aus allen Arktisstaaten, um über einen effektiven Schutz des Eisbären zu beraten.

Die Delegierten beschlossen:

  • Jedes Land soll nach eigenem Ermessen Maßnahmen zum Schutz der Eisbären ergreifen.
  • Alle Jungtiere und Weibchen mit Nachwuchs müssen ganzjährig geschützt werden.
  • Jeder Staat soll ein Forschungsprogramm auflegen.
  • Eine internationale Organisation wie die IUCN soll die Forschungsergebnisse sammeln und den Informationsaustausch koordinieren.

 

Aus den Reihen der Konferenzteilnehmer etablierte sich 1968 die "IUCN Eisbär-Spezialisten-Gruppe" (IUCN Polar Bear Specialist Group, kurz: PBSG). Ihre Arbeit trug maßgeblich zu einem Abkommen bei, das am 15. November 1973 in Oslo von Dänemark, Kanada, Norwegen, den USA und der früheren Sowjetunion unterzeichnet wurde und im Mai 1976 in Kraft trat.

Die Stimme der PBSG wird gehört

Die PBSG erfüllt Artikel VII des Abkommens von 1973 (Agreement on the Conservation of Polar Bears), indem sie die nationalen Forschungs- und Managementpläne koordiniert und den Wissensaustausch gewährleistet. Zu diesem Zweck treffen sich die Experten alle drei bis fünf Jahre.
Die PBSG hat zwar kein Mandat zur Überwachung der nationalen Naturschutzgesetze oder bilateralen Abkommen, doch ihre Stimme wird gehört. Auf ihrer 14. Tagung im Juni 2005 in Seattle (USA) warnten die Forscher vor den negativen Auswirkungen der Erderwärmung. So habe sich die Zahl der Tiere in der westlichen Hudson Bay zwischen 1987 und 2004 von 1200 auf 950 verringert. Außerdem beklagten sie, dass die Jagd auf Eisbären in Grönland und im Gebiet der Tschuktschen (im Nordosten Russlands) schlecht bis gar nicht reguliert sei.
Die PBSG forderte damals Dänemark auf, eine Studie zu koordinieren, die sich mit dem Einfluss der Umweltverschmutzung auf den Gesundheitszustand der Eisbären befasst. Dies ist nun im Rahmen des Internationalen Polarjahres 2007/2008 geschehen: Das "BearHealth project" untersucht zum Beispiel die Auswirkungen der Dauergifte ("Persistent Organic Pollutants", kurz: POPs) auf die Hormonregulation, den Vitamin-Stoffwechsel und die Knochendichte der Tiere.

Erkenntnisse der Wissenschaftler nehmen Einfluss auf die Politik

Die PBSG besteht derzeit aus 19 Wissenschaftlern, die Forschungsinstitutionen aus allen fünf Unterzeichnerstaaten angehören. Andrew E. Derocher von der Universität Alberta (Kanada) führt das Gremium an. Er untersucht die Auswirkungen des Klimawandels auf Eisbären in der kanadischen Arktis. Im Mai 2008 veröffentlichte er auf der PBSG-Webseite eine populärwissenschaftliche Zusammenfassung zu diesem Themenkomplex.
Die drei Mitglieder aus den Vereinigten Staaten gehören dem "US Geological Survey" bzw. dem "US Fish and Wildlife Service" (FWS) an. Auf Empfehlung des FWS erklärte das amerikanischen Innenministerium im Mai 2008 den Eisbären zur "bedrohte Art" im Sinne des US-Artenschutzgesetzes (ESA) von 1973 ("threatened species under the Endagered Species Act").
Diese Erklärung verbessert den Schutz der Polarbären enorm. So wird zum Beispiel der Import von Trophäen, die in Kanada legal geschossen wurden, illegal. Die Kategorisierung ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Wurden unter der Clinton-Regierung jährlich 65 Arten unter nationalen Schutz gestellt, waren es unter George W. Bush nur noch acht Spezies. Außerdem räumte die US-Regierung damit erstmals ein, dass eine Tierart infolge der Erderwärmung in ihrem Bestand bedroht ist. Dies nährt weltweit die Hoffnung, dass sich die Vereinigten Staaten in Zukunft konstruktiv an der Rettung des Weltklimas beteiligen werden.
Mathias Orgeldinger

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