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manatimagazin 24|02
Schätzungen zufolge sind rund 60 bis 70 Prozent
der Böden in der EU nicht gesund. Laut der
EU-Bodenstrategie für 2030 verschlechtern sich Liebe Leserin, lieber Leser,
nach wie vor Land und Boden zunehmend
durch Prozesse wie Erosion, Verdichtung, den
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Rückgang organischer Substanzen, ber dieser Ausgabe des manatimagazins steht ein großes Frage-
Verschmutzung, Biodiversitätsverlust, zeichen. Bei unserer Arbeit treffen wir oft auf den Begriff der „freien
Versalzung und Versiegelung. Diese ÜNatur“. Häufig scheint er eine harmonische Idylle zu beschreiben
Schäden sind demnach auf eine und impliziert, dass Freiheit da beginnt, wo der Mensch sich heraushält.
nicht nachhaltige Landnutzung und Wir haben uns auf die Suche nach Antworten gemacht, woher dieses Bild
-bewirtschaftung, Übernutzung kommt, was „freie Natur“ sein könnte und ob es diese überhaupt noch gibt.
und den Eintrag von Schadstoffen Dabei wollten wir nicht in große Schutzgebiete in Botswana oder Indien
zurückzuführen. Jedes Jahr fällt in blicken, sondern uns ausnahmsweise nur auf Deutschland konzentrieren.
der EU beispielsweise etwa eine Wir haben mit Soziologen gesprochen, mit Naturschützern, mit Biologin-
Milliarde Tonnen Boden der nen und Landwirten, mit Biodiversitätsforschern, mit Bauingenieurinnen
Erosion zum Opfer. Zwischen und Theologen.
2012 und 2018 wurden in der
EU jährlich netto mehr als Dabei zeichnet sich ein Bild: „Freiheit“ muss immer verhandelt werden.
400 Quadratkilometer Land Denn allein hier in unserem begrenzten Gebiet ist es mit enormen Heraus-
„verbraucht“. forderungen verbunden, unterschiedliche Interessen in Einklang zu bringen.
Zum Beispiel den Schutz von Schweinswalen in der Nordsee und den Ausbau
Quelle erneuerbarer Energien. Oder das Bedürfnis verschiedener Tierarten wie dem
EU-Bodenstrategie für 2030 Rothirsch oder dem Wolf, zu wandern auf der einen Seite – und die Wald-
Die Vorteile gesunder Böden verjüngung oder der Erhalt der Almen auf der anderen. Wollen wir Moore
für Menschen, Lebensmittel, als CO2-Speicher und Horte der Artenvielfalt bewahren oder brauchen wir
Natur und Klima nutzen den Torf? Im Umgang mit unseren Nutztieren bestimmen wirtschaftliche
Interessen. Für Haustiere dagegen legen wir ästhetische Kriterien an. Und
wieviel Raum lassen wir Wildtieren?
Wir leben nicht in einem geschlossenen System. Invasive Arten bedrohen
heimische Wildtiere und -pflanzen. Auch Tierseuchen wie die Afrikanische
Schweinepest oder der sogenannte Salamanderfresser-Pilz Bsal machen an
Grenzen nicht Halt. Sie sind frei, sich auszubreiten – es sei denn, wir hin-
dern sie daran.
Dieses manatimagazin ist eine Einladung an uns alle, zu reflektieren, was
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Natur für uns bedeutet und welche Rolle wir in ihr spielen wollen oder soll-
ten. Denn so viel ist klar: Ohne sie können wir trotz allen Fortschritts nicht,
denn wir sind ein Teil von ihr.
Wir danken Ihnen, dass Sie die Einladung annehmen und wünschen viel
Vergnügen bei der Lektüre.
Anna Böhm
Redaktion manatimagazin
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