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SCHÖNES, FREMDES „I tur: Alle Tiere sind lieb und beschnuppern sich, zen: Kulturlandschaften
n Großbritannien spricht man von der Bambi-Na- Das Zusammenwirken von Mensch, Tieren und Pflan-
dann kommt der böse Mensch mit dem Bulldog.
SEHNSUCHTSDING Das ist ein sehr westliches Bild, das hier in Deutsch- Von dieser Effizienz waren die Menschen weit entfernt,
land extrem stark ausgeprägt ist“, sagt Dr. Matthias die vor zirka 12.000 Jahren als erste damit begannen,
Groß, Professor für Umweltsoziologie an der Fried- sich ein vielversprechendes Stück Land zu suchen, Sa-
rich-Schiller-Universität Jena und Leiter des Depart- men zu säen und Pflanzen anzubauen. Die Neolithi-
ments Stadt- und Umweltsoziologie des Helmholtz- sche Wende, also der Zeitraum vor 12.000 bis 7.000
In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Menschen in unserem Kulturkreis mit ihrem Le- Zentrums für Umweltforschung in Leipzig. „Gerade in Jahren, in dem Menschen sich von Jägern und Samm-
bensstil und bedingt durch technische Fortschritte von der Natur entfernt. Sie haben gelernt, Deutschland ist das Naturbild sehr von der Romantik lern zu sesshaften Bauern und Viehzüchtern entwi-
sie mit maximaler Effizienz zu nutzen. Doch auch wenn manche Errungenschaft den Eindruck geprägt.“ Der Mensch ist dabei ein Außenstehender, ckelten, gilt als einer der bedeutendsten Umbrüche in
erweckt: Wir können nicht ohne die Natur – auch nicht psychisch. Forscher beobachten den bestenfalls ein Beobachter von Naturphänomenen der Menschheitsgeschichte.
wie Tieren, Bäumen, Wald oder Wiesen, einer harmoni-
Schwerpunktthema Freie Natur?
Trend und die Sehnsucht, sich mit Haustieren und Pflanzen wieder ein Stück Wildnis ins Leben schen wie geheimnisvollen Landschaft – ähnlich dem Seitdem formen menschliche Aktivitäten Landschaf-
zu holen. Zugleich kehrt die vom Menschen scheinbar unberührte, wilde Natur als Idealbild viel Raum für Interpretation lassenden „Wanderer über ten. Zunächst nicht aus ästhetischen Gründen, son-
zurück. Dass es sie längst kaum noch gibt, weil Menschen seit Jahrtausenden Einfluss auf das dem Nebelmeer“ des Malers Caspar David Friedrich dern aus der Notwendigkeit heraus, Nahrung zu ge-
Erscheinungsbild ihrer Umwelt nehmen, wird dabei übersehen. Auf diese Weise können wir die aus dem Jahr 1880. winnen. Menschen begannen, Pflanzen und Tiere zu
Herausforderungen unserer Zeit nicht lösen: Einen realen Zugang zur Natur zu finden ist unab- domestizieren und mit der Zeit zwischen Nutz- und
dingbar dafür, sie zu bewahren. Schlimmstenfalls ist er ein Störenfried. „Gerade Rui- Haustieren zu unterscheiden, die es fortan vor wilden
nen oder andere vom Menschen erschaffene Dinge, Beutegreifern zu schützen galt. Gelebt, geackert und
Anna Böhm, Politikwissenschaftlerin, Journalistin und Leiterin der Tiergartenkommunikation die von der Natur zurückerobert werden, haben in der gestorben wurde gemeinsam auf engem Raum. Große
Romantik wieder einen Wert bekommen. Das Zerren Beutegreifer wie der Braunbär (Ursus arctos) oder der
zwischen Naturkräften und dem, was Menschen er- Wolf (Canis lupus) waren in Deutschland zu Beginn des
schaffen haben: Das ist im Grunde das, was die deut- 20. Jahrhunderts ebenso ausgerottet wie große Pflan-
sche Romantik ausmacht“, sagt Groß. Was lange Zeit zenfresser, etwa das Wisent (Bison bonasus). Nutztiere
ein Ringen mit Naturgewalten, eines um Ressourcen,
Raum und Nahrung in mühsamer Handarbeit bedeu-
tete, hat sich durch technische Fortschritte innerhalb
weniger Jahrzehnte gewandelt. Sie haben die Men-
schen in ihrer Art, sich zu ernähren, zu wohnen und
sich fortzubewegen scheinbar unabhängig von natür-
lichen Prozessen und Bedingungen gemacht und eine
auf maximale Effizienz ausgelegte Nutzung natürli-
cher Ressourcen ermöglicht.
Traumhaft – Erstreckt sich diese
herbstliche Waldlandschaft. Was sich
unter dem Nebel verbirgt, liegt in der
Vorstellung des Betrachters.
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