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Teamarbeit Tomas Sauerbrey (links) und
Martin Stäck bei Waldarbeiten am Tiergarten.
NACHHALTIGER Bäume aus dem Wald heraus, geben wir anderen, klei-
WALDUMBAU neren die Chance, kräftig zu wachsen. Neben dem Platz
ist es vor allem das Sonnenlicht, das ihnen dabei hilft.“
Heute arbeitet der Tiergarten beim Waldumbau hin
DER TIERGARTEN ALS zu einem klimastabilen Mischwald eng mit den Baye-
rischen Staatsforsten, dem Amt für Ernährung, Land-
FORSTBETRIEB wirtschaft und Forsten Fürth-Uffenheim (AELF), dem
Umweltamt und dem Servicebetrieb Öffentlicher Raum
Schwerpunktthema Unser Wald
(SÖR) zusammen. Als Forstbetrieb der Stadt Nürnberg
zeichnet er zudem seit 2023 für die Pflanzung der Ge-
burtenbäume verantwortlich: Für jedes Kind, das in
Der Tiergarten ist zugleich der städtische Forstbetrieb und sorgt gemeinsam mit mit dieser Einschätzung lagen. Von der anhaltenden Nürnberg geboren wird, wird ein Baum gepflanzt.
seinen Partnern dafür, dass der Nürnberger Reichswald nachhaltig umgebaut wird. Trockenheit geschwächt, hatten Tausende der Flach-
Damit soll er widerstandsfähig gegen den Klimawandel werden. wurzler keine Chance mehr, Stürmen und Schädlingen
wie Borkenkäfern oder dem Blauen Kiefernprachtkäfer Waldrandgestaltung schafft Lebensraum und bringt
Anna Böhm standzuhalten. 2024 mischen sich bereits meterhohe Ökopunkte
Eichen (Fagaceae), Buchen (Fagus), Hainbuchen (Carpi-
nus betulus), Birken (Betula) und andere Laubbäume Doch auch am Waldrand hört die Arbeit des Tiergar-
" iese da“ sagt Martin Stäck. Er steht in einem Waldstück am Schmausenbuck und zeigt auf eine mit den für den Reichswald charakteristischen Nadel- tens nicht auf, im Gegenteil: Durch ökologische Wald-
zirka zwanzig Meter hohe Fichte (Picea) mit kräftigem Stamm. Was denn mit ihr los ist, könnte
randgestaltung schafft er Rückzugsorte für kleine Säu-
bäumen.
Dsich der Laie fragen – denn eigentlich sieht der Baum gesund aus. Doch Stäck hat einen anderen getiere, Vögel und Insekten – und sammelt obendrein
Blick. Er ist Vorarbeiter im Bereich Forst im Tiergarten. „Die Krone dieser Fichte ist nur noch zur Hälfte Darunter finden sich einige kranke oder alte Bäume, Ökopunkte für die Stadt Nürnberg. Ökopunkte funkti-
vorhanden“, erklärt er. „Das ist zu wenig, um den Baum langfristig über Photosynthese mit Nährstoffen die umzustürzen drohen. Was damit zu tun ist, wägen onieren wie eine Art Währung: Jede Baumaßnahme in
zu versorgen. Spätestens in zwei Jahren ist er kaputt.“ So lange wollen Stäck und seine Forstkollegen Stäck, Schlieper und ihre Kollegen im Einzelfall genau der Stadt muss an anderer Stelle durch eine Maßnah-
nicht warten. Denn so lange der Stamm noch kräftig ist, können sie ihn als Bauholz verwerten. Stäck ab. „Wenn absehbar ist, dass ein Baum kaputtgehen me zum Schutz der Artenvielfalt ausgeglichen werden.
kann aber auch nicht warten, bis der Baum von alleine fällt. Als Forstbetrieb der Stadt ist der Tiergarten wird, ist es oft sinnvoller, ihn zu fällen, so lange das
auch für die Verkehrssicherung in und an städtischen Waldflächen zuständig. Holz noch verwertet werden kann“, sagt Schlieper. Auch im übertragenen Sinn ist ein gesunder, vielfäl-
tiger Reichswald für Nürnberg eine starke Währung –
230 Hektar – so groß ist der Wald der Stadt Nürnberg derzeit. Seine Rolle ist vielfältig: Er dient den Bür- denn er hilft der Stadt, Folgen des Klimawandels wie
gerinnen und Bürgern als Erholungsort, er liefert Rohstoff für Energiegewinnung und Bauprojekte und Die Verwertung jedes einzelnen Baumes wird genau zum Beispiel zunehmende Hitze abzumildern.
dient zudem zahlreichen Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum. Obendrein soll er zum guten Klima in durchdacht
der Stadt beitragen. Info: Martin Stäck ist im Frühjahr 2024 vom Tiergarten zum
Wenn der Stamm wie bei der Fichte nur teilweise be- Servicebetrieb Öffentlicher Raum gewechselt.
So vielfältig die Funktionen des Waldes, so umfangreich die Pflege, die es erfordert, damit er auch zu- schädigt ist, kann der noch gesunde Teil als Bauholz
künftigen Generationen erhalten bleibt. „Forstwirtschaft muss immer langfristig gedacht werden“, genutzt werden: Als solches bindet er dauerhaft Koh-
erläutert Futtermeister Gerd Schlieper, der wie Stäck auch für den Forst verantwortlich ist. „Mit dem lenstoff aus CO2 aus der Atmosphäre. Den übrigen
Waldumbau weg vom reinen Steckerlaswald hin zu einem widerstandsfähigen Mischwald haben unsere Teil können die Forstleute als Totholz im Wald liegen
Forstkollegen schon vor 30 Jah- lassen. Was Spaziergängern als unordentlich erschei-
ren begonnen.“ nen mag, ist in Wahrheit ein wertvoller Lebensraum
für Insekten, Pilze, Moose und andere Lebewesen –
Kiefern- und Fichtenmonokul- ebenso wie Laub und Nadeln, die auf dem Waldboden
turen: Schon damals galten sie liegen bleiben und von den Bodenorganismen nach
nicht mehr als zukunftsfähig. und nach zu Humus verarbeitet werden. Holz, das die
Spätestens seit den Dürresom- Tiergartenmitarbeiter nicht liegen lassen, verarbeiten
mern 2018 und 2019 wurde auch sie zu Hackschnitzeln als Einstreu für Gehege oder für
für eine breite Öffentlichkeit die nachhaltige Energiegewinnung.
sichtbar, wie richtig Forstleute
„Einen Baum zu fällen, ist immer auch eine strategi-
Licht Wo hohe Bäume gefällt sche Entscheidung“, sagt Stäck. „Nehmen wir große Begutachtung Trotz Pilzbefalls ist dieser Baumstamm
werden (müssen), bekommen Jung- wertvoll für die Weiterverwendung, zum Beispiel als
pflanzen die Chance, zu wachsen. Hackschnitzel.
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