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                                                              Martin Stäck bei Waldarbeiten am Tiergarten.
 NACHHALTIGER                                                 Bäume aus dem Wald heraus, geben wir anderen, klei-


 WALDUMBAU                                                    neren die Chance, kräftig zu wachsen. Neben dem Platz

                                                              ist es vor allem das Sonnenlicht, das ihnen dabei hilft.“

                                                              Heute arbeitet der Tiergarten beim Waldumbau hin
 DER TIERGARTEN ALS                                           zu einem klimastabilen Mischwald eng mit den Baye-
                                                              rischen Staatsforsten, dem Amt für Ernährung, Land-
 FORSTBETRIEB                                                 wirtschaft und Forsten Fürth-Uffenheim (AELF), dem
                                                              Umweltamt und dem Servicebetrieb Öffentlicher Raum
 Schwerpunktthema Unser Wald
                                                              (SÖR) zusammen. Als Forstbetrieb der Stadt Nürnberg
                                                              zeichnet er zudem seit 2023 für die Pflanzung der Ge-
                                                              burtenbäume verantwortlich: Für jedes Kind, das in
 Der Tiergarten ist zugleich der städtische Forstbetrieb und sorgt gemeinsam mit   mit dieser Einschätzung lagen. Von der anhaltenden  Nürnberg geboren wird, wird ein Baum gepflanzt.
 seinen Partnern dafür, dass der Nürnberger Reichswald nachhaltig umgebaut wird.   Trockenheit geschwächt, hatten Tausende der Flach-
 Damit soll er widerstandsfähig gegen den Klimawandel werden.  wurzler keine Chance mehr, Stürmen und Schädlingen
             wie Borkenkäfern oder dem Blauen Kiefernprachtkäfer  Waldrandgestaltung schafft Lebensraum und bringt
 Anna Böhm   standzuhalten. 2024 mischen sich bereits meterhohe  Ökopunkte
             Eichen (Fagaceae), Buchen (Fagus), Hainbuchen (Carpi-
             nus betulus), Birken  (Betula) und  andere Laubbäume  Doch auch am Waldrand hört die Arbeit des Tiergar-
 "  iese da“ sagt Martin Stäck. Er steht in einem Waldstück am Schmausenbuck und zeigt auf eine   mit den für den Reichswald charakteristischen Nadel-  tens nicht auf, im Gegenteil: Durch ökologische Wald-
 zirka zwanzig Meter hohe Fichte (Picea) mit kräftigem Stamm. Was denn mit ihr los ist, könnte
                                                              randgestaltung schafft er Rückzugsorte für kleine Säu-
             bäumen.
 Dsich der Laie fragen – denn eigentlich sieht der Baum gesund aus. Doch Stäck hat einen anderen   getiere, Vögel und Insekten – und sammelt obendrein
 Blick. Er ist Vorarbeiter im Bereich Forst im Tiergarten. „Die Krone dieser Fichte ist nur noch zur Hälfte   Darunter finden sich einige kranke oder alte Bäume,  Ökopunkte für die Stadt Nürnberg. Ökopunkte funkti-
 vorhanden“, erklärt er. „Das ist zu wenig, um den Baum langfristig über Photosynthese mit Nährstoffen   die umzustürzen drohen. Was damit zu tun ist, wägen  onieren wie eine Art Währung: Jede Baumaßnahme in
 zu versorgen. Spätestens in zwei Jahren ist er kaputt.“ So lange wollen Stäck und seine Forstkollegen   Stäck, Schlieper und ihre Kollegen im Einzelfall genau  der Stadt muss an anderer Stelle durch eine Maßnah-
 nicht warten. Denn so lange der Stamm noch kräftig ist, können sie ihn als Bauholz verwerten. Stäck   ab. „Wenn absehbar ist, dass ein Baum kaputtgehen  me zum Schutz der Artenvielfalt ausgeglichen werden.
 kann aber auch nicht warten, bis der Baum von alleine fällt. Als Forstbetrieb der Stadt ist der Tiergarten   wird, ist es oft sinnvoller, ihn zu fällen, so lange das
 auch für die Verkehrssicherung in und an städtischen Waldflächen zuständig.   Holz noch verwertet werden kann“, sagt Schlieper.   Auch im übertragenen Sinn ist ein gesunder, vielfäl-
                                                              tiger Reichswald für Nürnberg eine starke Währung –
 230 Hektar – so groß ist der Wald der Stadt Nürnberg derzeit. Seine Rolle ist vielfältig: Er dient den Bür-  denn er hilft der Stadt, Folgen des Klimawandels wie
 gerinnen und Bürgern als Erholungsort, er liefert Rohstoff für Energiegewinnung und Bauprojekte und   Die Verwertung jedes einzelnen Baumes wird genau  zum Beispiel zunehmende Hitze abzumildern.
 dient zudem zahlreichen Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum. Obendrein soll er zum guten Klima in   durchdacht
 der Stadt beitragen.                                         Info: Martin Stäck ist im Frühjahr 2024 vom Tiergarten zum
             Wenn der Stamm wie bei der Fichte nur teilweise be-  Servicebetrieb Öffentlicher Raum gewechselt.
 So vielfältig die Funktionen des Waldes, so umfangreich die Pflege, die es erfordert, damit er auch zu-  schädigt ist, kann der noch gesunde Teil als Bauholz
 künftigen Generationen erhalten bleibt.  „Forstwirtschaft muss immer langfristig gedacht werden“,   genutzt werden: Als solches bindet er dauerhaft Koh-
 erläutert Futtermeister Gerd Schlieper, der wie Stäck auch für den Forst verantwortlich ist. „Mit dem   lenstoff aus CO2 aus der Atmosphäre. Den übrigen
 Waldumbau weg vom reinen Steckerlaswald hin zu einem widerstandsfähigen Mischwald haben unsere   Teil können die Forstleute als Totholz im Wald liegen
 Forstkollegen schon vor 30 Jah-  lassen. Was Spaziergängern als unordentlich erschei-
 ren begonnen.“   nen mag, ist in Wahrheit ein wertvoller Lebensraum
             für Insekten, Pilze, Moose und andere Lebewesen  –
 Kiefern- und Fichtenmonokul-  ebenso wie Laub und Nadeln, die auf dem Waldboden
 turen:  Schon  damals  galten  sie   liegen bleiben und von den Bodenorganismen nach
 nicht mehr als zukunftsfähig.   und nach zu Humus verarbeitet werden. Holz, das die
 Spätestens  seit den Dürresom-  Tiergartenmitarbeiter nicht liegen lassen, verarbeiten
 mern 2018 und 2019 wurde auch   sie zu Hackschnitzeln als Einstreu für Gehege oder für
 für eine breite Öffentlichkeit   die nachhaltige Energiegewinnung.
 sichtbar, wie richtig Forstleute
             „Einen Baum zu fällen, ist immer auch eine strategi-
 Licht Wo hohe Bäume gefällt   sche Entscheidung“, sagt Stäck.  „Nehmen wir große   Begutachtung Trotz Pilzbefalls ist dieser Baumstamm
 werden (müssen), bekommen Jung-                              wertvoll für die Weiterverwendung, zum Beispiel als
 pflanzen die Chance, zu wachsen.                             Hackschnitzel.
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