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manatimagazin 22|02  Schwerpunktthema Nachhaltigkeit im Tiergarten




 Ort – beispielsweise die Verwendung regenerativer Baustoffe. Gibt es bei Ihnen eine Leitlinie, was in den Be-
 reichen Bau, Mobilität, Einkauf, Merchandising und Gastronomie noch erlaubt ist?
 In gewissen Bereichen gibt es Richtlinien, denen wir folgen. In vielen anderen Bereichen entscheiden wir bei   FRESSEN UND
 Bedarf, wann und wo wir handeln können. Beim Verkehr zum Beispiel können wir durch Partnerschaften mit
 den Verkehrsverbünden Anreize schaffen, um unsere Gäste zum Umsteigen auf den Öffentlichen Verkehr zu
 motivieren. Und mit einem Rahmenvertrag mit unseren Gastronomie-Partnern können wir Lieferungen kom-  GEFRESSEN WERDEN.
 binieren und dadurch viele Zusatzfahrten vermeiden.

 Bis sich ein Unternehmen oder eine Einrichtung als „klimaneutral“ bezeichnen darf, ist es oft ein langer   ÜBER DAS TÖTEN UND VERFÜTTERN
 Weg. Wann haben Sie damit begonnen, den Zoo konsequent klimaneutral auszurichten und wie sah der
 Prozess aus?  EIGENER ZOOTIERE ALS TEIL DER
 Der ganze Prozess hin zu einem klimaneutralen Zoo ist von innen gewachsen und hat sich langsam entwickelt.
 Vor etwa zehn Jahren hat man sich entschieden, unsere Emissionen rigoros zu protokollieren. Dies ebnete den   NACHHALTIGKEIT
 Weg für weitere Einsparungen. Der Umstieg auf erneuerbare Energien hat zum Teil schon viel früher statt-
 gefunden. So zum Beispiel mit der Installation einer Holzschnitzelheizung vor etwa zwanzig Jahren oder dem
 konsequenten Verwenden von Ökostrom.   Der Tiergarten Nürnberg verfüttert einige seiner Zootiere an andere Zootiere. Auch wenn
             er dieses Vorgehen bereits seit den 1990er Jahren offen kommuniziert und praktiziert,
 Unser Weg ist hier aber noch nicht abgeschlossen, sondern muss konsequent weiterverfolgt werden. Wir orien-  mag es manchem neu sein und widerstreben.
 tieren uns dazu auch an den 17 Zielen zur nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen. Unsere Ambitio-
 nen und Ziele zur Reduktion der Treibhausemissionen stimmen wir mit der Energie-Agentur der Wirtschaft ab,   Jörg Beckmann, biologischer Leiter des Tiergartens Nürnberg
 die gleichzeitig auch unsere Fortschritte kontrolliert.

 Was waren die größten Hürden, mit denen Sie zu kämpfen hatten und gibt es Probleme, die Ihnen aktuell
 noch Kopfzerbrechen bereiten?
 Die Umstellung hin zu einem klimaneutralen Zoo ist häufig mit technischen Schwierigkeiten und hohen An-  n der Natur findet das ganze Leben in Kreisläufen statt. Pflanzen stellen mit Hilfe der Energie des
 fangsinvestitionen verbunden. Technische Defekte können auch heute noch zu Problemen führen. So kann ein   Sonnenlichts über Photosynthese Biomasse wie Blätter her. Diesen Prozess nennt man Primär-
 Leck in einer Kühlanlage oder einem Teich rasch zu einem großen Verbrauch führen. Daher ist es sehr wichtig,   Iproduktion. Diese Biomasse wird dann von den Konsumenten, wie Schmetterlingsraupen, kleinen
 die Emissionen kontinuierlich zu überprüfen.   Krebsen und Nilgauantilopen (Boselaphus tragocamelus) aufgenommen, die dann wiederum von Tie-
                     ren der nächsten trophischen Ebene, also der nächsten „Energiestufe“ gefressen werden. Blaumeisen
 Zu Ihren Vorzeigeprojekten zählt der 2003 eröffnete „Masoala Regenwald“. Für Sie ein „Meilenstein in der   (Cyanistes caeruleus) und Heringe (Clupea harengus) tun dies, ebenso Asiatische Löwen (Panthera leo
 Entwicklung des Zoo Zürich zum Naturschutzzentrum“. Was macht die 11.000 Quadratmeter große Tropen-  persica). Passend zum Thema nennt man diese auch Zoophage, also „Tierfresser“. Am Ende des Kreis-
 halle so besonders im Hinblick auf das Energiekonzept?  laufs stehen dann die Destruenten, welche tote Biomasse wie abgestorbenes Pflanzenmaterial, Kada-
 Der „Masoala Regenwald“ war das erste Großprojekt unseres ehemaligen Direktors Alex Rübel. Bei der Planung   ver und Kot in ihre Bestandteile zersetzen und so den Primärproduzenten wieder verfügbar machen.
 einer so großen Regenwaldhalle ist der Energieverbrauch von Anfang an ein Thema. Strom, Wasser und Wär-  Diese Aufgabe wird durch Bakterien und Pilze, aber auch von sogenannten Saprophagen („Verfault-
 me sollten möglichst nachhaltig produziert werden. Im Bereich Wasser wurden Zisternen zum Auffangen von   fresser“), wie Aas- und Mistkäfern übernommen. Damit ist der Prozess des Werdens und Vergehens
 Regenwasser gebaut, das wiederum in der Halle gebraucht werden kann. Für die nicht unerhebliche Wärme-  geschlossen, dem auch wir Menschen unterliegen. Bestandteile unserer Körper waren einmal Teil von
 produktion dient eine Holzschnitzelanlage. Im Jahr 2010 wurden dann zusätzlich 40 Erdsonden in je 250 Meter   ersten Landpflanzen, Dinosauriern und auch anderen Menschen. Diesem Kreislauf kann man sich
 Tiefe gebohrt. Über eine Wärmepumpe erzeugen sie den größten Teil der benötigten Wärme für den Masoala   nicht entziehen. Auch im Zoo wird geboren, gefressen, gestorben.
 Regenwald. Abwärme der Kühlanlagen und der ausströmenden Luft der Halle werden wieder in das System
 eingespeist.   „BEI ALLER KRITIK MUSS MAN SICH JEDOCH KLARMACHEN: AUCH, WENN
                  WIR ALLE IM TIERGARTEN GEBORENEN TIERE ABGEBEN UND UNSER
 Wo ist das Thema Nachhaltigkeit in Ihren Strukturen verankert und wie arbeiten Sie konkret an dem Thema?  GESAMTES FUTTERFLEISCH ZUKAUFEN WÜRDEN, WÄRE DIE ANZAHL DER
 Inzwischen haben wir eine Nachhaltigkeitsbeauftragte im Zoo Zürich, die sich damit beschäftigt, Mittel und   GETÖTETEN TIERE AM ENDE GLEICH.“
 Wege zu finden, unseren Zoo noch nachhaltiger zu gestalten. Alle Mitarbeitenden sind zudem darauf sensibi-
 lisiert, in ihrem Arbeitsbereich auf Verbesserungsmöglichkeiten zu achten, und diese, wenn möglich, umzu-  Wer, was, wie
 setzen. So können zum Beispiel bei der Belichtung Zeitschaltuhren oder Bewegungsmelder eingesetzt werden.   Das Wohl unserer Tiere liegt uns am Herzen, auch wenn manche Menschen dies anders sehen. Er-
 Auch motivieren wir unsere Beschäftigten, sich selber nachhaltiger zu verhalten, zum Beispiel mit dem Projekt   nährung spielt hierbei eine wichtige Rolle, Fortpflanzung als Teil des Lebens auch. Sobald man sich
 ‚Bike to work‘, bei dem alle motiviert werden, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu radeln.   für die Haltung eines Raubtieres entschließt, akzeptiert man dafür automatisch, dass andere Tiere
                     sterben müssen, damit das eigene Tier seiner Natur entsprechend ernährt werden kann. Dies gilt
 Was haben Sie sich für die kommenden Jahre in den Bereichen Nachhaltigkeit und Klimaschutz vorge-  für Zoos und die Haltung von Sibirischen Tigern und Waldrappen (Geronticus eremita) genauso, wie
 nommen?             für Haushunde (Canis lupus familiaris) und -katzen (Felis catus), egal ob in den eigenen vier Wänden
 Der Zoo Zürich setzt bei allen Projekten auf Langfristigkeit. So unterstützen wir global seit Jahren acht große   oder im Tierheim. Die Verpflichtung dazu ergibt sich auch aus dem §2 des Tierschutzgesetzes. Denn
 Naturschutzprojekte mit der Absicht, diese Partnerschaft auch über die nächsten Jahrzehnte beizubehalten.   hier steht: „wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, 1. muss das Tier seiner Art und seinen Be-
 Mit der Absicherung unserer Unterstützung können diese Projekte langfristig und nachhaltig geplant werden.   dürfnissen entsprechend angemessen ernähren (…)“. Dies tun wir bei unseren Raubtieren je nach Art
 Innerhalb des Zoos haben wir letztes Jahr den Entwicklungsplan 2050 präsentiert, der den Zoo der Zukunft   mit Fleisch oder Fisch. Dabei legen wir auf die Qualität dieses Futters genauso viel Wert wie auf das
 skizziert. Der Zoo Zürich wird sich in Zukunft durch elf Lebensräume auszeichnen. Der Tierbestand fokussiert   der Pflanzenfresser. Unsere Westlichen Flachland Gorillas (Gorilla gorilla gorilla) bekommen frisches
 sich auf bedrohte Tiere. Zudem bauen wir unsere Forschungs-, Bildungs- und Naturschutzabteilungen weiter-  Gemüse, unsere Giraffen (Giraffa camelopardalis rothschildi und reticulata) frisches Laub, die Löwen
 aus. Bei allen zukünftigen Projekten spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle.  frisches Fleisch. Aus diesem Grund bauen wir eigenes Grünfutter für unsere Tiere an, töten und ver-
                     füttern aber auch einen Teil von ihnen. Für uns stellt sich Frage, ob man einen Haushund als direkten


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