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Schwerpunktthema Nachhaltigkeit im Tiergarten manatimagazin 22|02
„Indem wir das Grünfutter für unsere Tiere großenteils gartens jedoch immer wieder: „Der Müll, den Besucher im
selbst produzieren, können wir die gewünschten Quali- Tiergarten achtlos auf den Boden werfen und den unsere
täten viel besser steuern“, sagt Gerd Schlieper. Denn Heu Maschine nicht aussieben konnte, finden wir hier auf den
ist nicht gleich Heu, und auch spät geerntete, meterhohe Feldern wieder“, erzählt Schlieper. „Immer wieder sammeln
Topinambur schmecken längst nicht jedem – den Giraffen wir Flaschenkapseln, Eisverpackungen und manchmal so-
aber schon. Anderes Gemüse, dass die Tiergartenmitarbei- gar Schnuller.“
tenden nicht selbst in Mittelbüg anbauen, beziehen sie
großteils von einer Handvoll Landwirtinnen und Landwir- Ein Ärgernis für den studierten Landwirt, der 2013 die Bio-
ten aus der Region, die sich in den vergangenen Jahren als zertifizierung von Gut Mittelbüg federführend begleitet
zuverlässige Partner erwiesen haben. hat. Denn harte Fremdkörper und Müll auf dem Acker kön-
nen die Maschinen beschädigen und die Gesundheit der
Aus den Wäldern der Bayerischen Staatsforsten kommen Beschäftigten gefährden, wenn sie beim Heuwenden oder
die Futteräste, die den Tieren nicht nur als Nahrung, son- Mähen in die Fahrerkabine geschleudert werden. Oben-
dern auch als Beschäftigung dienen. drein gefährden sie die Gesundheit des Bodens, auf die
Schlieper und seine Kollegen in dem Biobetrieb im Was-
Vom Tiergarten zurück nach Mittelbüg serschutzgebiet und in den Naturschutzgebieten, die sie
Aus dem Wald oder vom Feld, am Ende landet alles auf Gut bewirtschaften, besonders achten. Ebenso wie auf die
Mittelbüg: Denn den Mist, der im Tiergarten anfällt, fahren Wildtiere, die hier zur Brut- und Aufzuchtzeit einen Rück-
die Tiergartenmitarbeitenden wieder hierher. Den Kot der zugsort finden sollen. Deswegen mähen sie die Wiesen im
BESTES FUTTER seuchenrechtlichen Vorgaben, als Müll entsorgt werden – flügge sind. Auf den Flächen von Gut Mittelbüg achten sie
Primaten und der Raubtiere ausgenommen, er muss aus Naturschutzgebiet erst, wenn die Jungen der Bodenbrüter
darauf, dass in den Sommermonaten immer Abschnitte
bildet der Mist von Takin und Co. die Grundlage zukünfti-
ger Ernten. Er lagert hier und wird nach und nach zu Humus hohen Grases oder Korns zur Verfügung stehen. Erst in
VON NEBENAN: – fruchtbarem Boden mit einem prima Nährstoffgehalt für diesem Jahr haben sie gemeinsam mit Grundschulkindern
gesundes Pflanzenwachstum und ganz ohne Torf.
und Jägern des Reviers Wetzendorf/Schwaig eine Hecke ge-
pflanzt, die in wenigen Jahren einen Lebensraum für zahl-
DER BIOBAUERNHOF Handarbeit Auch die Dass der Humus aus dem Mist exotischer Tiere besteht, reiche Vogel-, Insekten und Wildtierarten bieten soll. „Und
sieht man den Feldern und Wiesen, auf denen er ausge-
von diesem Mais hier“, sagt Schlieper, „lassen wir über den
bracht wird, natürlich nicht an. Hinweise darauf, woher der Winter einen Teil für das Wild stehen.“
Futterrüben stammen aus
DES TIERGARTENS pestizidfreier Biolandwirt- Ausgangsstoff Mist kommt, finden die Landwirte des Tier-
schaft.
Taufrisch Morgens geschnitten, landet
Der Tiergarten produziert einen Großteil des Grünfutters für seine Pflanzenfresser selbst die Luzerne von Gut Mittelbüg nur we-
– in Bioqualität. Diese nachhaltige Futterbeschaffung schmeckt den Tieren im Zoo, hilft nig später im Futtertrog im Tiergarten.
den Wildtieren vor Ort und bereitet den Boden für eine umfangreiche Bildungsarbeit.
Anna Böhm begleitete Futtermeister Gerd Schlieper aufs Feld.
ense, Rechen und Heugabel stehen bereit, auf dem tens. Vom Frühsommer bis in den späten Herbst hinein
Boden liegen bereits ein Büschel Bambus und ein liefern Schlieper und seine zehn Kollegen von Landwirt-
SHaufen Luzerne. Futtermeister Gerd Schlieper ga- schaft und Forst täglich solche frisch geernteten Lecker-
belt das kleeähnliche Grün auf den Transporter, ver- lis an den Schmausenbuck.
schnürt den Bambus und legt in obendrauf. Auf der La-
defläche liegen bereits mehrere Bündel Topinambur- und Zusätzlich versorgen sie die Tiere mit Frischgras von den Wie-
Maispflanzen – frisch geerntet auf einem anderen Feld sen auf Gut Mittelbüg. Neben Gut Mittelbüg bewirtschaften
der 26 Hektar großen Biolandwirtschaft auf der Außen- und pflegen die Tiergartenmitarbeitenden auch die etwa 16
stelle des Tiergartens Nürnberg, auf Gut Mittelbüg. Hektar großen, sogenannten Russenwiesen der Stadt Nürn-
berg sowie etwa 43 Hektar Wiesenflächen im Naturschutzge-
Vor gut 50 Jahren übernahm der Tiergarten die Zustän- biet Pegnitztal Ost. Hinzu kommen rund fünf Hektar im Was-
digkeit für das jahrhundertealte Gehöft. Von hier aus serschutzgebiet Röthenbach. Hier wird das Frischgras auch
geht das Frischfutter direkt in den knapp zehn Kilometer zu Heu verarbeitet. Je nach Witterungsverhältnissen haben
entfernten Zoo zu Giraffen, Antilopen, Somali-Wildeseln, sie so pro Jahr einen Ertrag zwischen 120 und 190 Tonnen. Und
Przewalski-Pferden, Takinen, Kaffernbüffeln, Zebras, Nas- Dank der Vorratshaltung kann der Tiergarten seinen Bedarf
horn und vielen weiteren Pflanzenfressern des Tiergar- an Heu damit bis zu 100 Prozent decken.
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