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SEHNSUCHT Dgibt es nur im Plural. Rasch ist klar: Die Gat-
ie eine Mehlbeere gibt es also gar nicht? „Ge-
nau.“ Norbert Meyer nickt. Die Bezeichnung
tung Mehlbeere (Sorbus) ist komplex, die Verbreitung
ihrer Arten eine Wissenschaft für sich und die Verwe-
NACH LICHT bung ihrer Verwandtschaften so abenteuerlich wie
vielfältig. Beim Schutz der gefährdeten Arten könnte
der Mensch, wie so häufig, helfen – wenn er sie nur er-
kennen würde! Einfach ist das jedoch nicht.
„Die Gattung umfasst in Europa etwa so viele Baum-
arten wie es andere Baumarten insgesamt dort gibt!“,
verdeutlicht Meyer die Situation. „Die Mehlbeeren
Schwerpunktthema Unser Wald
UNTERSCHÄTZT, HÄUFIG als weitgefasste Gattung sind nicht gefährdet. Wohl
aber etliche Kleinarten.“ Der Grund für dieses Gefälle?
UNERKANNT UND VIELFACH „Mehlbeeren sind nicht überall verbreitet und in vielen
Gebieten noch kaum erforscht. Was aber den Natur-
BEDROHT: DIE MEHLBEEREN schutz-Behörden nicht bekannt ist, können sie auch
nicht schützen. Unsere fränkischen Sorbi sind nur ein
Fleckchen auf der europäischen Sorbus-Karte. Doch
wissen wir wenigstens, welche Arten es wo gibt – und
können sie schützen.“
Mehlbeeren – was sind das für Gewächse? Mehrere kultivierte Arten der
Nordhalbkugel sehen wir regelmäßig in Gärten und Grünanlagen, die meis- Mit seinem Studienfreund Walter Welß hat sich Meyer
ten aber sind derart unbekannt und etliche so selten, dass sie vom Ausster- im Verwaltungsgebäude des Botanischen Gartens Er-
ben bedroht sind. Dabei haben Mehlbeeren erstaunlich viele Begabungen... langen an einem von Bücherregalen eng umgebenen
Tischchen niedergelassen. Welß, ehemals wissen-
Anabel Schaffer, Journalistin schaftlicher Leiter des Botanischen Gartens und heute
noch ehrenamtlich dort tätig, stellt klar: „Verglichen
mit Norberts Mehlbeeren-Kenntnissen bin ich Gene-
ralist“ – und bereitet prompt den Informationsboden.
„Die Mehlbeeren gehören, wie auch Äpfel und Birnen,
zum Kernobst aus der Familie der Rosengewächse. Die
Früchte der Mehlbeeren sind im Herbst häufig rot ge-
färbt, viel kleiner als Äpfel, eine beliebte Nahrung bei
Vögeln und nicht giftig!“
Viele Menschen, erklärt Welß, glauben das irrtümli-
cherweise von Vogelbeere oder Eberesche (Sorbus au-
cuparia), die in hiesigen Gärten, aber auch in weiten
Teilen Europas und Asiens verbreitet sind. „Drosselvö-
gel lieben die Mini-Äpfelchen und sorgen durch Aus-
scheidung der Kerne für die Vermehrung der Bäume.“
Keine Unbekannten Diesen Anblick kennen wir aus unse-
ren Gärten von der – nicht gefährdeten – Vogelbeere oder
Eberesche. Einer zart-schönen, allen Mehlbeeren-Arten
relativ ähnlichen Blüte folgen im Herbst gelbe bis tiefrote
Beeren. Für etliche Tiere sind sie eine willkommene Nah-
rungsquelle in der kalten Jahreszeit.
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