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manatimagazin 24|01                               manatimagazin 24|01



 SEHNSUCHT                                                    Dgibt es nur im Plural. Rasch ist klar: Die Gat-
                                                                    ie eine Mehlbeere gibt es also gar nicht? „Ge-
                                                                    nau.“  Norbert  Meyer  nickt.  Die  Bezeichnung


                                                              tung Mehlbeere (Sorbus) ist komplex, die Verbreitung
                                                              ihrer Arten eine Wissenschaft für sich und die Verwe-
 NACH LICHT                                                   bung ihrer Verwandtschaften so abenteuerlich wie
                                                              vielfältig. Beim Schutz der gefährdeten Arten könnte
                                                              der Mensch, wie so häufig, helfen – wenn er sie nur er-
                                                              kennen würde! Einfach ist das jedoch nicht.

                                                              „Die Gattung umfasst in Europa etwa so viele Baum-
                                                              arten wie es andere Baumarten insgesamt dort gibt!“,
                                                              verdeutlicht Meyer die Situation.  „Die Mehlbeeren
 Schwerpunktthema Unser Wald
 UNTERSCHÄTZT, HÄUFIG                                         als weitgefasste Gattung sind nicht gefährdet. Wohl
                                                              aber etliche Kleinarten.“ Der Grund für dieses Gefälle?
 UNERKANNT UND VIELFACH                                       „Mehlbeeren sind nicht überall verbreitet und in vielen
                                                              Gebieten noch kaum erforscht. Was aber den Natur-
 BEDROHT: DIE MEHLBEEREN                                      schutz-Behörden nicht bekannt ist, können sie auch
                                                              nicht schützen. Unsere fränkischen Sorbi sind nur ein
                                                              Fleckchen auf der europäischen Sorbus-Karte. Doch
                                                              wissen wir wenigstens, welche Arten es wo gibt – und
                                                              können sie schützen.“
 Mehlbeeren – was sind das für Gewächse? Mehrere kultivierte Arten der
 Nordhalbkugel sehen wir regelmäßig in Gärten und Grünanlagen, die meis-  Mit seinem Studienfreund Walter Welß hat sich Meyer
 ten aber sind derart unbekannt und etliche so selten, dass sie vom Ausster-  im Verwaltungsgebäude des Botanischen Gartens Er-
 ben bedroht sind. Dabei haben Mehlbeeren erstaunlich viele Begabungen...  langen an einem von Bücherregalen eng umgebenen
                                                              Tischchen niedergelassen. Welß, ehemals wissen-
 Anabel Schaffer, Journalistin                                schaftlicher Leiter des Botanischen Gartens und heute
                                                              noch ehrenamtlich dort tätig, stellt klar: „Verglichen
                                                              mit Norberts Mehlbeeren-Kenntnissen bin ich Gene-
                                                              ralist“ – und bereitet prompt den Informationsboden.
                                                              „Die Mehlbeeren gehören, wie auch Äpfel und Birnen,
                                                              zum Kernobst aus der Familie der Rosengewächse. Die
                                                              Früchte der Mehlbeeren sind im Herbst häufig rot ge-
                                                              färbt, viel kleiner als Äpfel, eine beliebte Nahrung bei
                                                              Vögeln und nicht giftig!“

                                                              Viele Menschen, erklärt Welß, glauben das irrtümli-
                                                              cherweise von Vogelbeere oder Eberesche (Sorbus au-
                                                              cuparia), die in hiesigen Gärten, aber auch in weiten
                                                              Teilen Europas und Asiens verbreitet sind. „Drosselvö-
                                                              gel lieben die Mini-Äpfelchen und sorgen durch Aus-
                                                              scheidung der Kerne für die Vermehrung der Bäume.“









                                                              Keine Unbekannten Diesen Anblick kennen wir aus unse-
                                                              ren Gärten von der – nicht gefährdeten – Vogelbeere oder
                                                              Eberesche. Einer zart-schönen, allen Mehlbeeren-Arten
                                                              relativ ähnlichen Blüte folgen im Herbst gelbe bis tiefrote
                                                              Beeren. Für etliche Tiere sind sie eine willkommene Nah-
                                                              rungsquelle in der kalten Jahreszeit.


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