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Schwerpunktthema Seuchen                                                                                                                                        manatimagazin 25|01



                                                              Hoffnungsträger Impfstoff                                              nicht ASP-empfänglich sind und somit nicht zur Ver- Wir versuchen zu retten, solange es noch was zu ret-
                                                              Weltweit wird seit Jahrzehnten an einem ASP-Impf-                      breitung der Tierseuche beitragen können. Dies ist  ten gibt. Dies kostet viel Geld und eine Erfolgsgarantie
                                                              stoff gearbeitet, praktisch ausschließlich an dafür                    wichtig für in Zoos gehaltene Pekaris, damit diese bei- gibt es dabei nicht. Sollten wir es aber schaffen, auch
                                                              empfänglichen Haus- und Wildschweinen, bisher leider                  spielsweise von Transportverboten zwischen Zoos im  nur eine einzige weitere Schweineart vor dem Ausster-
                                                              ohne durchbrechenden Erfolg. Dabei zielt die meiste                    Rahmen von Erhaltungszuchtprogrammen oder Keu- ben zu bewahren, hat es sich bereits gelohnt.
                                                              Forschung hier auf einen Impfstoff ab, den man sprit-                  lungen bei einem positiven ASP-Befund im Zoo ausge-
                                                              zen muss. Für Stallschweine und solche in Zoos durch-                  nommen werden können, ebenso von Tötungen in der
                                                              aus praktikabel. Um wilde Schweine zu schützen,                        Natur im Rahmen der Tierseuchenbekämpfung. Mit
                                                              bräuchte man jedoch einen oral zu verabreichenden                      Organisationen wie der Zoologischen Gesellschaft für
                                                              Impfstoff, den man über Köder großflächig  ausbrin-                    Arten und Populationsschutz e. V. (ZGAP) und der IUCN   Wenn Sie unsere Arbeit zum Schutz bedrohter
                                                              gen kann. So hat man in Deutschland beispielsweise                    SSC Wild Pig Specialist Group, sowie weiteren Partnern   Schweinearten unterstützen möchten,
                                                              die Klassische Schweinepest bei Wildschweinen elimi-                   in den USA und Asien versuchen sie derzeit Zuchtsta-  können Sie hier spenden:
                                                              niert. Um die Entwicklung eines für den Artenschutz                    tionen und Reservepopulationen bedrohter Schweine-
                                                              nutzbaren oralen Impfstoff zu unterstützen, hat der                   arten aufzubauen.                                   Verein der Tiergartenfreunde Nürnberg e. V.
                                                              europäische Zooverband EAZA (European Association                      Der One Plan Approach to Conservation Planning (OPA)   Sparkasse Nürnberg
             Faktor Mensch – Aufklärung spielt auch bei ASP eine   of Zoos and Aquaria) im Jahr 2023 eine Entscheidung               der IUCN hat sich zum Ziel gesetzt, in situ und ex situ   IBAN DE50 7605 0101 0001 0800 05
             entscheidende Rolle. Die Darreichung aber auch.  mit weitreichenden Folgen getroffen, die es so bisher                  Natur-  und  Artenschutz  miteinander  zu  verknüpfen.   Verwendungszweck: Schweineschutz
                                                              in der Zoowelt noch nicht gab und die Ausdruck der                    So sollen Kooperationen Synergieeffekte für das Errei-
                                                              dramatischen Situation ist: Er hat der Abgabe von in                   chen gemeinsamer Ziele ermöglichen. Egal wo die In-
                     Nur von wenigen bedrohten asiatischen  Zoos geborenen Pinselohr- und Warzenschweinen für                        dividuen einer Art leben, sie wer-
                     Schweinearten existieren Reservepopulatio- Tierversuche an das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI)                den  als  eine  einzige  Population
                     nen in menschlicher Obhut, für zwei Arten in  als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit zu-               betrachtet und behandelt. Im Fall
                     europäischen und amerikanischen Zoos, für  gestimmt. Beide Arten werden im Rahmen von Erhal-                   von ASP gehen wir noch einen
                     drei weitere in asiatischen Zoos und Zucht- tungszuchtprogrammen (EEP = EAZA Ex situ program-                  Schritt weiter, ein OPA 2.0, wenn
                     stationen. Dies ist noch nicht einmal die  mes) gehalten und gezüchtet. Damit unterliegen sie                   man so will: Wir arbeiten als Ge-
                     Hälfte: mindestens elf endemische Schwei- sehr strikten Vorgaben, was die Abgabe dieser Tiere                   meinschaft in situ, in vivo, in vit-
                     nearten gibt es in Asien, eher mehr, auch hier  betrifft. Initiiert wurde das Projekt von der Fachgruppe        ro und ex situ. Das heißt, unsere
                     besteht noch Forschungsbedarf. Die Reserve- für Schweine der Weltnaturschutzunion, der IUCN SSC                 Artenschutzarbeit umfasst den
                     populationen sind die einzige Chance, die Ar- Wild Pig Specialist Group, der auch der Tiergarten an-           Schutz von Schweinen in der Na-
                     ten wieder in ihrem natürlichen Lebensraum  gehört.                                                             tur (in situ), die Erforschung von
                     anzusiedeln, sollten die wilden Populationen  Pinselohr- und Warzenschweine  erkranken nicht an                 ASP im Tier (in vivo), anhand von
                     durch die Seuche aussterben.             dem Virus, obwohl es sich in ihnen replizieren kann.                  Zellkulturen von Zootieren im
                     Doch das Virus stellt auch eine Gefahr für die  Der Mechanismus in ihrem Immunsystem, der sie vor               Labor (in vitro) und den Aufbau
                     Schweine in Zoos dar. Biosicherheitsmaß- einer Erkrankung schützt, war bisher unbekannt. Die-                  von Reservepopulationen in Zoos
                     nahmen spielen hier eine entscheidende Rol- ser könnte aber in der Entwicklung eines Impfstoffes                und Zuchtstationen (ex situ).
                     le und sind praktisch die einzige Möglichkeit,  den entscheidenden Durchbruch bringen: Ihn zu ent-
                     die wertvollen Bestände zu schützen. Das  schlüsseln war Ziel der Tierversuche, die Mitte 2024
                     Virus in der Natur an der Ausbreitung zu hin- abgeschlossen wurden. Die Auswertung der Ergebnis-                  INFO
                     dern ist nur sehr schwer oder unmöglich, wie  se läuft noch. In diesem Fall haben die Verantwortli-
                     auch die zahlreichen neuen Fälle von ASP in  chen sehr sorgfältig und lange abgewogen: Zwischen                   Zahlreiche Projektpartner unterstützten die
                     Deutschland und die Ausbreitung in Europa  dem Wohl und Leben von zwölf Individuen (je sechs                      Forschung am Friedrich-Loeffler-Institut:
                     zeigen. Einen Impfstoff gibt es bisher nicht.  Tiere beider Arten) und dem daraus möglichen Nutzen                der europäische Verband der Zoo- und Wildtier-
                     Dieser wäre jedoch von unschätzbarem Wert,  – unter Umständen die Rettung ganzer Arten und Mil-                   ärzte (EAZWV = European Association of Zoo
                     auch wenn einer Art kein monetärer Wert  lionen von Individuen, auch von Hausschweinen.                           and Wildlife Veterinarians), die Fachgruppe
                     beigemessen wird. Dies stellt grundsätzlich                                                                       für Schweine, Pekaris, Tapire und Flusspferde
                     ein großes Problem in der Finanzierung des   Zoos als relevante Akteure                                           der EAZA (Tapir and Suiform Taxon Advisory
                     Artenschutzes dar: Wie viel Geld gibt man für   bei der Bekämpfung der ASP                                        Group), die derzeit vom Tiergarten geleitet   Wertschätzung – In der ASP-Forschung werden auch
                     etwas aus, das keinen Wert hat? Zum Glück  Neben der Förderung der Impfstoffentwicklung tragen                    wird, sowie der Zoo Köln, der Opel-Zoo        Hausschweine eingesetzt. Auch wenn diese Versuche für
                     haben zumindest Hausschweine einen wirt- Zoos auch anderweitig zum Schutz bedrohter Schwei-                       Kronberg im Taunus, der Allwetterzoo Münster,   sie am Ende tödlich enden, versorgt und gepflegt werden
                     schaftlichen, wenngleich geringen, Wert  nearten und zur Bekämpfung der ASP bei. Sie stellen                      der Zoo Osnabrück, der Zoo Magdeburg          sie gerade auch deswegen so gut es dabei möglich ist.
                     –  auch wenn man dies bei Angebotspreisen  Blut- und Gewebeproben ihrer Zootiere zur Verfügung,                   und der Grüne Zoo Wuppertal. Unterstützt
                     von 79 Cent für 100g Schnitzel kaum glauben  mit denen das FLI zum Beispiel nachweisen konnte,                    wird das Projekt zusätzlich vom Verband
                     mag. Deshalb gibt es zumindest überhaupt  das die zum größten Teil ebenfalls bedrohten Pekaris                    der Zoologischen Gärten (VdZ) e. V.
                     ASP-Forschung.                           (Tayassuidae), Verwandte der Echten Schweine (Suidae),



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