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AFRIKANISCHE SCHWEINEPEST Die Tiere können sich zwar infizieren, erkranken aber Pustelschwein- und Bartschweinarten (Sus
nicht daran – dies ist das Ergebnis einer Koevolution. ssp.). Für sie alle ist ASP tödlich, binnen vier
bis sieben Tagen. Die Seuche hat mittlerweile
Das bedeutet, dass sich in diesem Fall Wirt und Virus
WENN EIN VIRUS über einen sehr langen Zeitraum aufeinander einge- alle asiatischen Länder erreicht, in denen es
stellt, beziehungsweise angepasst haben. Für andere
wilde Schweine gibt, und verbreitet sich dort
GANZE ARTEN BEDROHT Schweinearten ist das Virus aber so gut wie immer rasant.
Schweine sind soziale Tiere: Die Weitergabe
tödlich. In Europa betrifft dies Eurasische Wildschwei-
ne (Sus scrofa) und die aus ihnen gezüchteten Haus-
schweine (S. s. domesticus). Bis hierher ein überwie- des Virus von Tier zu Tier ist also unausweich-
lich. Obendrein hält sich das Virus in Kadavern
Wie weit reicht unsere Verantwortung? Sind wir nur für unser eigenes Handeln gend ökonomisches Problem, denn Schweine sind und der Umwelt lange und bleibt ansteckend.
verantwortlich oder unterliegen wir auch einer kollektiven Verantwortung als weltweit ein Wirtschaftsfaktor und spielen eine wich- Sterben die asiatischen Schweinearten aus,
Menschheit, wenn Taten globale Auswirkungen haben? Nur wir sind in der Lage tige Rolle für die menschliche Ernährung. sind die meisten von ihnen für immer von un-
Verantwortung zu übernehmen, Tiere können dies nicht. Dadurch tragen wir Heute halten und produzieren wir Schweine überwie- serem Planeten verschwunden. Dabei über-
Schwerpunktthema Seuchen
nehmen Schweine auch eine wichtige Rolle im
gend im industriellen Maßstab, mit sehr vielen Tieren
nicht nur für diese eine Mitverantwortung. Durch die Verschleppung der Afrika- auf verhältnismäßig wenig Platz, oft ohne Zugang Ökosystem. Sie sind nicht nur für Menschen
nischen Schweinepest haben wir die Büchse der Pandora geöffnet. Jetzt stehen nach draußen. Das erschwert dem Virus zwar den eine natürlich nachwachsende und nachhal-
wir auch in der Pflicht sie wieder zu schließen. Zugang zu seinen Wirten, da Hygiene bei dieser Hal- tige Proteinquelle, sondern stellen auch für
tungsform grundsätzlich sehr wichtig ist und die Be- viele Großraubtiere, die zum Teil selbst vom
Jörg Beckmann, Biologischer Leiter und stellvertretender Direktor des Tiergartens Nürnberg stände isoliert sind. Kommt es aber dennoch zu einer Aussterben bedroht sind, eine wichtige Beu-
Infektion, kann das Virus wegen der Nähe zwischen te dar. Fehlt die Beute, suchen sie sich andere
den Tieren sehr schnell von Tier zu Tier weitergegeben Nahrung, was auch zu Konflikten mit Nutz-
chweine begegnen uns regelmäßig im Die bei uns anzeigepflichtige Tierseuche Afri- werden. Kleinbäuerliche- und Selbstversorgerstruk- tieren und Menschen führen kann. Durch das
Alltag, nicht nur auf dem Teller. Sie sind kanische Schweinepest (ASP) grassiert derzeit turen, bei denen ein Haushalt einige wenige Schwei- Wühlen im Boden ermöglichen es Schweine
STeil unserer Kultur. Zu Silvester ver- global, Schwarzkittels Schwarzer Tod geht um ne für den Eigenbedarf hält, gibt es bei uns praktisch manchen Pflanzensamen überhaupt erst, zu
schenken wir sie als Glücksbringer, in der die Welt. Entfesselt wurde die Seuche durch nicht mehr. Hier hätte es das Virus auch schwerer, von keimen, auch in unseren Wäldern. Sie fressen
Musik rufen sie einen mal nicht an, mal muss uns Menschen: Wir haben das ASP auslösen- Bestand zu Bestand zu gelangen, zumindest solange aber auch Samen und verbreiten wiederum
man ein solches sein. Nürnberg trinkt Glüh- de Virus 2007 vermutlich über Schweine- die Tiere nicht auch freilaufend gehalten werden. andere. Schweine sind Ökosystemingenieure,
wein beim Glühschwein, als Kinder haben wir fleischprodukte von Afrika nach Georgien ver- Diese Haltungsform findet sich aber zum Beispiel nicht nur Schädlinge.
unser Sparschwein erst gefüttert, dann ge- schleppt. Von da aus trat es seinen globalen noch in Südostasien, wo die Hausschweine oft mehr
schlachtet. Umgangssprachlich werden sie Seuchen- und leider auch Siegeszug an. Anders oder minder frei umherlaufen und sich ihr Futter
zum Schimpfwort oder man hat eben gerade als der Name vermuten lässt, stellt es für afri- auch selbst suchen. Abfälle sind hier eine willkom- Übertragungsweg – Hygiene als Schutz vor Krankheiten spielt
noch einmal Schwein gehabt. Dabei ist diese kanische Schweinearten wie Pinselohrschwein mene Nahrungsquelle. Enthalten diese Speisereste, auch in der Nutztier(gesund)haltung eine wichtige Rolle.
Vergangenheitsform leider genau das, was (Potamochoerus porcus) und Warzenschwein Schlachtabfälle oder auch nur blutiges Einwickelpapier
uns derzeit bevorsteht. (Phacochoerus africanus) keine Gefahr dar. infizierten Fleisches, kann das Virus zum nächsten
Schwein gelangen.
Ebenfalls verbreitet wird es über den Handel mit
Schweinen und Schweinefleisch. Freilaufende infizier-
te Hausschweine und ihre Kadaver tragen das Virus in
die wilden Schweinepopulationen. Besonders fatal da-
ran: Fast alle asiatischen Schweinearten waren durch
den Verlust ihres Lebensraumes und eine nicht nach-
haltige Nutzung durch den Menschen auch schon vor
der Ankunft von ASP bedroht.
ASP in Südostasien:
Das endgültige Aus für endemische Schweinearten?
Dabei beherbergt Asien, vor allem der Südosten des
Kontinents mit den Inselstaaten Indonesien und den
Philippinen, den Großteil aller Schweinearten der Welt.
Rund zwei Drittel der Arten kommen nur hier und oft
nur auf einer einzigen Insel vor, sie sind hier ende-
misch – wie verschiedene Hirscheber- (Babyrousa ssp.),
Schnittstelle – Wenn Wildtiere wie dieses Warzenschwein Siedlungen
so nahe kommen, dann können sie auch auf Nutztiere treffen und
Krankheiten übertragen. Dies gilt auch andersherum.
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