Page 30 - Manatimagazin 23/01
P. 30
manatimagazin 23|01 manatimagazin 23|01
FEUERSALAMANDER
IN GEFAHR
Anna Böhm
in bisschen langsam sind sie noch, und das ist kein Wunder: Die zwei Feuer-
salamander (Salamandra salamandra), die Thomas Seitz und Susann Müller an
Eeinem Tag im April unter dem morschen Ast hervorholen, erwachen gerade erst
aus der Winterstarre. Seit Ende Oktober hatten sie sich hier verkrochen und in einer
Art Kältestarre das Ende des Winters mit steigenden Temperaturen erwartet. Seitz
und Müller zeigen sich zufrieden: Die Haut ist ein wichtiger Indikator für die Gesund-
heit der Tiere und sieht sehr gut aus, die Augen sind klar – und dass sie seit Monaten
nichts gefressen haben, sieht man ihnen nicht an. Es bestehen sogar gute Chancen,
dass das Weibchen bald Larven absetzen könnte.
Dass die beiden nun vom Team um Reviertierpflegerin Susann Müller und dem Zoo-
inspektor Thomas Seitz in der Innenquarantäne des Tiergartens umsorgt werden,
hat einen besorgniserregenden Grund. 2020 hat der Tiergarten sie zusammen mit
drei weiteren Feuersalamandern aus dem Steigerwald aufgenommen: Die Tiere wa-
ren positiv auf die asiatische Pilzerkrankung Batrachochytrium salamandrivorans
(Bsal) getestet worden.
Für Feuersalamander endet eine Infektion mit Bsal in der Regel tödlich. Der Pilz frisst
sich in die hochsensible Haut der Amphibien und hinterlässt dort offene Wunden,
die ohne Behandlung nicht verheilen. Da die Tiere einen großen Anteil an Sauerstoff
über die Haut aufnehmen, ersticken sie und trocknen aus. Tausende Feuersalaman-
der sind auf diese Weise schon in Belgien, Deutschland und Spanien verendet. In
Deutschland war bisher insbesondere Nordrhein-Westfalen betroffen – hier gab es Andere Zoologische Gärten, Zuchtstationen und private Halter arbeiten
schon 2004 erste Hinweise auf Bsal, 2015 kam es zu einem größeren Ausbruch. 2020 ebenfalls daran, Schutzstrategien und Therapien gegen den Pilz zu entwi-
fanden Biologinnen erkrankte Feuersalamander im Steigerwald und erkrankte Berg- ckeln. Eine Machbarkeitsstudie beschreibt die Notwendigkeit, durch ein ko-
molche (Ichthyosaura alpestris) im Allgäu. ordiniertes Entnahme-, Therapie- und Zuchtprogramm Reservepopulatio-
nen von Feuersalamandern aufzubauen. Durchgeführt hat die Studie der
Bsal ist vermutlich über Tier- oder Pflanzenhandel aus Asien nach Europa gelangt. Berliner Verein Frogs & Friends e.V. im Auftrag des Landesbundes für Vogel-
Der Pilz kann auch bei Trockenheit in Form von Dauersporen auf dem Waldboden und Naturschutz e.V. (LBV) in Bayern.
überleben. Tiere und Menschen verbreiten ihn durch direkten Kontakt, zum Beispiel
an Pfoten und Schuhen. Bsal bevorzugt Temperaturen zwischen 10 und 15 ° Celsius. Infiziert Feuersalamander Die Bemühungen und Erfolge des Tiergartens Nürnberg und der anderen
nehmen einen Großteil des Zoologischen Gärten, Zuchtstationen und Privathalter sind ein Hoffnungs-
Sauerstoffes über ihre Haut
Und das ist die Schwachstelle, an der die Tiergartenmitarbeiterinnen und –mitarbei- auf. Deswegen ist der Haut- schimmer, dass die Feuersalamander in Europa als Art bewahrt werden kön-
ter den Erreger gepackt haben: Sie haben die fünf Salamander therapiert, indem sie pilz Bsal besonders gefährlich nen. Doch die Infrastruktur, die dafür nötig ist, besteht leider noch nicht.
sie 14 Tage lang konstant bei 25° Celsius hielten. „Für die Feuersalamander ist diese für sie. Hierfür sind die Beteiligten auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkei-
Temperatur gerade noch auszuhalten – der Pilz stirbt daran“, sagt die Kuratorin des ten. Die Zeit drängt, denn die Gefahr ist ganz real: Breitet sich Bsal weiter
Tiergartens Diana Koch, die sich gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen um aus, drohen ganze Feuersalamanderpopulationen in den betroffenen Ge-
die Gesundheit und das Wohlbefinden der Feuersalamander bemüht. bieten auszusterben.
30 31