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DREI MAL ELTERNGLÜCK Auch wenn Wastl das erste Junge
NACHWUCHS BEI BARTGEIER, ist, das die Nürnberger Bartgeier
adoptieren – als Eltern haben die
beiden schon Übung. In der Vergan-
GELBRÜCKENDUCKER UND EMU genheit hat das Paar schon mehrfach
erfolgreich Junge aufgezogen. Leider
hat es aber auch dieses Jahr nicht mit
Nachwuchs geklappt. Umso erfreuli-
Lämmer, Zicklein oder Ferkel – vor allem im Frühjahr stehen die Chancen gut, cher ist es, dass sie nun ein Küken adop-
Jungtiere im Tiergarten zu sehen. Dieses Jahr gibt es in Sachen Nachwuchs al- tieren konnten und sich fürsorglich um
lerdings drei ganz besondere Prämieren: Zum ersten Mal haben die Gelbrücken- den Kleinen kümmern.
ducker ein Jungtier zur Welt gebracht und fast zeitglich hat das Bartgeierpaar
erstmals ein Küken adoptiert. Beide Jungtiere spielen eine wichtige Rolle für die Der adoptierte Bartgeier stammt aus einer
europäischen Zuchtprogramme und damit den Erhalt ihrer Arten. Kurz darauf genetisch wertvollen Linie. Er soll später
gab es nach über 20 Jahren auch den ersten Nachwuchs bei den Emus. zur Zucht eingesetzt werden, um für Nach-
wuchs zu sorgen. Der Tiergarten Nürnberg
Luisa Rauenbusch, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit im Tiergarten Nürnberg. hält – mit nur kurzen Unterbrechungen –
bereits seit 1965 Bartgeier (Gypaetus barba-
toto wa kwanza – der Name des kleinen Gelbrückenducker-Weibchens mag etwas un- tus). Sie sind Teil des europäischen Zuchtpro-
gewöhnlich klingen, könnte aber passender nicht sein: Er bedeutet „das erste Kind“ in gramms EEP, das auch die Wiederansiedelung
Mder afrikanischen Sprache Swahili, die im Lebensraum der Gelbrückenducker (Cephalo- der Greifvögel in der Natur zum Ziel hat. Zoos
phus silvicultor) weit verbreitet ist. Die Antilopenart wird aktuell nur in vier europäischen Zoos und Zuchtstationen spielen bei Auswilderungsprojekten eine entscheidende Rolle: Indem sie die
gehalten, darunter seit Anfang der 2000er in Nürnberg. Nachwuchs gab es im Tiergarten bislang Tiere in menschlicher Obhut halten und züchten, bauen sie eine stabile sogenannte Reservepopu-
nicht, aber das änderte sich nun mit dem aktuellen Pärchen Callie und Max. Ihr Nachwuchs kam lation auf und können daraus Tiere für Auswilderungen zur Verfügung stellen.
am 15. März zur Welt und hat schon vor ihrer Geburt viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Denn
über Ducker ist generell nur sehr wenig bekannt. Da es weltweit bislang nur wenige Geburten in Erster Nachwuchs seit über 20 Jahren
Zoos gab, ist kaum Wissen über die Ver- Auch bei den Emus (Dromaius novaehollandiae) gibt es Nachwuchs – und das gleich siebenfach.
paarung, die Tragzeit und Aufzucht von Für das aktuelle Pärchen, das seit etwa fünf Jahren gemeinsam im Tiergarten lebt, sind es die ers-
Jungtieren vorhanden. ten Nachkommen. Kleine Emu-Küken waren das letzten Mal 2002 im Tiergarten zu sehen.
Noch werden die jungen Vögel von ihrem Vater begleitet, der – wie bei Emus üblich – für
Die Zusammenführung von Callie und Max den Nachwuchs zuständig ist. Nachdem die Henne ihre Eier in eine Nestmulde gelegt hatte,
im Sommer letzten Jahres erfolgte besonders bebrütete er das Gelege und kümmert sich nun allein um die Aufzucht. Er sorgt sich fürsorg-
behutsam und unter ständiger Beobachtung lich um die Kleinen, die ihm auf Schritt und Tritt folgen. Die Emu-Küken sind Mitte März
durch Tierpflegerinnen und Tierpfleger, Biolo- geschlüpft und standen schon nach kurzer
ginnen und Biologen des Tiergartens. Denn das Zeit sicher auf den Beinen. Die ersten Wochen
Verhalten von Duckern ist teilweise unberechen- verbrachten sie im beheizten Stall, da es auf
bar. In manchen Situationen schrecken sie schnell der Außenanlage noch zu kalt und vor allem
auf und riskieren damit Verletzungen. Nur zur zu nass gewesen wäre. Ende April durften sie
Brunftzeit wurden die beiden zusammengelassen. schließlich auf die große Anlage. Dort haben sie
Auf diese Weise lässt sich genau bestimmen, wann auch ihre Mitbewohner, die Grauen Riesenkän-
Callie trächtig wurde und damit eine Tragzeit von etwa gurus (Macropus giganteus), kennengelernt. Die
260 Tagen errechnen. neue Wohngemeinschaft hat sich schnell anein-
ander gewöhnt.
Auch darüber hinaus liefert der Nachwuchs wichtige Erkenntnisse für die Erforschung der Art und
die Zucht, die in Europa aktuell aufgebaut wird. Ende letzten Jahres wurde für die Gelbrückendu-
cker das europäische Zuchtprogramm EEP (EAZA Ex-situ Programme) eingeführt, das den Erhalt Übrigens: Als charakteristische Arten Australiens
der Art zum Ziel hat und seither im Zoo Frankfurt koordiniert wird.
teilen sich Emus und Riesenkängurus nicht nur im
Tiergarten eine Anlage – beide sind auch auf dem
Bartgeier erstmals als Adoptiveltern im Einsatz australischen Wappen abgebildet. Das hat einen
Fast zeitgleich mit dem Duckernachwuchs hat der Tiergarten auch einen gefiederten Neuzugang besonderen Grund: Da sie sich angeblich nicht
bekommen: Mitte März kam der kleine Bartgeier „Wastl“ aus der Eulen- und Greifvogelstation rückwärts fortbewegen können, sollen sie den Fort-
Haringsee in Österreich nach Nürnberg. schritt des Landes symbolisieren.
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