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 durch ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördertes
 Begleitprojekt sozialwissenschaftlich begleitet.

 Differenzierte Beschreibung von Wahrnehmungen und Perspektiven
 Gerade in offiziellem Kontext wie zum Beispiel in Beiratssitzungen werden
 oft bereits bekannte Argumentationslinien und Perspektiven pointiert wie-
 dergegeben. Damit bleibt der Blick für Details versperrt – die Argumenta-
 tion kann sich im Kreis drehen. Daher müssen Möglichkeiten geschaffen
 werden, die den Beteiligten erlauben, ihre Perspektiven über den offiziellen
 Kontext  hinaus  auszudrücken  und  die  Perspektiven  Anderer  anzuhören.
 Dies schafft ein gemeinsames Verständnis für die Situation und die Pro-
 bleme der jeweils Anderen. Sozialwissenschaftlerinnen können die „Über-
 setzung“ dieser Werte und Perspektiven liefern. Wie kann dies in der Praxis
 umgesetzt werden? Das DBU-Projekt „Rückkehr der Kegelrobben“ hat es
 erforscht.

 Unterschiede und Gemeinsamkeiten sichtbar machen – Das qualitative
 Interview
 Durch qualitative Interviews mit Experten der jeweiligen Stakeholdergrup-
 pen konnten Unterschiede in den Zielen, Einstellungen und Ansichten zu
 dem Konflikt und den Rahmenbedingungen der unterschiedlichen Interes-
 sengruppen ermittelt werden (Figari & Skogen, 2011). Persönliche Gespräche
 und Analysemethoden, die nicht nur betrachten, WAS gesagt wurde, son-
 dern auch WIE etwas gesagt wurde, schärfen den Blick fürs Detail.

 Sich auf ein Ziel einigen – Die Zielbildentwicklung
 Zusätzlich bot ein Zielbildworkshop den Interessensgruppen die Möglich-
 keit, in einen persönlichen Austausch zu kommen und gemeinsam einen
 zukünftigen Weg zu identifizieren (Ferretti, 2021). Eine professionelle Medi-
 ation und Moderation unterstützte und strukturierte den Prozess zu einem
 gemeinsamen Zielbild. Auch dieser Workshop wurde anschließend sozial-  WISSEN AUF EINEN BLICK
 wissenschaftlich ausgewertet.


 Erfahrungsberichte anderer Praxisbeispiele            SOZIALWISSENSCHAFTLICHE METHODEN HELFEN,
 Außerdem wurden Expertinnen aus Polen eingeladen, die bereits Erfahrun-  Konfliktpotenzial Der Natur-  Weiterführende Literatur  WAHRNEHMUNGEN UND PERSPEKTIVEN DIFFEREN-
 gen im Umgang mit Kegelrobben und der Entwicklung von Management-  schutz freut sich über die   Redpath, Steve M.; Young, Juliette; Evely, Anna;   ZIERT ZU BESCHREIBEN
 plänen haben. Durch die Berichte erfolgreicher Anpassungen durch andere   Rückkehr der Kegelrobben -   Adams, William M.; Sutherland, William J.;
 Stakeholder, die von einem ähnlichen, aber nicht dem konkret behandelten   für die Fischerei bedeutet sie   Whitehouse, Andrew (2013): Understanding and   Sozialwissenschaftlerinnen analysieren methodisch, mit
 Konflikt betroffen sind, können Denkanstöße vermittelt werden.  eine große Herausforderung.  managing conservation conflicts. In: Trends   welchen Interessen und Hintergründen Menschen handeln.
               in Ecology & Evolution 28 (2), S. 100–109. DOI:   Sie achten nicht nur darauf, welche Positionen sie vertre-
 Die Forschungsergebnisse wurden den Beteiligten aktiv vermittelt und   10.1016/j.tree.2012.08.021.  ten, sondern auch, wie sie es tun. Mit diesen Erkenntnissen
 konnten so – insofern gewünscht – zum gegenseitigen Verständnis beitra-  Ferretti, Johanna (2021): Elemente erfolgreicher   schaffen sie die Grundlage dafür, in schwierigen Situationen
 gen, sowie eine bessere Grundlage für kommende Aufeinandertreffen der   Prozesse im Umgang mit Mensch-Wild-  zu vermitteln und eine gemeinsame Lösung zu finden.
 Interessensgruppen legen.   tier-Interaktionen und Empfehlungen für die
               Prozessgestaltung zur Erstellung eines Konflikt-
 Auf diese Weise können sozialwissenschaftliche Methoden den Prozess   managementplans Fischerei-Kegelrobben Meck-
 unterstützen und bieten die Möglichkeit für ein besseres Verständnis für   lenburg-Vorpommern. Thünen Working Paper
 die Perspektiven und Wertvorstellungen der jeweils „Anderen“. Sie öffnen   164, 65 pp.. DOI:10.3220/WP1610530852000.
 den Blick für einen Lösungsraum, der zuvor verstellt war.  Figari, Helene; Skogen, Ketil (2011): Social represen-
               tations of the wolf. In: Acta Sociologica 54 (4), S.
               317–332. DOI: 10.1177/0001699311422090.




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