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                                                                                                                                    Denn in den überschwemmten Gebieten steigt auch der Grundwasserspiegel wie-
                                                                                                                                    der. Biber übernehmen die Renaturierung menschengemachter Flussbegradigungen
                                                                                                                                    – eine Maßnahme, die in den vergangenen Jahren im Hochwasserschutz an Bedeu-
                                                                                                                                    tung gewonnen hat.

                                                                                                                                    Trotz alldem: Nicht überall sind die Tiere gern gesehen. Von „Terror-Bibern“, die Grund-
                                                                                                                                    stücke überfluten, weiß die Presse zuweilen zu berichten. Und von Bibern, die mit Schau-
                                                                                                                                    feln erschlagen oder die erschossen wurden. Soweit ist es in Nürnberg und Umgebung
                                                                                                                                    bisher nicht gekommen. Einen großen Anteil daran, dass Konflikte schnell und un-
                                                                                                                                    kompliziert gelöst werden, hat Jürgen Zwingel. Hauptberuflich ist er Handwerker
                                                                                                                                    im Tiergarten Nürnberg, seit 2016 engagiert er sich ehrenamtlich als zertifizierter
                                                                                                                                    Biberberater für das Gebiet Nürnberg-Süd. Als solcher vermittelt er zwischen den
                                                                                                                                    Interessen der Biber und denjenigen, deren Eigentum die Tiere beeinträchtigen. „Fast
                                                                                                                                    jedes Mal heißt es zunächst von Privatleuten: „Der Biber macht alles kaputt“, sagt
                              MEIN LIEBER BIBER                                                                                     Zwingel. „Aber nach einer halben Stunde ist dann meistens alles geklärt.“
                              NACHBARSCHAFT MIT EINEM                                                                               Ein Biberkonflikt ist keine Privatsache

                              LANDSCHAFTSPFLEGER                                                                                    Häufig sind es Landwirte, deren Felder die Biber vernässen, deren Feldfrüchte sie sich
                                                                                                                                    schmecken lassen oder deren Obstbäume sie niedernagen. Auch Waldbesitzer be-
                                                                                                                                    schweren sich, wenn Biber im Winter Bäume in Ufernähe fällen. In den meisten Fällen
                                                                                                                                    findet Zwingel eine Lösung: Zum Beispiel, indem er die Betroffenen unterstützt, einen
             Im 19. Jahrhundert waren sie in Bayern ausgestorben. Inzwischen haben sich Biber dank                                  Antrag auf Entschädigung aus dem Ausgleichsfonds des Bayerischen Umweltministe-
             des Engagements von Naturschützern hier wieder angesiedelt. So wertvoll die Tiere für                                  riums zu stellen. Oft geht es auch darum, falsche Vorstellungen zu berichtigen: Etwa
             das Ökosystem sind, so konfliktreich kann das Zusammenleben mit ihnen sein.                                            die, dass die Biber in Deutschland Überhand nehmen könnten. Denn ein Biberpaar be-
                                                                                                                                    kommt jährlich ein bis drei Junge. Nach zwei Jahren müssen die Jungtiere ihre Familie
                                                                                                                                    verlassen. Wer dann kein eigenes Revier und keinen Partner findet, stirbt. Die Biber-
             Anna Böhm leitet die Tiergartenkommunikation. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin über ein                   population reguliert sich selbst.
             Beispiel dafür, welche Herausforderungen Artenschutz auch bei uns mit sich bringt.
                                                                                                                                    „Zu 90 Prozent geht es darum, den Leuten die Augen zu öffnen und sie für die Natur zu
                   on Null auf über Zwanzigtausend: So hat sich der Biberbestand in Bayern seit dem 19. Jahr-  Wegbereiter  Wo Biber   begeistern“, sagt Zwingel. Ob Entschädigung, Aufklärung über die Lebensweise der Tiere
                   hundert entwickelt. Damals war die Art hier ausgestorben, europaweit gab es nur noch we-  sind, fühlen sich auch   oder einfache Maßnahmen wie das Ummanteln von Baumstämmen mit Drahtzaun –
             Vnige Tiere. Zu begehrt waren Biberpelz, Biberfleisch und Bibergeil – ein Duftsekret, das als  andere Tier- und Pflan-  niemals ist ein Konflikt um einen Biber Privatsache. Auch Jürgen Zwingel steht bei seiner
             Wunderheilmittel gehandelt wurde.                                                 zenarten wohl.                       Arbeit in engem Austausch mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Umweltamt
                                                                                                                                    der Stadt Nürnberg. Zwei hauptamtliche Bibermanager helfen bei Auseinandersetzun-
             Dass das Wildtier nun trotzdem zurück ist in Bayern, gilt als großer Erfolg für den Artenschutz.                       gen, bei der Prävention von Schäden und bei der Wissensvermittlung. Denn Biber sind
             Zugleich fällt den Menschen das Zusammenleben mit ihm nicht immer leicht. Die Rückkehr des                             EU-, deutschland- und bayernweit streng geschützt. Sie ohne Ausnahmegenehmigung
             Bibers ist ein gutes Beispiel dafür, wie komplex Arten- und Naturschutz sind.                                          zu töten, ist eine Straftat. Die Entnahme, wie das Töten oder auch das Fangen in der Fach-
                                                                                                                                    sprache heißt, ist der letzte Ausweg in Konfliktsituationen.
             In den 60er Jahren begannen Naturschützer, Biber (Castor fiber) wieder hier anzusiedeln. Von den
             Donau-Auwäldern aus haben sie sich seitdem ausgebreitet und Reviere in ganz Bayern erschlos-                           „Als Bibermanagerin suche ich prioritär immer nach Lösungen mit Biber“, sagt
             sen. Auch an der Wöhrder Wiese in der Nähe der Nürnberger Altstadt und an der Außenstelle des                          die hauptamtliche Bibermanagerin für Nordbayern beim BUND Naturschutz, Berit
             Tiergartens in Schwaig, Gut Mittelbüg, haben sich Biberfamilien eingerichtet.                                          Arendt. „Es gibt zweifelsohne sehr komplizierte Fälle, in denen aufgrund der Biber-
                                                                                                                                    Bau- und Grabungsaktivitäten tatsächlich mit sehr großen Schäden zu rechnen ist
             „Ein großer Gewinn, nicht nur für den Biber“, sagen Arten- und Naturschützer. Denn wo sich Biber                       oder diese bereits entstanden sind, allem voran zum Beispiel in der erwerbstätigen
             niederlassen, gestalten sie eine Landschaft, in der auch andere Tier- und Pflanzenarten sich wohl-                     Land-, Teich- und Forstwirtschaft. Oder auch, wenn eine große Gefahr für die Öffent-
             fühlen. Biberdämme lassen Flüsse über die Ufer treten: Weißstörche (Ciconia ciconia), Schwarz-                         lichkeit besteht.“
             störche (Ciconia nigra) und andere freut es, weil sie in den feuchten Wiesen Nahrung finden. Was-
             serflächen kühlen die Luft. Die Biber fällen Bäume in Ufernähe, sodass junge Erlen, Weiden und                         In rund 200 Fällen hat sie 2022 vermittelt und präventiv beraten. Dennoch: Entnah-
             andere Baumarten nun mehr Sonnenstrahlen abbekommen.                                                                   men sollten laut Arendt die absolute Ausnahme sein. „Vielmehr sollten Wege ge-
                                                                                                                                    funden werden und ein Umdenken dazu führen, dass diese heimischen Wildtiere
             Auwälder entstehen, Schilfzonen und Kleinstgewässer, die für Fische nicht erreichbar sind. Dort                        ihren natürlichen Lebensraum wieder bewohnen dürfen. Ihre Ökosystemleistungen
             laichen gefahrlos Amphibien wie Laubfrosch (Hyla arborea) oder Gelbbauchunke (Bombina varie-                           in Bezug auf Artenvielfalt, Wasserrückhalt, Hochwasser- und Gewässerschutz sind –
             gata). Fische suchen Schutz um die Baumstämme herum, die wegen der Biber ins Wasser gefallen                           insbesondere im voranschreitenden Klimawandel – von unermesslich hohem Wert.
             sind. Und auch wir Menschen profitieren.                                                                               Das müssen einige von uns jetzt nur noch verstehen und schätzen lernen.“



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