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 »KEIN ERFOLG DURCH VERBOTE
 JON PAUL RODRIGUEZ
             DIE RÜCKKEHR
 Weltnaturschutzunion IUCN, Species Survival Commission


 In der Roten Liste der bedrohten Arten ist Wissen über 160.000 Tier-,
 Pflanzen- und Pilzarten gebündelt: Neben den Lebensräumen und   DER KEGELROBBEN
 den Verbreitungsgebieten der Arten finden sich dort auch die Fakto-
 ren, die ihr Überleben bedrohen. Exzessive Nutzung der natürlichen
 Ressourcen durch den Menschen ist eine der größten Bedrohungen   VERSCHIEDENEN INTERESSEN RAUM GEBEN
 für Tiere und Pflanzen. „Dennoch“, sagt Jon Paul Rodriguez, „bringen
 Verbote und der Zwang zur nachhaltigen Nutzung eher wenig Aussicht auf Erfolg.“ Viel besser und
 zielführender sei es, die Menschen in die Schutzbemühungen einzubeziehen und sie so zu gestal-  So erfreulich die Rückkehr der Kegelrobben aus Sicht des Naturschutzes ist: Sie stellt
 ten, dass alle profitieren: Tiere, Pflanzen und Menschen.   die handwerkliche Küstenfischerei vor große Herausforderungen. Die Tiere fressen
             den bereits gefangenen Fisch und können die Netze zerstören. Ein„Robbenplan“ in
             Mecklenburg-Vorpommern soll die friedliche Koexistenz zwischen Kegelrobben und
             Fischern erreichen. Doch wie sieht diese aus? Sozialwissenschaften können helfen,
 »43.000 HEKTAR SCHUTZGEBIET
 DANIELLE KREB  Konflikte im Naturschutzmanagement besser zu verstehen und zu reduzieren.
 Indonesische Naturschutzorganisation Yayasan Konservasi RASI
             Clara Fräger hat Geschichte und Forstwissenschaften studiert und arbeitet als Wissenschaftlerin am Thünen-Institut
 Wulstige Stirn, kurze Schnauze, kleine Finne: Der auffällige Maha-  für Ostseefischerei an der Schnittstelle zwischen Human- und Umweltwissenschaften mit einem Schwerpunkt auf der
 kam Flussdelfin (Orcaella brevirostris) steht im Fokus der Arbeit von   Prozessforschung im Wildtiermanagement von Großsäugern. Dr. Fanny Barz ist Soziologin und eine der Leiterinnen
 Danielle Kreb. Die Biologin hat sich in ihrer Doktorarbeit mit dem   der sozialwissenschaftlichen Arbeitsgruppe am Thünen-Institut für Ostseefischerei. Themenschwerpunkte sind die
 Schutz und der sozialen Ökologie der vom Aussterben bedrohten   maritime Soziologie und der Strukturwandel der Küstenfischerei.
 Kleinwalart beschäftigt. Sie ist eine der Gründerinnen der indone-
 sischen Naturschutzorganisation Yayasan Konservasi RASI und lei-
 tet ein wissenschaftliches Programm, in dem neben der Forschung   „WIR KOMMEN GAR NICHT ZUM FISCHEN. DANN HOLEN
 auch die Öffentlichkeitsarbeit eine Rolle spielt. Ihr Engagement zahlt sich aus: Mit ihrer Organisation
 konnte sie ein rund 43.000 Hektar großes Schutzgebiet gründen, in dem Delfine und Fischer aus 27   WIR NUR NOCH KÖPFE RAUS ODER ZERRISSENE NETZE.“
 Dörfern koexistieren. „In den letzten 20 Jahren haben wir alle Gesellschaftsgruppen sensibilisiert“,
 sagt Danielle Kreb. „Wir haben die Bedürfnisse der Menschen untersucht, Schulungen durchgeführt
 und Hilfsmittel für nachhaltigere Fischerei bereitgestellt. So konnten wir ein stärkeres Engagement
 für den Delfinschutz erreichen.“   o oder so ähnlich geht es vielen Fischern an der deutschen Ostseeküste. Die Kegelrobben galten
                  hier lange als ausgestorben. Seit 2005 werden sie wieder regelmäßig an den Küsten Mecklen-
             Sburg-Vorpommerns gesichtet und ihr Bestand nimmt schnell zu. Mit der Rückkehr der geschütz-
 »BEDROHUNGEN IDENTIFIZIEREN
 PHIL MILLER  ten Tiere sieht sich die kleine Küstenfischerei neuen Herausforderungen gegenüber. Zum einen fressen
 Weltnaturschutzunion IUCN, Conservation Planning Specialist Group  sie bereits gefangenen Fisch aus den Stellnetzen der Fischenden oder fressen diesen an. Den verblei-
             benden Fisch aus dem Netz zu „pulen“ ist eine zeitaufwendige Arbeit. Auch werden die Netze durch
 Die anthropogenen Bedrohungen für Wildtierpopulationen werden   die Kegelrobben teilweise zerstört und müssen geflickt werden. Zum anderen gilt es, Beifänge von
 mit der zunehmenden Globalisierung immer komplexer. Wie können   Kegelrobben zu vermeiden.
 diese Bedrohungen wirksam identifiziert, analysiert und bewältigt
 werden? Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich Phil Miller von der   Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, als ob die Mensch-Wildtier-Interaktion im Vordergrund
 Conservation Planning Specialist Group der IUCN. Eine zentrale Rolle   steht, sind es Menschen oder Organisationen mit unterschiedlichen und manchmal auch gegensätzli-
 spielt hier der sogenannte One-Plan-Approach, den die IUCN Conser-  chen Interessen, Zielsetzungen und Wertvorstellungen, zwischen denen es zum Konflikt kommt (Red-
 vation Planning Specialist Group entwickelt hat. „Das Besondere an   path et al., 2013). Managementpläne können helfen, solche Interessenskonflikte zu reduzieren. Auf Be-
 diesem Ansatz ist, dass er alle Gruppen einbezieht, die mit der betreffenden Tierart zu tun haben, und   treiben von Umweltschutzverbänden und Fischerei wurde daher 2019 durch das Landesministerium in
 zwar sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets“, sagt Phil Miller.   Mecklenburg-Vorpommern ein Beirat gegründet und damit ein Prozess mit dem Ziel in Gang gebracht,
 „Dabei arbeiten wir transdisziplinär: Neben traditionellen Daten aus der Biologie spielen beispiels-  einen „Robbenplan“ für das Bundesland zu erarbeiten.
 weise auch Ressourcenökonomie, Demografie und Verhaltenspsychologie eine Rolle.“ Miller arbeitet
 fortwährend daran, den Ansatz auszubauen, indem er bislang ungenutztes Fachwissen aus weiteren   Häufig liegt der Fokus bei Managementplänen auf technischen Alternativen und Ausgleichszahlungen.
 Disziplinen heranzieht.  Kommunikation und Partizipation der Beteiligten sind aber genauso wichtig – hier wird der Grund-
             stein für erfolgreiches Konfliktmanagement gelegt. Denn: Gemeinsam gefundene Lösungen und be-
             schlossene Maßnahmen sind erfolgreicher (Ferretti, 2021). Genau hier setzt sozialwissenschaftliche
 Videostatements der Expertinnen und Experten finden Sie hier:   Forschung an. Sie stellt die Menschen, die an der Entwicklung eines Plans beteiligt sind und dessen
             Entwicklungsprozess in den Vordergrund. Daher wird der Prozess zur Erstellung eines Robbenplans



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