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             „das war so eindrucksvoll, da habe ich gesagt, okay, wir könnten es pro-
             bieren, die Vögel zu halten.“ so beschreibt dr. hans frey den Beginn seiner
             faszination für Bartgeier. frey ist Veterinärmediziner und international
             renommierter eulen- und Greifvogelexperte. 1975 baute er die erste auf-
             fangstation für diese Tiere in österreich auf und begann mit der zucht
             von Bartgeiern. im interview erzählt er von den mühsamen anfängen, den
             ersten erfolgserlebnissen und wie aus der initiative einiger weniger eines
             der erfolgreichsten artenschutzprojekte weltweit wurde.





















                                                              der Zoos aus? Gab es auch Vorbehalte?
                                                              Viele haben sich nicht vorstellen können, einen so
                                                              großen und spektakulären Vogel, in einem Gehe-
                                                              ge zu züchten und dann auszuwildern. Der Schritt
                                                              vom Gehegetier zum selbstständigen Wildtier ist
                                                              oft angezweifelt worden. Es gab auch immer wieder
                                                              Diskussionen, das Geld doch besser in Schutzge-
                                                              biete zu investieren. Dabei war aber klar, dass eine
             Universität Wien. Gemeinsam konnten wir Hans     selbstständige Wiederherstellung der Bestände nicht
             Psenner für unsere Idee gewinnen. Mit seiner Hilfe ist   mehr möglich gewesen wäre: Denn die verbleibenden
             zunächst eine Erhebung über die Bestände an Bart-  Restpopulationen waren alle gefährdet. Wichtig ist
             geiern in allen europäischen Tiergärten durchgeführt   auch: Der Bartgeier ist nicht verschwunden, weil es
             worden. Diese Zoos wurden dann angeschrieben,    etwa keine Nahrung oder keine Lebensräume mehr
             auch der Nürnberger Tiergarten mit dem damaligen   gab, sondern allein wegen gezielter Nachstellungen.
             Führungsteam Manfred Kraus und Anton Gauckler.   Er wurde als ungeheuer gefährlich eingeschätzt. Als
                                                              ein Vogel, der kleine Kinder und Lämmer holt.
             Wie hat nürnberg reagiert?
             Die Nürnberger waren sehr kooperativ und haben ihr   War die Bevölkerung angesichts dieser Schauermär-
             Bartgeierweibchen für Zuchtversuche hier in Öster-  chen damals überhaupt bereit für die Wiederansied-
             reich zur Verfügung gestellt. Und so war das Nürn-  lung der Bartgeier?
             berger Bartgeierweibchen einer der ersten Vögel, die   Das war eines der größten Probleme und darum
             wir in der Zuchtstation hatten. Zusammen mit einem  wurde auch auf die Öffentlichkeitsarbeit größten
             Männchen aus dem Zoo Wuppertal hat sie eines     Wert gelegt. Ich kann kein Projekt beginnen ohne
             der Gründerpaare des heutigen EEPs (EAZA Ex-situ   die Akzeptanz der Bevölkerung, der Jägerschaft oder
             Programme) gebildet: Beide haben zusammen viele   der Landwirte. Es war ein langer und mühsamer Weg,
             Nachkommen aufgezogen. Ab Mitte der 1980er hatten  der über zehn Jahre gedauert hat. Die Akzeptanz war
             wir dann eine ganze Menge an Jungtieren, sodass wir   auch von Region zu Region unterschiedlich.
             die erste Auswilderung 1986 im Nationalpark Hohe
             Tauern angehen konnten.                          Wie geht man überhaupt vor, wenn man eine
                                                              ausgerottete Art retten will?
             für Ihr projekt haben Sie damals viele Zoos um   Meine Aufgabe war der Aufbau des Zuchtstocks
             unterstützung gebeten. Schließlich brauchten Sie   und die Erarbeitung der Auswilderungsmethoden.
             tiere für die Zucht. Wie fielen die ersten Reaktionen   Dafür waren die Voraussetzungen in der Auffangsta-




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