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Im weltweiten Kampf um Lebens-
räume und Ressourcen stehen auch
Schutzgebiete unter permanentem
Druck. Flora und Fauna fehlen die Wan-
dermöglichkeiten auch dort, wo sie
Überbehütet In einigen Nationalparks nicht durch natürliche Gegebenheiten
sind die Bedingungen für Elefanten so eingeschränkt sind - und sie stehen
gut, dass sie sich stärker vermehren, ebenso wie wir vor der Herausforde-
als die Ökosysteme es verkraften. rung, mit dem durch menschliche
Aktivitäten begrenzten Raum um-
zugehen. Zugleich ist das natürliche
Gleichgewicht zwischen Beutegreifern
und Beutetieren durch menschliches
Eingreifen an vielen Orten aus dem Lot
geraten. Diese Realität wird uns Ent-
scheidungen abverlangen, die unser
Wohlbefinden massiv stören. Und sie
stellt uns vor die Frage, wie viel Wildnis
wir bereit sind, auch in unserem Um-
feld zu akzeptieren. Welchen Zustand
wollen wir erreichen in der Koexistenz
menschlicher Strukturen und den Be-
dürfnissen der Natur?
Berchtesgaden: Rund 400 Tiere – auf
diese Zahl schätzt die Nationalpark-
verwaltung den Rotwildbestand (Cer-
vus elaphus) rund um den Königssee
im Oktober 2023. 155 Tiere – so viel
könnte der Wald dort Ökologen zufol-
ge vertragen, damit er sich verjüngen
und seine Struktur als widerstandsfä-
higer Bergmischwald festigen kann.
Denn die frischen Blätter und die zar-
te Rinde der Bäume stehen auf dem
Speiseplan der Huftiere ganz oben.
Hier prallen der Wunsch, die Tiere zu
schützen auf die Notwendigkeit, ei-
nen zukunftsfähigen Wald wachsen
zu lassen. Darüber, wie dieses Dilem-
ma zu lösen ist, streiten sich Ökolo-
gen, Tierschützer, Jäger und einige
weitere. Beutegreifer hat der Mensch
derart dezimiert, dass sie kein Faktor
in der Regulation der Bestände sind.
Ein Sprung nach Brandenburg: 52 Wolfsrudel (Canis lupus) lebten hier nachweislich im Wolfs-
jahr 2022/2023. Insgesamt waren es nach Zahlen des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) in
Deutschland 184 Rudel, plus Wolfspaare plus Einzelwölfe. 1.136 Wolfsübergriffe mit insgesamt
4.366 getöteten, verletzen oder vermissten Nutztieren meldeten die Bundesländer demnach
im Jahr 2022. In Bayern, wo es derzeit nachweislich sechs Wolfsterritorien gibt, fürchten Alm-
bauern um den Verlust der Kulturlandschaften, die über Jahrhunderte hinweg durch die Be-
weidung im Alpenraum entstanden sind. Haben wir hier noch Platz für den Wolf oder ist das
Maß voll? Darüber debattieren Naturschützer, Landwirte, Politiker und viele weitere.
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