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Schwerpunktthema Die menschliche Dimension im Artenschutz  manatimagazin 23|01







 DER MENSCH IM





 ARTENSCHUTZ:




 PROBLEM UND LÖSUNG




 Menschen und deren Handeln spielen bei den Bemühungen, Biodiversität zu erhal-
 ten, eine entscheidende Rolle. Denn der Mensch hat auf dem gesamten Planeten
 Einfluss auf die Gestaltung der Lebensräume, von denen das Überleben von Tier-,
 Pflanzen- und Pilzarten abhängig ist. Daher ist es auf der Suche nach wirksamen
 Schutzmaßnahmen unabdingbar, die Einstellungen, Verhaltensweisen und Motiva-
 tionen der Menschen in Bezug auf Natur- und Artenschutz zu verstehen.

 Dr. Lorenzo von Fersen ist Kurator für Forschung und Artenschutz im Tiergarten Nürnberg. Der Biologe koordiniert ein
 internationales Netzwerk von Experten, das sich für den Schutz von Kleinwalen einsetzt.



 s besteht kein Zweifel, dass menschliches Verhalten die Hauptursache für die   Etwa zehn Jahre später kam der Durchbruch mit der Veröffentlichung des Journals   Nachbarschaft Fluss- und
 zunehmende Verschlechterung der Lebensbedingungen von Pflanzen und Tie-  Human Dimensions of Wildlife unter der Leitung von Mike Manfredo: Er argumen-  Küstendelfine müssen sich
 Eren auf diesem Planeten ist. Zwar gibt es durchaus Fälle, in denen solche Um-  tierte, dass der Schutz von Wildtieren durch ein besseres Verständnis der sozialen   Lebensraum und Ressourcen
 weltveränderungen als Folge natürlicher Prozesse auftreten, doch die meisten sind   und wirtschaftlichen Situation der Menschen optimiert werden kann. Da bei den   mit Menschen teilen.
 das Ergebnis menschlichen Handelns.   meisten Umweltproblemen menschliche Faktoren eine Rolle spielen, wurde fortan
             empfohlen, Sozialwissenschaftler in den Lösungsprozess einzubeziehen.
 Phänomene wie der Klimawandel, der Verlust von Lebensräumen für Tier-, Pflanzen-
 und Pilzarten und die Versauerung der Meere sind selten das Ergebnis eines Zufalls,   Der Begriff „Human Dimensions in Species Conservation“ (menschliche Dimension
 sondern vielmehr die Folge des Lebensstils von Milliarden von Menschen. Dement-  im Artenschutz) wird verwendet, um diesen neuen Ansatz für den Artenschutz zu
 sprechend müssen die Bemühungen zur Förderung des Natur- und Artenschutzes   beschreiben.
 Strategien umfassen, die unter anderem eine Änderung des Verhaltens der Men-
 schen bewirken. Wie Schultz (2011) treffend formuliert, sollten neben dem Arterhalt   Mit Hilfe dieses Ansatzes können zum Beispiel individuelle Eigenschaften wie Werte,
 Verhaltensänderungen das Hauptanliegen des Artenschutzes sein.  Motivationen, Präferenzen, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen berücksichtigt
             werden – sehr wichtige Parameter, wenn es darum geht, das Verhältnis einer Gesell-
 Artenschutz gelingt nicht allein mit Naturwissenschaften  schaft oder eines Individuums zu den Ökosystemen, die sie umgeben, zu verstehen.
 In der Vergangenheit war der Artenschutz fast immer eine Disziplin, die von Natur-  Auch soziale Prozesse wie lokale Entwicklung, Marketing und soziale Organisation
 wissenschaftlern dominiert wurde, die in der Regel nur biologische und physikali-  von Gesellschaften spielen dabei eine Rolle. Erkenntnisse der Sozialwissenschaften
 sche Faktoren berücksichtigen. Ihr Wissen ist sicherlich die Grundlage des Arten-  werden tatsächlich benötigt, um eine richtige Diagnose eines Umweltproblems zu
 schutzes, da sie Populationsschwankungen bewerten, Bedrohungen erkennen und   erstellen – vor allem aber sind sie für eine aussichtsreiche Therapie unerlässlich.
 Erhaltungsmaßnahmen empfehlen können.
             Armut behindert Artenschutz
 Allerdings führte dieser Weg nie oder nur selten zu einer Verhaltensänderung der   Ein wichtiger Faktor, der häufig außer Acht gelassen wird, ist, dass die Erhaltung der
 Menschen, die in unmittelbarer Nähe zu den Arten leben, auf deren Schutz die   biologischen Vielfalt mit wirtschaftlichen Faktoren verbunden ist. Eine Möglichkeit, die
 Maßnahmen zielen. Das ist eine wichtige Erklärung dafür, dass so viele In-situ-Ar-  Akzeptanz für Artenschutzmaßnahmen in der Bevölkerung zu erhöhen, ist die Moneta-
 tenschutzprojekte – also solche im natürlichen Lebensraum der Tiere – ihre Ziele   risierung der Ökosystemleistungen für den Menschen. Es ist wichtig zu erkennen, dass
 nicht erreicht haben. Ein entscheidendes Versäumnis liegt sicherlich darin, dass der   der wirtschaftliche Druck oft auf globale und historische Einflüsse zurückzuführen ist.
 Mensch lange Zeit aus diesem ganzen Prozess ausgeklammert wurde. Erst mit der
 Veröffentlichung des einflussreichen Artikels What Is Conservation Biology? von Soule   Immer wieder liest man vom Wettlauf zwischen denjenigen, die an der Zerstörung
 (1985) wurde der Sozialwissenschaft ein Platz im Artenschutz eingeräumt.   der biologischen Vielfalt verdienen, und denjenigen, die sich Gedanken darüber



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