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                     DIE RÜCKKEHR DER


         Schwerpunktthema Auswilderung
                     SUMPFSCHILDKRÖTE





                     noch vor wenigen Jahrzehnten galten europäische sumpfschildkröten (Emys orbicu-
                     laris) in süd- und Westdeutschland als ausgestorben. inzwischen wurden die Tiere
                     in schutzgebieten am rhein und in der untermain-region wieder angesiedelt. Zoos
                     wie der nürnberger Tiergarten spielen bei den Projekten eine wichtige rolle.

                     Die Biologen Sibylle Winkel und Matthias Kuprian siedelten und siedeln mit ihren Projektkollegen Rudolf Wicker, Michael
                     und Olaf Homeier, Udo Krause sowie Matthias Mähn und Edmund Flößer seit der Jahrtausendwende Europäische Sumpf-
                     schildkröten in zuvor ausgesuchten hessischen Schutzgebieten an. Organisatorisch ist die ehrenamtlich arbeitende Ar-
                     beitsgemeinschaft Sumpfschildkröte im Verein Artenschutz von Rhön bis Rhein e.V. (kurz A2R) verankert.

                                            iederansiedlungsprojekte sind beliebt bei vielen Natur- und Artenschüt-
                                            zern, bei den Naturschutzverbänden und der interessierten Öffentlichkeit.
                                    WAngesichts eines rasanten Artensterbens vermitteln solche Projekte Hoff-
                                    nung, dass vielleicht zumindest ein wenig Reparaturarbeit geleistet werden kann.


                                    Doch nicht alle sind Befürworter dieser Aktionen: Weniger beliebt sind Wiederansiedlun-
                                    gen bei manchen Fachanstalten der für den Artenschutz zuständigen Bundesländer und
                                    in Teilen der Naturschutzverwaltung. Man möge sich doch lieber um die verbliebenen
                                    Tier- und Pflanzenarten der Roten Liste kümmern, bevor man mit viel Aufwand ausge-
                                    storbene Arten zurückholt, lautet häufig die Kritik. Dies verkennt den Umstand, dass die-
                                    jenigen, die Wiederansiedlungsprojekte betreiben, sich sehr oft ehrenamtlich und inten-
                                    siv auch um seltene Lebensraumtypen oder bedrohte Arten wie Kreuzotter (Vipera berus),
                                    Gelbbauchunke (Bombina variegata) oder Sumpf-Fetthenne (Sedum villosum) kümmern.
                                    Denn wenn Habitat-Strukturen für die Sumpfschildkröten renaturiert werden, nutzt das
                                    auch anderen gefährdeten Arten.

                                    Gerade die Erfolge bei der Rückholung verschollener oder ausgestorbener Spezies moti-
                                    vieren und geben Rückenwind für ähnliche Projekte. Schaut man sich erfolgreiche Wie-
                                    deransiedlungen oder Bestandsstützungen in Deutschland und den Nachbarstaaten an,
                                    sind überproportional Spezies zu nennen, die einer starken Bejagung oder sonstigen Ver-
                                    folgungen durch den Menschen ausgesetzt waren. Oft handelte es sich um Nahrungs-
                                    konkurrenten des Menschen oder um Tiere, die den Speiseplan bereicherten. Wildkatze
                                    (Felis silvestris), Fischotter (Lutra lutra) und Luchs (Lynx lynx), aber auch Biber (Castor fiber),
                                    Alpensteinbock (Capra ibex) und Wisent (Bison bonasus) fallen in diese Kategorie. Aus-
                                    gehend von Restpopulationen und gezielten Bestandsstützungen konnten diese Arten
                                    Lebensräume zurückerobern und tun dies immer noch. Im Vorteil sind Spezies, die eher
                                    Generalisten als Spezialisten sind, deren Habitate noch intakt sind und die eine ausrei-
                                    chend schnelle Reproduktion bereits im zweiten oder dritten Lebensjahr aufweisen.
                                    Die Europäische Sumpfschildkröte hat leider keinen dieser Vorteile.

                                    Ihre Ausrottungsgeschichte hatte bereits im ausgehenden Mittelalter erste Tiefpunkte:
                                    zunächst als Fastenspeise und Arme-Leute-Essen, später als Delikatesse bei Hof. Viel-
                                    leicht noch entscheidender waren für die Art Flussregulierungen und umfangreiche Ha-
                                    bitat-Verluste, wie die Rheinbegradigung durch Johann Gottfried Tulla, die im frühen 19.
                                    Jahrhundert begann. Soweit noch Restpopulationen vorhanden waren, sind diese in der
                                    Folgezeit der Gewässerverschmutzung, den Flurbereinigungen und der Kultivierung wei-
                                    ter Teile der Auenlandschaften zum Opfer gefallen.



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