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manatimagazin 25|01                                                                                                    manatimagazin 25|01


                     WIE KLEINSTE GEGNER                                                                                                                                             ten Herausforderungen: Weil es schlicht  un-
                                                                                                                                                                                     Das Eschentriebsterben ist dabei eine der größ-

                                                                                                                                                                                     möglich ist, die Ausbreitung des Erregers zu
                    GESTANDENE BÄUME                                                                                                                                                 verhindern. In den vergangenen Jahren hat-
                                                                                                                                                                                     ten sich daher zahlreiche Einrichtungen im
                                                                                                                                                                                     Rahmen des Projektes „Frax for Future“ zu-
                                                                                                                                                                                     sammengetan, um die Erkrankung zu erfor-
                                                                                                                                                                                     schen und zu verhindern, dass die Gemeine
                                                                                                                                                                                     Esche komplett aus den mitteleuropäischen
                     ZU FALL BRINGEN                                                                                                        inzig klein und für das bloße Auge       Wäldern verschwindet. Ziel des Projektes ist
                                                                                                                                            kaum sichtbar docken  sie an  den
                                                                                                                                                                                     es unter anderem, Eschenlinien zu identifi-
                                                                                                                                    WBlättern an: Hier finden die Pilzsporen
                                                                                                                                     den Lebensraum, den sie brauchen. Sie bilden    zieren, zu vermehren und heranzuziehen, die
                                                                                                                                                                                     widerstandsfähiger gegenüber  Hymenoscy-
         Schwerpunktthema Seuchen
                                                                                                                                     Hyphen aus, fadenförmige Zellen, die Adern      phus fraxineus erscheinen. Zu diesem Zweck
                     Pilze gehören zu den bisher am besten erforschten Mikroorganismen an                                            gleich zunächst in die Blätter, dann in die Spin-  sind  über  das  Bundesgebiet  zahlreiche  Ver-
                     Bäumen. Durch die Einschleppung durch den globalen Pflanzenhandel sind                                          deln und in die Äste wachsen. Der Schlauchpilz   suchsflächen entstanden, die intensiv beob-
                     heimische Pflanzenarten mit  bisher unbekannten  Erregern konfrontiert.                                         mit dem wissenschaftlichen Namen Hymeno-        achtet und erforscht werden.
                     Veränderungen durch den Klimawandel begünstigen deren Verbreitung.                                             scyphus fraxineus besiedelt das Gewebe von       Weshalb solch ein Aufwand für eine einzige
                                                                                                                                     Blättern und Zweigen. Die Blätter werden braun,   Baumart? „In unseren europäischen Wäldern
                     Anna Böhm, Politikwissenschaftlerin, Journalistin und Leiterin der Tiergartenkommunikation                      die Krone lichtet sich, der Stamm wird brüchig   haben wir keine große  Artenvielfalt wie in
                                                                                                                                    – der Baum stirbt. Die Gemeine Esche (Fraxinus    Nordamerika gar in den Tropen“, sagt Nicole
                                                                                                                                     excelsior) hat dem „Falschen Weißen Stengel-    Burgdorf. „Unsere mitteleuropäischen Laub-
                                                                                                                                     becherchen“ nichts entgegenzusetzen.            mischwälder bestehen größtenteils aus rund
                                                                                                                                    1992 wurde der Schaderreger, der das Eschen-     einem Dutzend Laubbaumarten. Durch die
                                                                                                                                     triebsterben verursacht, erstmals in Polen      Globalisierung und diese Krankheiten zum ei-
                                                                                                                                     nachgewiesen. Vermutlich gelangte er über       nen und durch sich verändernde Witterungs-
                                                                                                                                     Pflanzmaterial aus Ostasien dorthin. Seither    verhältnisse im Zuge des Klimawandels zum
                                                                                                                                     hat  er sich derart rasant  verbreitet und be-  anderen sehen wir bei vielen Baumarten in
                                                                                                                                     droht heute die mitteleuropäischen Eschen-      unseren Wäldern Probleme. Wir sollten alles
                                                                                                                                     bestände. An den ostasiatischen Eschenarten     unternehmen, um die Baumarten, die wir ha-
                                                                                                                                     wie zum Beispiel der Mandschurischen Esche      ben,  die  forstlich,  ökologisch  und  auch  wirt-
                                                                                                                                     (F. mandshurica) wirkt er wie ein gewöhnlicher   schaftlich wertvoll sind, zu erhalten.“
                                                                                                                                    Zersetzerpilz, der einen vitalen Baum nicht
                                                                                                                                    schädigt – Baum und Pilz hatten dort Jahrtau-    Geschwächter Bergahorn ist anfällig
                                                                                                                                    sende Zeit, um sich evolutionär aneinander       für die Rußrindenkrankheit
                                                                                                                                    anzupassen.                                      Wertvoll ist auch das Holz des Bergahorns (Acer
                                                                                                                                     Für die Gemeine Esche in unseren Gefilden gilt   pseudoplatanus). Er wurde in den 1990er Jahren
                                                                                                                                     das nicht. Hier ist das Infektions- und Schad-  in Folge mehrerer Sturmereignisse vielfach in
                                                                                                                                     potenzial gerade in Auwäldern mit einer gro-    Wäldern angepflanzt, auch im zunehmend
                                                                                                                                     ßen Eschendichte sehr hoch. Denn auf den        heißen und trockenen Unterfranken. „Natürli-
                                                                                                                                    abgefallenen Blättern der erkrankten Bäume       cherweise kommt er in dem Ausmaß gar nicht
                                                                                                                                     bilden sich Jahr für Jahr die mehrere Millimeter   vor“, sagt Nicole Burgdorf. Deswegen ist sie
                                                                                                                                     großen  Fruchtkörper des  Schaderregers.  So-   in Bezug auf die Rußrindenkrankheit, die in
                                                                                                                                     bald es warm und feucht genug ist, bilden sie   den  vergangenen  Jahren viele der Bergahorn-
                                                                                                                                     Millionen von Sporen, die sich über den Wind    bestände in der Region dahingerafft hat, ver-
                                                                                                                                     erneut verbreiten. „Im Prinzip können sich die   gleichsweise zuversichtlich. „Dass der Erreger
                                                                                                                                     Bäume dort über die gesamte Vegetationspe-      der  Krankheit,  der  Pilz  Cryptostoma corticale,
                                                                                                                                     riode hinweg infizieren“, sagt Dr. Nicole Burg-  dort so viel Schaden anrichtet, liegt insbeson-
                                                                                                                                     dorf, die an der Bayerischen Landesanstalt für   dere daran, dass viele Standorte in dieser war-
                                                                                                                                    Wald- und Forstwirtschaft (LWF) zu Phytopa-      men Weinbauregion nicht optimal für diese Art
                                                                                                                                     thologie – also zu Erkrankungen an Wald- und    sind.“ In vielen Regionen Südbayerns jedoch,
                                                                                                                                     Parkbäumen – forscht.                           Auwäldern, stünde der Bergahorn in seinem
                                                                                                                                                                                     Optimum – und dort hätten sie und ihre Kolle-
                                                                                                                              Geschwächt – Ist der Bergahorn anfällig für die Rußrindenkrankheit,    gen die Rußrindenkrankheit bisher nur in Ein-
                                                                                                                              die durch den Pilz Cryptostoma corticale verursacht wird.  zelfällen beobachtet. Anders als der Erreger des


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