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die Regionalvermarktung sowie der Schutz und die Der Tiergarten Nürnberg übernimmt nicht nur die tier-
Wiederherstellung von Streuobstwiesen und Mager- ärztliche Betreuung, Organisation, Durchführung und
rasen seine Arbeitsschwerpunkte. Er bietet Beratung Finanzierung der Pferdetransporte, sondern auch in
und Unterstützung bei Pflegeprojekten und trägt zur enger Abstimmung mit der Gebietsbetreuung vor Ort
Förderung der Artenvielfalt in der Region bei. die fachliche Begleitung und das Herdenmanagement.
Für den Landschaftspflegeverband ist er damit ein un-
Fressen für die Vielfalt ersetzlicher Partner.
Im Tennenloher Forst setzt der Landschaftspflegever-
band in Kooperation mit den Naturschutzbehörden seit „Jungs-Internat“ für Przewalski-Hengste
2003 auf einer Fläche von inzwischen knapp 100 Hekt- Vor allem für die Entwicklung des Sozialverhaltens und
ar auf tierische Landschaftspfleger: Przewalski-Pferde der Fitness junger Hengste ist diese Art der Haltung
(Equus ferus przewalskii), die letzten echten Wildpferde wertvoll. Wie in der Wildbahn leben sie im Tennenloher
der Erde. Die Tiere halten durch ihre natürlichen Verhal- Forst in sogenannten Junggesellengruppen, in denen
tensweisen wie Wälzen und Scharren, sowie durch ihr sie ihr Sozialverhalten trainieren, ihre Kräfte messen
Fressverhalten die Vegetation niedrig und verhindern, und Rangordnungen ausbilden. Die älteren, erfahre-
dass die offenen Flächen verbuschen. In ihrem Kot ent- nen Hengste bringen den Jungtieren außerdem viele
wickeln sich außerdem zahllose Insekten, die Vögeln, wichtige „survival skills“ bei, zum Beispiel, wo es den
Reptilien und Kleinsäugern als Nahrung dienen. Um besten Witterungsschutz gibt, welche Pilze genieß-
das Projektmanagement, die Betreuung der Wildpfer- bar sind und wie wichtig es ist, sich ordentlich Win-
de, die Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung küm- terspeck anzufuttern. Wenn die Przewalski-Hengste
mert sich die „Gebietsbetreuung Sandschutzgebiete dann ausgewachsen sind, können sie über das EEP zur
bei Erlangen“ des Landschaftspflegeverbands. Die Ge- Zucht in ganz Europa vermittelt werden.
bietsbetreuung wird von der Stiftung Bayerischer Na-
turschutzfonds gefördert. Ergänzend zu den Pferden Vom Zoo zurück in die Wildnis
nutzt der Landkreis Erlangen-Höchstadt seit 2012 Pfau- Die Geschichte der Przewalski-Pferde ist ein Parade-
enziegen (Capra aegagrus hircus), um besonders hart- beispiel für gelungenen Artenschutz. Noch im 20. Jahr-
näckige Gehölze zurückzudrängen. hundert waren sie in der Wildbahn ausgestorben. Nur
eine Handvoll Tiere überlebte in Zoos. Durch gezielte
Der Tiergarten als starker Partner Zucht gelang es, den Bestand zu sichern und schließ-
für den heimischen Naturschutz lich wieder Tiere in ihrer ursprünglichen Heimat in Zen-
Die Przewalski-Pferde im Tennenloher Forst stammen tralasien auszuwildern. Seit den 1990er-Jahren leben in
aus verschiedenen zoologischen Einrichtungen, allen der Mongolei wieder wilde Herden, inzwischen über
voran dem Tiergarten Nürnberg. Um die genetische 1.000 Tiere. Auch in China leben wieder einige hundert
Vielfalt zu sichern und Inzucht zu vermeiden, ist der Przewalski-Pferde. Der Tiergarten Nürnberg beteiligt
Tiergarten Teil des Europäischen Erhaltungszuchtpro- sich außerdem an der Auswilderung von Przewalski-
gramms (EEP), das vom Zoo Prag aus koordiniert wird. Pferden in Kasachstan (siehe Seiten 24 und 25).
Für den Tiergarten Nürnberg bietet das Beweidungs-
projekt eine große Chance: Im weitläufigen „Semi-Re- Wo Zootiere heimischen Arten
servat“ können Pferde unter nahezu wilden Bedingun- das Überleben sichern
gen leben – etwas, das in klassischen Zooanlagen so Für Besucherinnen und Besucher ist der Tennenloher
nicht möglich ist. Forst heute nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel vor der
Haustür, sondern auch ein Ort, an dem man den Erfolg
von Naturschutz, Artenschutz und fachübergreifender
Schule – In dem Beweidungsprojekt erlernen die Hengste Zusammenarbeit hautnah erleben kann. Wer aufmerk-
überlebenswichtige Fähigkeiten. sam ist, kann mit etwas Glück die Wildpferde beob-
achten, die zwischen Kiefern und offenen Sandflächen
ziehen – ein wunderschönes Bild, das vor wenigen
Jahrzehnten in Europa undenkbar war.
So ist der Tennenloher Forst dank der „wilden Hengste“
ein lebendiges Beispiel dafür, wie ehemalige Militär-
flächen zu Rückzugsorten für bedrohte Arten werden
können, und wie die Zusammenarbeit von Natur-
schutz und zoologischen Einrichtungen wie dem Tier-
garten Nürnberg echte Erfolge im Natur- und Arten-
schutz ermöglicht.
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