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Schwerpunktthema Verantwortung – Tiergarten und Gesellschaft
GEMEINSAM FÜR EINE
WILDERE STEPPE
Große Pflanzenfresser sind unabdingbar dafür, den Lebensraum Steppe zu bewahren – ein Hort
der Artenvielfalt. Nachdem es unter Federführung der kasachischen Organisation Altyn Dala
Conservation Initiative (ADCI) gelungen ist, den Bestand der Saiga-Antilopen zu stablilisieren,
sollen dort auch Kulane und Przewalski-Pferde wieder heimisch werden.
Anne Dohrmann arbeitet bei der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF). Dort koordiniert die Tierärztin seit drei Jahren
gemeinsam mit internationalen und nationalen Partnern wie dem Tiergarten Nürnberg die Wiederansiedelung von Kulanen und
Przewalski-Pferden in der kasachischen Steppe.
in warmer Lufthauch streicht über die Steppe und
versetzt ein Meer aus Gräsern und Blütenkelchen
E in Schwingung. Trillernd flattert eine Lerche auf
und steigt hoch hinauf, bis sich ihr Gesang unter dem
endlosen Himmel verliert. Leise weht der dumpfe Ruf
eines Wiedehopfes (Upupa epops) über die Ebene. An-
sonsten Stille. Die letzten Strahlen der untergehenden
Sonne hüllen die Steppe in goldenes Licht.
Wir befinden uns in Kasachstan. Das neuntgrößte
Land der Erde beherbergt eine der letzten großen zu-
sammenhängenden Graslandschaften des Planeten.
Früher füllten Millionen von wandernden Saiga-Antilo-
pen (Saiga tatarica) und große Herden von Wildpferden
(Equus ferus przewalskii) und Kulanen (Equus hemionus), Erfolgreich – Dank intensiver Schutzbemühungen hat sich der Bestand
das sind asiatische Wildesel, die baumlose Landschaft der Saiga-Antilopen in der kasachischen Steppe nachhaltig erholt.
mit Leben. Im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte tilg-
te der Mensch jedoch zunächst Wildpferde, dann Wild- Jahr 2025. Doch wichtige Gestalter des Ökosystems
esel und schließlich auch beinahe die Saiga-Antilopen fehlten weiterhin: die Kulane und Wildpferde. 2010
aus der Steppe. Dabei sind die Pflanzenfresser essen- nahm die Idee einer Wiederansiedlung erstmals Form
ziell für die Gesunderhaltung des Ökosystems: Durch an. Dr. Dag Encke, bereits damals Direktor des Tier-
Beweidung, Samenverbreitung und nicht zuletzt ihren garten Nürnberg, war bei einem der ersten Planungs-
Dung stärken sie die Resilienz und Biodiversität des treffen dabei. Sein Zusammentreffen mit Naturschüt-
Graslands. Dem Erhalt dieses einzigartigen Lebens- zerinnen und Naturschützern von „Altyn Dala“ gab
raums für Wildnis und Menschen, verschreibt sich seit den Startschuss für eine langfristige und enge Ko-
2005 die Altyn Dala Conservation Initiative (ADCI) als operation. Gemeinsam mit einem Team rund um die
ein Zusammenschluss internationaler Organisationen renommierte Equiden-Ökologin Dr. Petra Kaczensky
unter Federführung der kasachischen NGO Associati- entwickelte die ADCI einen Plan für die Errichtung ei-
on for the Conservation of Biodiversity of Kazakhstan nes Wiederansiedlungszentrums für Wildpferde und
(ACBK). „Altyn Dala“ ist kasachisch und bedeutet „Gol- Kulane mitten in der Goldenen Steppe. Nürnbergs
dene Steppe“. Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt Zooinspektor Max Reinhard stand bei dem Entwurf
(ZGF) ist Gründungsmitglied der Initiative. und Bau der Eingewöhnungsgehege mit Rat und Tat
zur Seite. Dr. Encke ist bis heute geschätztes Mitglied
Für die Saiga-Antilopen war dies die Rettung: Unter der Planungsgruppe, welche die Wiederansiedlungs-
dem Einfluss der ADCI erholte sich die Art von rund maßnahmen lenkt. Seit 2012 beteiligt sich der Tier-
21.000 Tieren im Jahr 2003 auf etwa 3,9 Millionen im garten außerdem an seiner Finanzierung.
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