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Schwerpunktthema Auswilderung
Schattenspieler Goldschakal Fotofallen
sind aus moderner Wildtierwissen-
schaft nicht mehr wegzudenken und
sorgen manchmal für Erleuchtung.
dividuen abwandern. Zwei aktuelle Beispiele vor unserer Haustür für einen
solchen Prozess sind Wolf (Canis lupus) und Goldschakal (Canis aureus).
Der Wolf ist zurück. In Deutschland galt er seit Mitte des 19. Jahrhun-
derts als ausgerottet. Mit viel Aufwand hat man ihn damals beseitigt,
praktisch alle verfügbaren Methoden waren recht, den Nahrungskon-
kurrenten loszuwerden. Jeder tote Wolf wurde gefeiert, erfolgreiche
Wolfsjäger waren Helden. Rund 150 Jahre später, im Jahr 2000, wur-
den in Deutschland erstmalig wieder wilde Wölfe geboren, in Sachsen.
Derzeit erobert sich der Vorfahre unserer Haushunde seinen ursprüng-
lichen Lebensraum in beeindruckender Geschwindigkeit zurück und
zeigt uns, dass er bei der Wahl des Lebensraums weit weniger an-
spruchsvoll ist, als man meinte. Im Monitoringjahr 2021/2022 konnten
laut Bundesamt für Naturschutz 1175 Individuen nachgewiesen wer-
den (Bundesamt für Naturschutz 2022). „From zero to hero“ in gerade
einmal zwanzig Jahren. Eine solche Wachstumskurve können Groß-
raubtiere aber nur dann zeigen, wenn es entsprechend viel Nahrung
gibt. Im selben Monitoringjahr wurden auch 148 Wölfe tot aufgefun-
den. 102 davon waren Verkehrsopfer, 18 starben auf natürliche Art, 13
wurden illegal getötet, zwei legal im Rahmen des Wolfmanagements.
Der Wolf lebt in Deutschland nicht konfliktfrei. Er ist ein Raubtier und
ernährt sich bei uns von anderen großen Säugetieren. Überwiegend
steht Wild auf seinem Speiseplan, was nicht bei allen Menschen gern
gesehen ist, die ebenfalls Interesse daran haben. Daneben tötet er auch Verräterische Verwandt-
Nutz- und Haustiere auf Weiden und Almen. Dies stößt verständlicherweise schaft Speziell ausge-
bei den Besitzern der Tiere auf wenig Akzeptanz. Dennoch gehört der Wolf bildete Hunde können
beispielsweise ebenso nach Bayern, wie die Gams (Rupicapra rupicapra). große Flächen nach ihren
Über ein Wolfsmanagement lässt sich reden, eine erneute Ausrottung wäre Verwandten abzusuchen.
aber auch im Geberland Bayern ein absolutes Armutsbekenntnis. Mehr zu
diesem Aspekt des Themas „Wolf“ finden Sie im manatimagazin Ausgabe
1/2021. Dass der Wolf wieder bei uns ist und sich weiter gen Westen ausbrei-
tet, liegt auch daran, dass die Landschaft Europas durchlässiger geworden
ist. 1989 fiel der Eiserne Vorhang, der nicht nur Menschen daran hinderte,
sich frei zu bewegen, sondern durch Zäune und Mauern auch Wildtiere.
Auch der Goldschakal wandert derzeit nach Deutschland und in andere Län-
der Europas ein, selbst bis nach Dänemark hat er es schon geschafft. Eine
Auswilderung und damit aktive Ansiedelung des Goldschakals in Deutsch-
land wäre fachlich falsch, da es die Art hier bisher wohl nicht von Natur aus
gab. Vor seiner Ausbreitung nach Nordwesten erstreckte sich sein Verbrei-
tungsgebiet von Vietnam über Indien und Teile der arabischen Halbinsel bis
zum Balkan, wo in Europa sein Verbreitungsschwerpunkt liegt. Seine Zu-
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