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             lebenslangen jährlichen Zwangsab-
             gabe verpflichtet? In meiner Reali-
             tät ist eine solche Umverteilung der
             Gelder nicht machbar.

             Ein anderes Argument ist, dass es
             für die Erhaltungszucht von Wildtie-
             ren bessere Konzepte gibt als Zoos
             – zum Beispiel reine Zuchtzentren,
             so verteilt, dass die Populationen
             gegen Katastrophen und Epidemien
             gesichert  sind,  wo  die  Zusammen-
             setzung der Arten rein dem optima-
             len Zuchtmanagement entsprechen
             kann. Große Farmen, wo Antilopen,
             Affen, Raubtiere etc. in großer Zahl in vielen gut zu
             bewirtschaftenden, hervorragend eingerichteten Ge-      Zukunftssicher – Ohne Nachwuchs gehen die
             hegen betreut werden. Dies wäre in der Tat ein besse-   Populationen in Zoos und Zuchtstationen zugrunde
                                                                     und damit unter Umständen Arten verloren.
             res Konzept, als auf Zoos mit ihren historischen Ein-
             schränkungen zu setzen. Wie gerne würde ich an solch   Von den vielen Herausforderungen, vor denen Zoos
             einem Konzept, oder in einer dieser Einrichtungen,   stehen, ist eine derzeit besonders in der Diskussion:
             arbeiten! Aber bislang habe ich noch keinen Plan – we-  Wie  können  wir  den  Fortbestand  der  Populationen
             der nachhaltig noch utopisch – gesehen, wie man das   einzelner Tierarten (von denen jede einzelne über vie-
             finanzieren sollte. Als die EU ihre Verpflichtung, durch   le Zoos in Europa verteilt ist) über viele Generationen
             Nachzucht von Wildtieren Artenschutz zu betreiben,   hinweg sicherstellen? Die Realität, mit der ich umge-
             1999 an die Zoos übertrug, geschah dies sicher nicht   hen muss, sieht dabei so aus:
             aus dem Grund, dass kein besseres Konstrukt denkbar   1.  In naher Zukunft wird es nicht mehr Plätze für
             wäre. Sondern weil es unter den gegebenen Umstän-  Tiere geben (es werden ja nicht dauernd neue Zoos
             den ein realistischer Schritt ist.                  oder Zuchtzentren eröffnet).

                                                              2.  Weil Zoos besser werden, sterben immer weniger
             Für mich  sind darum  die Fragen:  „Braucht es  Zoos?“
             Und „Sollen  Zoos Artenschutz durch  Arterhaltung   Zootiere „aus Versehen“, unkontrolliert, durch
                                                                 Krankheiten oder Unfälle. Und damit werden
             betreiben?“ klar mit „Ja“ zu beantworten. Weil wir es   Zootiere immer älter. Und es gibt immer weniger
             nicht schaffen werden, in sinnvoller Zeit bessere Alter-  Platz für (potenziellen) Nachwuchs.
             nativen zu schaffen. Damit wendet sich der Fokus nicht
             darauf, ob es Zoos geben soll, sondern wie Zoos sein   Dieser Effekt ist messbar. In unseren Zoo-Popula-
             sollen. Und damit reihe ich mich ein in die große Zahl   tionen nimmt der Anteil von Jungtieren ab und der
             der Menschen, die mit dem, was sie tun, Zoos besser   von sehr alten Tieren zu, und immer weniger Tieren
             machen wollen. So wie wir unsere Kindergärten, Schu-  in Zoos wird es gestattet, sich fortzupflanzen. Noch
             len, Unis, Krankenhäuser, Ämter, unsere Lebensmittel-   ist kein Ende dieses Trends in Sicht, auch wenn ein-
             und Energieversorgung, und ganz allgemein die Le-  zelne Zoos, wie der Tiergarten Nürnberg, sich aktiv
             bensqualität auf unserem Planeten für unsere und die   dagegen stemmen.
             nächsten Generationen besser machen wollen.
                                                              Dieser Trend kommt daher, dass Menschen intuitiv Tö-
             Zoos sind nachweislich besser darin geworden, Vertre-  ten als etwas Schlechtes sehen, aber kein Problem da-
             ter von einzelnen Tierarten zu halten – weil sich, wie in   rin, Tiere an ihrer Fortpflanzung zu hindern. Wenn ich
             jedem anderen Tätigkeitsbereich auch, Erfahrung und   für eine Population so plane, dass mehr neue Individu-
             Wissen angehäuft haben. Weil viele Zoos das Sam-  en entstehen, als Platz haben, kann ich die Population
             meln  und  Weitergeben  dieses  Wissens organisieren.   durch Töten regulieren – und dabei für eine Altersver-
             Und  weil  viele  Zoos beständig  darüber nachdenken,   teilung sorgen, welche die Population sich auch wei-
             wie sie ihre Ziele – das Wohlbefinden ihrer Tiere, das   terhin gut fortpflanzen und somit erhalten lässt.
             Erlebnis für Besucherinnen und Besucher, den Lern-
             effekt durch den Zoobesuch, die Forschung über Tiere   Wenn ich Töten ablehne, dann bleibt mir nichts ande-
             und Natur sowie den Arten- und Naturschutz – besser   res, als Fortpflanzung so weit zu verhindern, dass nur
             und nachhaltiger erreichen können.               genauso viele Individuen geboren werden, wie aus


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