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Feuersalamander (Salamandra salamandra) zum Bei- Auch damit ist die Arbeit des Tiergartens und anderer
spiel, die in großer Zahl in Plastikkisten gezüchtet wissenschaftlich geführter Zoologischer Gärten längst
werden, entsprechen weder unserer Vorstellung von anerkannter Bestandteil der internationalen Natur-
moderner Zootierhaltung noch unserem Wunsch nach und Artenschutzarbeit, unter anderem der Weltnatur-
einem harmonischen Bild von Natur. Aber mit einem schutzunion IUCN. Diese denkt den Arterhalt außer-
Naturbild, in dem es an den heimischen Bachläufen halb des Lebensraumes und den Artenschutz innerhalb
keine Feuersalamander mehr gibt, weil die Art von des Lebensraumes als zwei unabdingbare Bestandteile
dem Hautpilz Bsal ausgerottet wurde, wollen wir uns einer gemeinsamen Strategie: dem sogenannten One
auch nicht abfinden. Wir wollen und sollten uns nicht Plan Approach.
daran gewöhnen, dass es eintöniger wird, dass Arten
mit all ihren Funktionen im Ökosystem einfach weg- Ebenso wie im Artenschutz beschäftigen sich der Tier-
fallen. Besonders dann nicht, wenn wir dagegen arbei- garten und seine Partner auch im Klimaschutz seit
ten können. Vielfalt ist das Maß, an dem wir uns ori- vielen Jahren mit schwierigen Abwägungen. Als öf-
entieren – und ein Aussterben in Würde gibt es nicht. fentliche Einrichtung mit gesetzlichem Auftrag sieht
Der Verlust der Biodiversität, den wir aktuell erleben, er sich in der Pflicht und hat den eigenen Anspruch,
ist kein natürlicher Prozess – er ist menschengemacht. verantwortungsbewusst und mittelfristig klimaneut-
ral zu wirtschaften. Auch hier gibt es (noch) keine ein-
Abgeschirmt – Feuersalamander sind durch den Pilz Bsal stark deutigen und nur gute Lösungen, auch hier muss im-
bedroht. Zoos und Zuchtstationen können zu ihrem Erhalt mer wieder der Wert des Ziels mit den Wegen dorthin
beitragen – auch wenn die Haltung auf den ersten Blick nicht verglichen werden. Ist es zum Beispiel im Fall des Tier-
unserem harmonischen Naturbild entspricht. gartens sinnvoll, wenn er das nachhaltig gewonnene
Schadholz aus seiner Forstwirtschaft zur Energiege-
winnung nutzt? Durch den Bau einer großen Photovol-
taik-Anlage könnte der Tiergarten jährlich 630.000 Ki-
logramm CO2 einsparen. Das entspräche der jährlichen
CO2-Aufnahme von 50.000 Buchen. Wiegt das schwer
genug, um dafür rund 200 Bäume zu fällen, die an an-
derer Stelle durch Neupflanzungen ersetzt würden.
Ziele: Über Bilder, die wir schaffen
und bewahren wollen
Ein Ziel des Tiergartens zu all diesen Abwägungen
und den anstehenden Herausforderungen mit all
Dass der Tiergarten Nürnberg in diesem Zusammen- ihren unbequemen Komponenten besteht in einem
hang Paviane tötet, ist für viele Menschen verständ- respektvollen und konstruktiven Umgang damit.
licherweise zunächst schwer zu verstehen und er- Ein Umgang, der sich nicht alter Feindbilder bedient,
scheint manchen als entsetzlich. Denn in unserer und sondern einer, der die Vielschichtigkeit der Aufgaben
anderen Gesellschaften unseres Kulturkreises wirkt es und der aller Beteiligten anerkennt – mitsamt den
wie ein Tabubruch, es geschieht vor unklarer Rechts- unterschiedlichen Definitionen von Verantwortung,
lage und die Tiere lebten in der Obhut – und Verant- die sich daraus ergeben. Denn mit Bildern, die zwar
wortung – des Tiergartens. Auch für die Menschen im schön sind, aber die Komplexität der Wirklichkeit aus-
Tiergarten selbst war und ist es eine große emotionale blenden, gewinnen wir nichts. Ebenso wenig, wenn
Herausforderung. Doch es ist das Ergebnis ebenjener wir zu Themen schweigen, um Konflikte zu meiden.
Abwägung: Wie gelingt es uns, unserer Verantwortung Wohl aber, wenn jeder im Rahmen seiner Möglichkei-
gerecht zu werden und zum Ziel, die Art zu erhalten, ten und seiner Verantwortlichkeiten auf ein gemein-
beizutragen? Indem wir die Population in unserer Ob- sames Ziel hinarbeitet: Bilder, die wir bewahren wol-
hut erhalten – und zwar so, dass die Individuen, die len. Bilder von einer vielfältigen Natur, mit und von
im Tiergarten leben, es tiergerecht und ihren Bedürf- der auch wir Menschen leben.
nissen entsprechend tun. Und das über Generationen
hinweg. Wir haben eine Verantwortung dem Individu-
um und der Art gegenüber – dabei kommt es immer
wieder vor, dass letztere entsprechend unserem Auf-
trag in unserer Abwägung stärker wiegt.
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