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Schwerpunktthema Verantwortung – Tiergarten und Gesellschaft




             Als jüngere Beispiele können wir die heraus-  für Tierpopulationen spielen, die in der Na-
             ragenden Erfolge des Durrell und Jersey Zoos   tur bereits ausgestorben sind oder die an der
             nennen, die sie zusammen mit Partnerzoos      Schwelle dazu stehen. Zoos haben das Wis-
             bei  der  Rettung  von  Rosentauben (Nesoe-   sen und die Erfahrung, Tiere außerhalb ihres
             nas mayeri), Mauritiussittichen (Psittacula   Lebensraumes zu züchten und zu managen
             eques) und Mauritiusfalken (Falco punctatus)   – und sie haben dies seit vielen Jahrzehnten
             vor dem Aussterben erzielt haben. Und auch    erfolgreich getan. Aber nehmen Zoos die
             weniger bekannte Erfolgsbeispiele mit poly-   Herausforderung in vollem Umfang an und
             nesischen Partula-Schnecken (Partulidae),     kommen sie ihrer Verantwortung dement-
             Antillen-Ochsenfröschen (Leptodactylus  fal-  sprechend nach?
             lax) und mexikanischen Zahnkärpflingen (Cy-
             prinodontiformes); einige von ihnen gelten in   2025 managen die 350 Mitglieder des Euro-
              der Natur als ausgestorben und wären gänz-   päischen Verbandes für Zoos und Aquarien
             lich verloren, hätten sich Zoos und Aquarien   EAZA  Populationen  von  mehr  Arten  als  je
             nicht ihrer angenommen.                       zuvor: In der EAZA gibt es nun knapp 500
                                                           Programme für über 600 Arten. Jedes dieser
             Zookritiker sagen, diese Handvoll Beispiele   Erhaltungszuchtprogramme (EAZA Ex-situ
             stütze die Rolle von Zoos im Arterhalt nicht   Programme) hat entsprechend des One Plan
             in angemessener Weise, dass die Zahl in Zoos   Approach Rollen definiert und eine Koordi-
             gehaltener  Arten,  die  schutzbedürftig sind   natorin oder einen Koordinator, der das Ma-
             vergleichsweise gering sei und dass diese     nagement der europäischen Zoopopulation
             Arbeit besser im natürlichen Lebensraum der   für eine bestimmte Art oder Gruppe leitet.
             Tiere stattfinden sollte. In manchen Fällen   Alle Programme stützen sich auf die Zusam-
             ist dies nicht möglich. Die Weltnaturschutz-  menarbeit zwischen den Einrichtungen, ent-
             union IUCN listet 35 Arten als „in der Natur   weder, um demografisch und genetisch ge-
             ausgestorben“ auf, diese Zahl liegt wahr-     sunde Populationen zu erhalten oder um zu
             scheinlich höher und wird in den kommen-      anderen Ex-situ-Erhaltungsmaßnahmen wie
              den Jahren massiv steigen. In vielen Fällen   Forschung, Fundraising oder zur Ausbildung
             liegt das daran, dass Lebensräume zerstört,   und Vermittlung von Wissen beizutragen. Der
             in manchen Fällen sogar komplett verloren
             sind  und  keine  wilden  Populationen  mehr
              erhalten werden können. Manche werden
             sagen, dass wir uns nicht kümmern sollten,         Verschwindend wenige – Beim Antillen-Ochsenfrosch
             wenn der Lebensraum ohnehin weg ist, aber          gelten 99 Prozent der Wildpopulation als verloren.
             ich würde sagen, dass wir uns Zeit für eine        Geschätzt gibt es nur gut 100 Tiere in der Natur.
             Art erkaufen können, wenn wir sie außer-
             halb des Lebensraumes halten – und die Tiere
              dann  zur  Auswilderung  zur  Verfügung  ste-
             hen, wenn Lebensräume wieder hergestellt
              oder aufgewertet sind.

             Die Expertengruppe zur Planung des Art-
              erhalts  (Conservation Planning Specialist
             Group) der IUCN hat den One Plan Approach,
             als den Ansatz eines gemeinsamen Plans,
              entwickelt, und erkennt den Wert des Ex-si-
             tu-Managements als Teil der Erhaltungs-
             lösung  für die Erholung/Wiederherstellung
             von Arten an. Der One Plan Approach ist ein
             integrierter, inklusiver Planungsprozess für
              den Arterhalt auf wissenschaftlicher Basis,
              der alle Populationen einer Art einschließt,
             unabhängig davon, wo sie gefunden werden.
             In diesem Konzept ist die Rolle klar, die Zoos



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