Energieeffizienter und attraktiver: Der Tiergarten und das Hochbauamt der Stadt Nürnberg werden im Herbst 2024 mit der Sanierung und Erweiterung des Giraffenhauses beginnen. Die beiden Giraffen ziehen dafür in andere Zoos um, ebenso ein großer Teil der Totenkopfäffchen-Gruppe, deren Anlage ebenfalls vom Umbau betroffen ist.
Das heutige Giraffenhaus wurde im Jahr 1964 errichtet und war damit der erste Neubau nach dem zweiten Weltkrieg. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz. Die Bauarbeiten sind nun nötig, da tragende Säulen grundsaniert werden müssen. Zudem stellen fortgeschriebene Vorgaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft für die Haltung von Giraffen erhöhte Anforderungen an das Innengehege.
„Die Giraffenhaltung im Tiergarten hat eine lange Geschichte. 1968 verzeichneten wir die erste Geburt, seitdem sind im Tiergarten 22 Giraffenjungtiere aufgewachsen“, sagt Dr. Dag Encke, Leitender Direktor des Tiergartens Nürnberg. „Wir wollen die erfolgreiche Haltung und Zucht fortführen und zukunftsfähig machen. Dafür ist es nötig, das Gebäude zu sanieren und das Gehege zu erweitern. Wir werten die Anlage sowohl für die Tiere als auch für unsere Besucherinnen und Besucher auf – und durch klimaschonende Technologien und eine energieeffiziente Bauweise tragen wir auch dem Klimaschutz Rechnung.“
Verbesserte Haltung für Tiere und Aufwertung für Gäste
Die Planungen der Knaller Architektur GmbH sehen vor, das denkmalgeschützte Gebäude mit der markanten Dachform zu erhalten und energetisch zu sanieren. Im Innenbereich stehen den Giraffen künftig eine Lauffläche von mehr als 200 Quadratmetern sowie drei Boxen mit 35 bis 58 Quadratmetern zur Verfügung. Die Größe des Innengeheges verdreifacht sich damit.
Auch für Besucherinnen und Besucher sollen die Giraffen nach dem Umbau noch besser erlebbar sein. Zusätzlich zu der bestehenden Besuchsfläche im Erdgeschoss entsteht eine Galerie im Obergeschoss auf der Ebene des jetzigen Heulagers. So können Besucherinnen und Besucher den Giraffen auf Augenhöhe begegnen.
Der Erweiterungsbau erhält zudem eine verglaste Südfassade, die den Innenraum mit Licht durchflutet und den Raum optisch erweitert. Eine vorgesetzte Metallfassade mit einem Perforationsmuster sorgt für halbschattige Lichteffekte im Innenraum und integriert die Fassade in die Umgebung des Außengeheges.
„Mit dem Umbau des Giraffenhauses können wir diesem Denkmal sein Gesicht wiedergeben – zum Beispiel, indem wir das markante Mosaik und die Fassade wiederherstellen. Durch die ansprechende Gestaltung der Rückseite werden wir das Gebäude harmonischer in die Landschaft einbinden und den hohen gestalterischen Ansprüchen des Tiergartens gerecht werden“, so Planungs- und Baureferent Daniel F. Ulrich.
Transport wird vorbereitet
Aktuell hält der Tiergarten eine Netzgiraffe (Giraffa camelopardalis reticulata) und eine Rothschildgiraffe (Giraffa camelopardalis rothschildi). Sie werden auf Empfehlung des EAZA Ex-situ-Programms (EEP) in den Zoo Augsburg und den Serengeti-Park Hodenhagen umziehen.
„Wir planen den Transport schon seit einigen Monaten in enger Absprache mit dem zuständigen EEP-Koordinator und sind froh, dass wir für beide Giraffen nun gute Plätze gefunden haben. Wir bereiten die Tiere behutsam und sorgfältig auf die Reise vor“, sagt Kuratorin Diana Koch.
Giraffentransporte werden nur von wenigen spezialisierten und zertifizierten Unternehmen durchgeführt. Mittlerweile verfügen die Transporter über höhenverstellbare Anhänger, sodass die Tiere während des Transports entspannt stehen können. Unter Brücken können die Anhänger langsam heruntergefahren werden, sodass die Giraffen nur den Kopf senken müssen.
„Wir möchten künftig nur noch eine Giraffenunterart halten und mit dieser wieder eine Zucht aufbauen. Welche das sein wird, richtet sich nach dem Bedarf des EEP. Die Anlage bietet später Platz für fünf Tiere mit Nachwuchs“, sagt Jörg Beckmann, stellvertretender Direktor und Biologischer Leiter.
Auch Totenkopfäffchen, Streifenwiesel und Perlhühner ziehen um
Von den Umbauarbeiten ist auch die angrenzende Anlage der Totenkopfäffchen (Saimiri boliviensis) betroffen. Auch sie müssen umziehen. Die Gruppe bestand zuletzt aus 22 Tieren. Drei Weibchen werden im Tiergarten bleiben und bis zum Beginn der Arbeiten in der Anlage zu sehen sein. Während der Bauarbeiten leben sie dann hinter den Kulissen. Später sollen sie zusammen mit einem neuen Männchen eine Zuchtgruppe aufbauen. Die 19 weiteren Tiere gibt der Tiergarten an den Zoo in Jerusalem ab.
Die Helmperlhühner (Numida meleagris), die aktuell auf der Giraffen-Außenanlage leben, sollen innerhalb des Tiergartens umziehen. Und auch die Libyschen Streifenwiesel (Ictonyx libycus libycus) wird es weiterhin im Tiergarten geben. Voraussichtlich wird das Paar aus dem Giraffenhaus in die Außenanlage des Wüstenhauses umziehen. Die weiteren Streifenwiesel sollen an andere Haltungen abgegeben werden.
Klimaschonende Bauweise und energieeffiziente Technologien
Eine zentrale Rolle beim Umbau und der Erweiterung des Hauses spielen eine klimaschonende Bauweise und energieeffiziente Technologien. So werden eine Wärmepumpe eingebaut und das Dach mit Photovoltaik-Panelen ausgestattet. Damit fügt sich die Sanierung des Giraffenhauses in das Klimaschutzkonzept des Tiergartens ein.
Durch den Einbau einer effizienten Wandheizung mit Lehmputz werden zudem warme Oberflächen geschaffen, die auch den Tieren zu Gute kommen. Parallel prüfen der Tiergarten und seine Partner, ob das Giraffenhaus im Zuge der Umbaumaßnahmen an ein ebenfalls geplantes Nahwärmenetz angeschlossen werden kann.
Die Bauarbeiten beginnen im Herbst 2024. Zuvor werden vorbereitende Maßnahmen durchgeführt und die Baustelle eingerichtet. Nach einer Bauzeit von etwa zwei Jahren soll das neue Giraffenhaus im Herbst 2026 fertiggestellt sein.
Gestaltung und Planung übernahm die Knaller Architektur GmbH, die bereits mehrere Projekte im Tiergarten umgesetzt hat.
Die Gesamtkosten betragen voraussichtlich 6,7 Millionen Euro. Für die energetische Sanierung wird mit einer Bundesförderung in Höhe von 530.000 Euro als Zuschuss gerechnet. Darüber hinaus liegt eine zweckgebundene Privatspende in Höhe von rund 565.000 Euro vor, die als Anschubfinanzierung diente.