Schutz von bedrohten Rotkopfschafen: Fachtreffen im Tiergarten
Sie gelten als robust und genügsam: Rotkopfschafe, auch Rouge de Roussillon genannt. Trotz dieser Eigenschaften gilt die alte Schafrasse allerdings...
Sie gelten als robust und genügsam: Rotkopfschafe (Ovis aries aries), auch Rouge de Roussillon genannt. Trotz dieser Eigenschaften gilt die alte Schafrasse allerdings als bedroht. Weltweit gibt es nur noch wenige hundert Tiere. Eine zusätzliche Bedrohung stellt die Blauzungenkrankheit dar, eine Virusinfektion, die sich unter Wiederkäuern aktuell rasant ausbreitet und häufig zum Tod führt. Wie sich die aktuelle Seuchenlage entwickelt und was bei Impfungen zu beachten ist, haben vor kurzem Fachleute im Tiergarten Nürnberg beim Jahrestreffen 2024 der Rotkopfschafzüchter diskutiert.
Die Blauzungenkrankheit ist eine Virusinfektion, die durch kleine Stechmücken übertragen wird und für die insbesondere Wiederkäuer wie Schafe, Ziegen und Rinder empfänglich sind. Im September 2023 waren erstmals Infektionen mit dem Virus der Blauzungenkrankheit des Serotyps 3 (BTV-3) bei Schafen in den Niederlanden festgestellt worden. Im Sommer 2024 nahmen die Nachweis deutlich zu, im September sind die ersten amtlich bestätigten Fälle in Mittelfranken aufgetreten. In Deutschland und Europa hatten im Jahr 2024 viele Schafhalter Verluste bei ihren Tieren zu beklagen.
Tierärztin Dr. Katrin Baumgartner beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Umgang mit Tierseuchen. Da Zoos über internationale Erhaltungszuchtprogramme häufig Tiere untereinander tauschen, ist es entscheidend, dass sich Seuchen nicht ausbreiten. Dies gilt auch für die von der Blauzungenkrankheit bedrohten Schafrassen. Im Tiergarten wurden deshalb alle Schafe frühzeitig gegen das Virus geimpft und mit einer Wiederholungsimpfung versorgt. Außerdem arbeitet der Tiergarten mit dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zusammen, um die Entwicklung des Immunsystems unter Berücksichtigung der Impfungen zu erforschen.
"Der aktuelle Serotyp der Blauzungenkrankheit führt vor allem bei kleinen Wiederkäuern wie Schafen und Ziegen häufig zum Tod. Für die ohnehin schon bedrohten Rotkopfschafe stellt das Virus also eine große Gefahr dar", sagt Dr. Katrin Baumgartner, die im Tiergarten auch zuständig ist für die Zucht seltener und bedrohter Haustierrassen. "Jeder Verlust eines Tieres kann sich empfindlich auf die Population auswirken. Impfungen sind deshalb das wichtigste Instrument zur Bekämpfung des Virus und zum Schutz der Tiere."
Neben den Rotkopfschafen wurden im Tiergarten auch Zwergzebus, Hochlandrinder, Wisente, Bisons, Afrikanische Büffel, Elenantilopen, Mendesantilopen, Alpakas, Guanakos, Trampeltiere, Kamerunschafe, Ouessantschafe und Zwergziegen gegen BTV-3 geimpft.
Weitere Halter gesucht
Entscheidend für eine gesunde und genetisch vielfältige Population, ist eine koordinierte Zucht der Rotkopfschafe. Der Tiergarten übernimmt diese Koordination und ist derzeit dabei, ein Zuchtmanagement aufzubauen. Momentan gibt es 16 bekannte Halter der Rasse in Deutschland. "Um die Zucht auch künftig erfolgreich fortführen zu können, brauchen wir engagierte und verlässliche Partner. Wir sind deshalb immer auf der Suche nach Haltern, die Tiere bei sich aufnehmen möchten", sagt Dr. Baumgartner. Die Tiere gelten als sehr robust, zutraulich und leistungsfähig auch bei hohen Temperaturen. Sie stellen keine hohen Ansprüche an Haltung und Futter, allerdings brauchen sie viel Platz. Rotkopfschafe sind leicht zu scheren und zeichnen sich durch eine gute Wollqualität aus. Interessierte Halter können sich beim Tiergarten melden.
Charakteristisch für Rotkopfschafe ist die rotbraune Färbung von Kopf und Beinen, die vor allem in den ersten Monaten gut sichtbar ist. Auf der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen steht die alte Schafrasse als bedroht. Rotkopfschafe waren ursprünglich in den Pyrenäen beheimatet. Die letzte größere Herde Frankreichs sollte geschlachtet werden, ging aber in letzter Minute in andere Haltungen – darunter auch nach Nürnberg. Der Verein der Tiergartenfreunde Nürnberg e.V. hatte 1981 14 Tiere übernommen. Sie bildeten den Grundstock für den Aufbau einer aus zwölf Mutterlinien hergeleiteten Kleinherde. Derzeit lebt eine Zuchtgruppe im Tiergarten auf einer Anlage am Kinderzoo. Auf dem Gelände der noris inklusion und auf Gut Mittelbüg, der Außenstelle des Tiergartens in Schwaig, leben zwei Gruppen männlicher Rotkopfschafe.
Die Rotkopfschaftagung findet einmal jährlich und an wechselnden Orten statt. Sie dient dem Austausch und der Vernetzung der Halter. Neben der Blauzungenkrankheit waren auch andere Tierseuchen wie das Ovine Herpesvirus Thema der Tagung. Außerdem ging es darum, wie Rotkopfschafe und andere Wolllieferanten einen Beitrag zur außerschulischen Bildung in Zoos leisten können. Nach mehreren Vorträgen im Tiergarten besichtigten die Teilnehmenden auch einen Bio-Archehof in Mittelfranken, der Rotkopfschafe hält und somit zum Erhalt dieser Rasse beiträgt.