Arten- und Lebensraumschutz: Tiergarten unterstützt Kulan-Wiederansiedelung
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Am Montag, 30. November 2020, erhielt der Tiergarten der Stadt Nürnberg ein weiteres Harpyienpaar. Die Vögel aus Brasilien werden als Zuchtpaar auf dem tiergarteneigenen Gut Mittelbüg in Schwaig untergebracht. Beide Vögel stammen aus dem Zoopark Roberto Ribas Lange von Itaipu Binacional in Brasilien, wo sie als F2-Generation, also Enkel von Wildtieren, geschlüpft sind.
Dem Transport der großen Greifvögel ging ein zweijähriges, internationales Genehmigungsverfahren voraus. Dieses wurde eingeleitet, als die Tiere ein halbes Jahr alt waren. Das Weibchen kam am 28. März 2018 und das Männchen am 20. Februar 2018 zur Welt. Da die Vögel auf Gut Mittelbüg leben, sind sie für Tiergartengäste nicht zu sehen.
Der Tiergarten Nürnberg gehört – bezogen auf die Zucht von Harpyien – zu den bedeutendsten Zoos weltweit. Bereits Anfang der 1980er Jahre begann die erfolgreiche Zucht mit dem Harpyienpaar Esmeralda und Enrico. Das Paar zog elf Küken, vier weibliche und sieben männliche, groß; vier weitere Küken starben. Die Nachkommen dieses Nürnberger Zuchtpaares leben heute im Tiergarten Nürnberg. Das sind Evita, Jorge und Domingo. Weitere Nachkommen befinden sich in Zoos wie in Berlin, aber vor allem auch in Ecuador, Peru und Brasilien. Der Tiergarten konnte so einen großen Beitrag zur Zucht der potentiell vom Aussterben bedrohten Vögel in Deutschland wie auch in deren Herkunftsländer leisten. Zuletzt überführte der Tiergarten die männliche Harpyie Vito am 11. August dieses Jahres in den Parque Condor in Ecuador.
Der Tiergarten initiierte in diesem Jahr das europäische Zuchtbuch für Harpyien und organisiert derzeit den Aufbau eines internationalen Zuchtbuchs. In Europa gibt es aktuell acht Harpyien, ein Paar im französischen Beauval, einen Terzel, also ein männliches Exemplar in Berlin, sowie die fünf Vögel in Nürnberg. Außerdem werden im Tiergarten Nürnberg verschiedene Forschungsprojekte mit Harpyien durchgeführt. Dabei geht es um Verhaltensversuche, um Präferenzstudien zu Vorlieben der Tiere und um Studien zur Reproduktion, also Fortpflanzung.
Mit seinem umfangreichen Fachwissen zu Harpyien unterstützt der Tiergarten Nürnberg auch In-situ-Schutzprojekte in ihrem Lebensraum in Brasilien. Das ist zum einen ein Projekt zur Genetik von Harpyien, das in Kooperation mit der brasilianischen Universität Federal do Espiritu Santo durchgeführt wird. Ein weiteres Projekt in Kooperation mit der Universität Gießen beschäftigt sich mit der assistierten Reproduktion bei Harpyien. Das dritte Projekt, das „Projeto Harpia“ in Brasilien, zielt darauf ab, durch ein langfristig angelegtes Monitoring der Nester die Harpyien vor Ort zu schützen. Der Tiergarten Nürnberg hat für dieses Monitoring Video- und Fotokameras bereitgestellt.
Harpyien (Harpia harpyja) sind in ihrer südamerikanischen Heimat durch den Verlust ihres Lebensraums vor allem im Amazonasgebiet bedroht und werden von der Weltnaturschutzunion IUCN als „near threatened“, also potentiell gefährdet gelistet. Durch die zunehmende Abholzung des Regenwalds nimmt die Harpyienpopulation rapide ab. Die wohl mächtigsten Greifvögel der Welt mit einem Gewicht von vier bis neun Kilogramm und einer Flügelspannweite von bis zu zwei Metern sind auf den tropischen Regenwald angewiesen. Harpyien leben auf den hohen Urwaldbäumen, auf denen sie ihre Horste für die
Jungenaufzucht bauen. Außerdem finden sie dort ihre großen Beutetiere wie Affen und Faultiere. Die Vögel verharren oft tagelang auf ihrem Baum und schwingen sich nur in die Lüfte, wenn sie sich auf Nahrungssuche begeben.