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Aktuelles aus dem Tiergarten

Tiergarten verkleinert Paviangruppe durch Tötung

Der Tiergarten der Stadt Nürnberg hat am Dienstag, 29. Juli 2025, die Gruppe seiner Guinea-Paviane um zwölf Tiere verkleinert. Diesem letzten verbleibenden Schritt der Tötung gingen viele Jahre intensiven Abwägens und der Suche nach Alternativen voraus. Er fand in Abstimmung mit den zuständigen Aufsichtsbehörden, dem Veterinär- und dem Umweltamt sowie den Koordinatoren des Erhaltungszuchtprogramms des Europäischen Zooverbandes EAZA statt. Die Verkleinerung der Gruppe war unumgänglich, weil die Zahl der Gruppe mit 43 Tieren die Anzahl von 25 Tieren weit übertroffen hatte, für welche die Paviananlage im Tiergarten ausgelegt ist.

Der Tiergarten ist sich bewusst, dass diese Entscheidung für viele Menschen schwer zu verstehen ist, dass sie dadurch irritiert, betroffen oder wütend sind. Für den Tiergarten selbst, seine Mitarbeitenden und alle an der Entscheidungsfindung Beteiligten stellt sie den schwierigsten Weg dar. Sie geht ausnahmslos allen sehr nahe.

Die Fachleute im Tiergarten haben diesen Schritt über viele Jahre hinweg mit Biologen, Tierärztinnen, Tierpflegern, Zoologinnen, Juristinnen und Wissenschaftlern intensiv diskutiert und geprüft – ebenso wie alle denkbaren möglichen Alternativen.

Im Februar 2024 war der Tiergarten aktiv mit dem Thema an die Öffentlichkeit gegangen. Tiergartendirektor Dr. Dag Encke hat das faktische Dilemma erklärt und dessen Hintergründe im Umweltausschuss der Stadt Nürnberg erläutert: Wenn der Tiergarten seinem gesetzlichen Auftrag gerecht werden soll, Arten zu schützen, muss er auf begrenztem Raum gesunde und fortpflanzungsfähige Bestände über Jahrzehnte erhalten und deswegen auch Tiere für die Generationenfolge züchten.

Zugleich zeichnet er verantwortlich dafür, die Tiere in seiner Obhut ihren Bedürfnissen entsprechend zu halten: Das ist die Arbeit, der sich im Tiergarten täglich Tierpflegerinnen und Tierpfleger, Biologinnen, Forscher und Tierärzte mit großem Einsatz widmen. Für Primaten ist dabei die Einbindung in einen funktionierenden Sozialverband wichtig, der maßgeblich vom Fortpflanzungsgeschehen und einer gesunden Altersstruktur geprägt ist.

Seinen hohen Ansprüchen an das Tierwohl konnte der Tiergarten bei einer Gruppenstärke von 43 Guinea-Pavianen nicht mehr gerecht werden. Die Anlage wurde 2009 derart erweitert, dass sie mit 25 erwachsenen Tieren auch den Anforderungen des Säugetiergutachtens entsprach, das im Jahr 2014 vom damaligen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (heute Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat) herausgegeben wurde.

Der aktive Austausch mit Einrichtungen, die nach der Veröffentlichung des Berichts im Umweltausschuss des Nürnberger Stadtrats im Februar 2024 die Aufnahme von Pavianen angeboten hatten, hat kein konkretes Übernahmeangebot ergeben. Der Tiergarten musste daher rechtzeitig vor dem Winter in Abstimmung mit den zuständigen Aufsichtsbehörden, dem Veterinär- und dem Umweltamt sowie den Koordinatoren des EEP (Erhaltungszuchtprogramm, EAZA ex situ Programm) eine Entscheidung zur Verkleinerung der Pavian-Gruppe treffen, die er unter Abwägung aller Umstände für fachlich richtig und vernünftig hält.

Auswahl und Tötung der Tiere
Für jedes Tier und für die gesamte Gruppe haben Tiergartenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zusammen mit externen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den vergangenen Monaten sogenannte Entscheidungsbäume erarbeitet, anhand derer sich die Entnahme von einzelnen Individuen entschied. Anhaltspunkte für die Entscheidungen waren unter anderem die Altersstruktur innerhalb der Gruppe, das Geschlechterverhältnis, der Trainingszustand des Tieres und eine Trächtigkeit beziehungsweise das Säugen eines Jungtiers.

Jedes Weibchen, für das eine Entnahme in Frage kam, wurde untersucht, um auszuschließen, dass es trächtig ist. Bis zu dem Moment, in dem die Tiere jeweils einzeln nach der Identifizierung tierschutzkonform per Kugelschuss in einer Transportkiste getötet wurden, unterschied sich die Situation nicht von einem Transport an einen anderen Ort. Zwei Tiere sind aus bisher ungeklärter Ursache während der Inhalationsnarkose gestorben. Der Tiergarten hat ihre Körper in die Pathologie gegeben, um die Ursachen zu klären. Insgesamt wurden drei erwachsene Männchen und neun erwachsene Weibchen getötet, um die Gruppe auf eine Anzahl von 26 erwachsenen Tieren und fünf Jungtieren zu bringen. Die verbleibende Gruppe setzt sich in einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis aus älteren, erfahrenen Tieren, jüngeren, geschlechtsreifen Tieren und Jungtieren zusammen.

Wie bei allen Tieren hat der Tiergarten auch hier die Körper der Tiere soweit wie möglich einer sinnvollen Verwendung zugeführt. Zum einen hat er verschiedenen Forschungseinrichtungen unterschiedliche Proben zur Verfügung gestellt. Manche davon, wie Gewebeproben, etwa von Milz oder Leber, können von wildlebenden Tieren nicht gewonnen werden, sie sind aber für wissenschaftliche Zwecke sehr wertvoll. Auch Knochen und Skelette werden für Forschungszwecke präpariert. Das Muskelfleisch wird an die Raubtiere im Tiergarten verfüttert.

Späte Ankündigung der Schließung
Wegen massiver Sicherheitsbedenken war es dem Tiergarten leider nicht möglich, die mit der Tötung verbundene Schließung früher als am Dienstagmorgen anzukündigen. Der Tiergarten hat sich bemüht, die Information in kurzer Zeit möglichst breit zu streuen und insbesondere Schulklassen und Kindergartengruppen noch zu erreichen. Mit einer Beschilderung vor Ort und der Verteilung von Infomaterial haben Besucherinnen und Besucher am Dienstag, 29. Juli, Informationen zur Ticketerstattung und zu alternativen Ausflugszielen an die Hand bekommen. Der Tiergarten bittet hierfür um Verständnis und ausdrücklich um Nachsicht sowie um Entschuldigung für die entstandenen Unannehmlichkeiten.

Suche nach Alternativen bis zuletzt erfolglos
Der Tiergarten hat seine Guinea-Paviane bis zuletzt aktiv in seinem weltweiten Netzwerk aus über 1 300 Einrichtungen und darüber hinaus zur kostenfreien Abgabe an geeignete Einrichtungen angeboten. Alle ernsthaften Abnahmeangebote, die ihn nach dem Februar 2024 erreicht hatten, hat der Tiergarten gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des EEP geprüft und ist mit den entsprechenden Einrichtungen in Kontakt getreten.

Im September 2024 besuchte Tiergartendirektor Dr. Dag Encke zusammen mit einer Delegation des Europäischen Zooverbandes EAZA (European Association of Zoos and Aquaria) das Greens Zoological Rescue and Rehabilitation Centres (GZRRC) – inzwischen bekannt als „Vantara“ – um zu erörtern, ob eine Übergabe einer Gruppe von Pavianen möglich wäre. Nach einem anfänglich sehr vielversprechenden Austausch konnten keine konkreten Vereinbarungen getroffen werden. Zoos können nach ihren europäischen Statuten nur mit Einrichtungen zusammenarbeiten, die sich an die internationalen Regeln (zum Beispiel  CITES/Washingtoner Artenschutzabkommen) halten und bei denen Transparenz hinsichtlich der Herkunft ihres Tierbestands besteht – damit wollen und müssen sie vermeiden, dass Zoos selber einen Beitrag zum illegalen Wildtierhandel leisten. Eine Überprüfung offener Sachfragen war jedoch nicht möglich.

Ein konkretes Übernahmeangebot durch das Wales Great Ape and Monkey Sanctuary (WAMS) liegt dem Tiergarten Nürnberg bis heute nicht vor. Der Tiergarten ist nach der ersten Kontaktaufnahme durch das Great Ape Project (GAP) im Februar 2024, die eigenen Angaben zufolge „namens und im Auftrag“ des WAMS erfolgte, aktiv sowohl auf das GAP als auch auf das WAMS zugegangen und hat um die Beantwortung grundlegender Fragen zu den Haltungsbedingungen im WAMS und die Aufnahmekapazitäten gebeten. Die Antworten auf diese Fragen stehen bis heute aus. Behauptungen, der Fragebogen könne nur ausgefüllt werden, wenn sich die potenzielle Aufnahmeeinrichtung zur weiteren Zucht mit den Tieren bereit erkläre, entsprechen nicht der Wahrheit.

Im Juli 2025 hat der Tiergarten den Direktor des WAMS direkt kontaktiert. In seiner Antwort hat dieser keine der benötigten Informationen zur möglichen Haltung der Tiere mitgeteilt und auch nicht in Aussicht gestellt – den Fragebogen aber als „entsetzlich“ (appalling) und „beleidigend“ (insulting) bezeichnet.

Keine zweite Erweiterung der Paviananlage
Der Tiergarten hat die Paviananlage im Jahr 2009 erweitert und dabei die Kapazitäten im Innenraum verfünffacht. Eine zweite Erweiterung würde die grundlegende Frage nicht beantworten und darüber hinaus zulasten anderer, dringend anstehender Kapazitätserweiterungen für weitere bedrohte Tierarten wie Harpyien, Schabrackentapire und Gorillas gehen.

Artenschutzauftrag in internationalem Naturschutzverbund
Der Tiergarten Nürnberg trifft seine Entscheidungen im Rahmen internationaler Bemühungen, das durch menschliche Aktivitäten versursachte Artensterben zu bremsen. Als aktives Mitglied der Weltnaturschutzunion arbeitet er mit hunderten weiteren Einrichtungen sowohl inner- als auch außerhalb des natürlichen Lebensraums von zu schützenden Tieren, Pflanzen und Pilzen zusammen. Der Tiergarten wird weiterhin sein Möglichstes tun, auch schwierige und emotional für Alle herausfordernde Themen wie das Töten von Tieren für den Artenschutz zu erklären und sich den gesellschaftlichen Diskussionen zu stellen.

Hintergründe zu den Alternativen, die der Tiergarten in den vergangenen Jahren geprüft und auch angewendet hat, um das Wachstum der Gruppengröße zu verlangsamen und um Tiere abgeben zu können, um die Gruppengröße zu reduzieren, sind hier zu finden: tgnbg.de/3n.

Wozu dienen Reservepopulationen?
Das Artensterben kann natürlich nicht alleine durch die Bemühungen von Zoos verringert oder gar gestoppt werden. Zoos spielen eine sehr spezifische Rolle in einem ausgedehnten Netzwerk von Artenschutzorganisationen. Sie können Tierarten, die man gut in menschlicher Obhut halten und vermehren kann, über Generationen als Population gesund erhalten. Dies gibt den Artenschutzorganisationen vor Ort Zeit, Habitate wiederherzustellen oder effektiv unter Schutz zu stellen. Zoos stellen dann die Tiere für Auswilderungen aus ihren Beständen. Aktuell sind Zoos stark gefordert, bei sogenannten Last-Rescue-Maßnahmen (Notrettungsmaßnahmen), bei denen die letzten bekannten Individuen oder Populationen aus der Wildbahn entnommen werden, um deren Ausrottung dort zu vermeiden. Damit wird die Verantwortung der Zoos, Platz und Expertise für die letzte Rettung von Arten zur Verfügung zu stellen erdrückend schwer. Vor diesem Hintergrund ist die Grundsatzdebatte um das Töten für den Arterhalt von grundlegender Bedeutung