Klimawallfahrt zum Klimawaldpfad – neues kulinarisch-musikalisches Programm im Tiergarten

Ein Abendspaziergang durch den Tiergarten und über den Klimawaldpfad, Artenschutzvorträge, ein Viergänge Bio-Menü begleitet von Musikerinnen und…
Im Oktober 2024 haben wir einen wichtigen Meilenstein in unseren Schutzbemühungen erreicht: den Fang und die Umsiedlung von 24 Kulan aus dem Altyn-Emel-Nationalpark in unser Wiederansiedlungszentrum in Alibi, über 2.193 Kilometer entfernt in der zentralkasachischen Steppe von Torgai. Diese komplexe Operation war ein wichtiger Schritt zur Wiederherstellung einer sich selbst erhaltenden Kulan-Population in der Region. Diese Umsiedlung war einer der längsten Tiertransporte auf der Straße in der Geschichte der Artentranslokation und erforderte eine sorgfältige Planung und Vorbereitung. Dies war nicht unser erster Transport; seit 2017 bringen wir Kulane mit dem Hubschrauber in die Torgai-Steppe und haben seither unser Wissen und unsere Kapazitäten ausgebaut. Es war jedoch das erste Mal, dass wir einen langen Straßentransport dieses notorisch heiklen Einhufers wagten.
Gemeinsam mit dem hochqualifizierten südafrikanischen Wildtiertransportunternehmen „Conservation Solutions“ haben wir große Anstrengungen unternommen, um einen erfolgreichen Transport zu gewährleisten. Wir konstruierten ausgeklügelte Transportbehälter und eine spezielle Ausrüstung, die darauf ausgelegt ist, wilde Kulane mit einem Minimum an Eingriffen und Stress zu verladen. Tierärzte injizierten jedem Tier ein „lang wirkendes Neuroleptikum“, ein Medikament, das üblicherweise zum Abbau von Stress und Angst eingesetzt wird. Die Videoüberwachung, die wir in jedem Container eingerichtet hatten, zeigte, wie die Kulane sich ausruhten und während der gesamten Reise das bereitgestellte Heu fraßen. Die Fohlen wurden sogar beim Säugen beobachtet. Das Gehege, in das die Tiere entlassen wurden, enthielt vielfältiges und reichhaltiges Futter, und bei der Ankunft wurde zunächst Heu gegeben, das jedoch weitgehend ignoriert wurde, um den natürlichen Gräsern den Vorzug zu geben. Die Tiere wurden regelmäßig von den ansässigen Tierpflegern und zwei speziell ausgewählten Praktikanten überwacht.
Anfang Februar mussten wir den erschütternden Tod von neun Tieren hinnehmen.
Natürlich waren diese unvorhersehbaren Verluste für das Team persönlich niederschmetternd.Alle Mitarbeiter arbeiten weiterhin unermüdlich daran, zu verstehen, was passiert ist. Wir bringen alle unsere Ressourcen zum Einsatz, um den Verlust weiterer wertvoller Kulan zu verhindern. Der letzte Todesfall ereignete sich in der ersten Februarwoche, und heute befinden sich noch 15 Kulan in der Herde - gesund, gut an ihre neue Umgebung angepasst und mit ermutigenden Anzeichen von Trächtigkeit bei den Stuten. Wir haben uns der Transparenz gegenüber unseren Interessengruppen und Unterstützern verschrieben und möchten sowohl über die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert waren, als auch über die entscheidenden Schritte, die wir unternehmen, um solche Verluste in Zukunft zu vermeiden, berichten. Wir möchten unsere oft hart erkämpften Erfahrungen mit der weltweiten Naturschutzgemeinschaft teilen, in der Hoffnung, dass wir die Wiederansiedlung von Arten anderswo unterstützen können.
Wir haben schnell und entschlossen gehandelt. Einige Risikofaktoren, wie z. B. die Notwendigkeit einer intensiveren Fütterung und Wasserversorgung unmittelbar nach dem Transport und während der Wintersaison, lassen sich durch einfache operative Verbesserungen in den Griff bekommen. Andere, wie die Zusammensetzung der umgesiedelten Gruppe, sind komplexer. Während des Einfangens können Mutter-Fohlen-Paare voneinander getrennt werden. Obwohl der Zeitpunkt mit der natürlichen Absetzzeit übereinstimmt, bedeutet eine abrupte Trennung zusätzlichen Stress, insbesondere für die kleineren, anfälligeren Fohlen.
Um dem entgegenzuwirken, führen wir neue Verfahren ein, um die Anzahl der säugenden Stuten besser einschätzen und abhängige Fohlen besser unterstützen zu können. Diese Änderungen sind nun in unsere Standardarbeitsanweisungen integriert und werden für alle künftigen Umsiedlungsaktionen maßgeblich sein.
Ein zentrales Problem ist nach wie vor die begrenzte Datenlage zur natürlichen Sterblichkeitsrate in wilden Kulan-Populationen. Bestehende Langzeitüberwachungen im Altyn-Emel-Nationalpark zeigen, dass die Populationen statisch sind. Um die Gründe dafür zu verstehen, sind weitere Forschungen erforderlich. Unser Ziel ist jedoch klar: Wenn diese Tiere in unserer Obhut sind, wollen wir Überlebensraten gewährleisten, die weit über denen in freier Wildbahn liegen.
Im März kam unser Team in Kasachstan zu einem Workshop zusammen, um alle kritischen Themen anzusprechen, Erkenntnisse auszutauschen und unser Fachwissen zu bündeln, um eine solide Zukunftsstrategie zu entwickeln. Dank dieser gemeinsamen Bemühungen - und der entscheidenden Unterstützung unserer Partner und Spender - sind wir besser denn je gerüstet, um unsere Wiederansiedlungsarbeit im Laufe dieses Jahres und darüber hinaus fortzusetzen und die Zukunft des Kulan in Zentral-Kasachstan zu sichern.
Ihre kontinuierliche Unterstützung macht dies möglich. Jede gelernte Lektion, jedes gerettete Leben und jedes geborene Fohlen ist der Beweis für Ihre Investition in die Nachhaltigkeit dieser wichtigen Arbeit. Gemeinsam können wir nicht nur eine Art wiederherstellen, sondern auch ein Vermächtnis der Widerstandsfähigkeit, Anpassung und Hoffnung aufbauen.
24 Kulane (Equus hemionus) haben seit Oktober 2024 in der kasachischen Torgai-Steppe eine neue Heimat: Unter Federführung der Naturschutzorganisation ACBK (Association for the Conservation of the Biodiversity of Kazakhstan) fingen Fachleute die Tiere im Nationalpark Altyn Emel im Osten des Landes, um sie in das Naturreservat Altyn Dala umzusiedeln. Die Aktion war Teil umfangreicher Bemühungen, welche die Bewahrung des Lebensraums Kasachische Steppe zum Ziel haben.
Der Tiergarten der Stadt Nürnberg und der Verein der Tiergartenfreunde Nürnberg e.V. unterstützen die Arbeit der ACBK und der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF) mit weiteren Projektpartnern seit 2011 finanziell, personell und mit tiergärtnerischem Fachwissen.
Mit einem Beitrag in Höhe von 90.000 Euro ermöglichte der Verein der Tiergartenfreunde Nürnberg e.V. die Umsiedelung der 24 Tiere zählenden Herde. Der Transport wurde akribisch vorbereitet von Tierärztinnen, den ortskundigen Naturschützern der Gesellschaft für den Erhalt der Biodiversität Kasachstans (Association for the Conservation of Biodiversity of Kazakhstan - ACBK), Mitarbeiterinnen der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF) und einem südafrikanischen, auf die Translokation ganzer Huftierherden spezialisierten Unternehmen.
Die Herausforderung war gewaltig: Es galt, eine sozial intakte, zusammenhängende Herde zu fangen und sie auf einer Strecke von knapp 2.200 Kilometern auf teils schwierigem Gelände unversehrt in die Auswilderungsanlage Alibi in der Torgai-Steppe zu bringen.
Auch bei dem Bau der Auswilderungsanlage waren Tiergarten und Verein der Tiergartenfreunde Nürnberg e.V. beteiligt. Unter der Beratung des Tiergarteninspektors Max Reinhard bauten die Naturschützer schon 2012 zwei insgesamt gut 70 Hektar große Gehege, zudem Unterkünfte für die Ranger, die Zustand und Verhalten der dort untergebrachten Tiere überwachen sollten.
„Ursprünglich war die Anlage als Auswilderungsgehege für Przewalski-Pferde gedacht“, sagt Max Reinhard. Da diese sich wegen rechtlicher Herausforderungen verzögerte, begannen ACBK und Partner 2017 damit, wieder Kulane in der Torgai-Steppe anzusiedeln.
Zunächst transportierten sie neun Tiere aus dem Altyn Emel National Park. 2019 folgten zwei weitere Tiere aus Barsa Kelmes, im November 2022 vier weitere aus Altyn Emel. Der nun gelungene Transport war der bisher größte der gemeinsamen Initiative.
Ziel des Projektes ist es, große Pflanzenfresser wie Przewalski-Pferde (Equus przewalskii) und Kulane wieder in der kasachischen Steppe anzusiedeln. Gemeinsam mit den Saiga-Antilopen (Saiga tatarica tatarica) helfen diese Arten, den Lebensraum offen zu halten und ihn für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten zu bewahren: Eine intakte Steppenlandschaft ist ein Hort der Artenvielfalt. Wegen ihres hohen Humusgehaltes erfüllt sie zugleich eine wichtige Rolle im Klimaschutz: Der Boden speichert Tonnen von CO2. Indem Pflanzenfresser das Gras niedrig halten, dämmen sie darüber hinaus die Feuergefahr ein.
Landwirtschaftliche Flächennutzung und nicht nachhaltige Jagd haben große Pflanzenfresser in den Steppenlandschaften Eurasiens im 20. Jahrhundert in große Bedrängnis gebracht. Kulane waren in Kasachstan seit den 1930er Jahren ausgestorben. Während sie 2015 noch als potenziell gefährdet galten, beobachtet die IUCN 2024 bei der Population einen stabilen Wachstumstrend.
Saiga-Antilopen galten nach einer Erhebung der Weltnaturschutzunion IUCN in Europa im Jahr 2006 als vom Aussterben bedroht – damals konnten nur noch knapp 20.000 Tieren erfasst werden. Inzwischen hat sich der Bestand dank intensiver Schutzbemühungen auf 2,86 Mio. Tiere vervielfacht. Der Status wechselte im Dezember 2023 von „critically endangered“ auf „near threatened“. Die ACBK spielte eine zentrale Rolle in der der Altyn Dala Conservation Initiative (ADCI), der die Welt augenscheinlich maßgeblich die Rettung der Saiga zu verdanken hat.
Wild lebende Przewalski-Pferde gab es Anfang des 21. Jahrhunderts in Kasachstan nicht mehr, die IUCN stuft die Art nach wie vor als weltweit bedroht ein. Im Herbst 2023 haben Mitarbeiter der ACBK die Auswilderungsstation in der Torgai-Steppe um das doppelte vergrößert. Im Frühsommer 2024 haben ACBK, die Zoologische Gesellschaft Frankfurt, der Zoo Prag und der Zoologische Garten Berlin fünf Przewalski-Pferde in die vom Tiergarten mit aufgebaute Station in Alibi gebracht.
Durch aufwendige Aktionen wie den Transport der Kulan-Herde von einem Naturschutzgebiet in ein anderes fördern Naturschützer und Zoologische Gärten die weitläufige Wiederansiedelung von Arten, die ihrerseits zum Erhalt ökologisch extrem wertvoller Lebensräume beitragen. Sie ist Teil des umfassenden Engagements der Altyn Dala Conservation Initiative (ADCI), zu der die ACBK, die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF), das kasachische Ministerium für Ökologie und natürliche Ressourcen, Fauna und Flora sowie die Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) gehören.
Die Altyn Dala Conservation Initiative ist im Oktober 2024 für ihre Erfolge im Kampf um den Erhalt der Kasachischen Steppe mit dem hochdotierten Earthshot Price ausgezeichnet worden. „Altyn Dala hat ein tolles Jahr hinter sich! Ein beispielloser Anstieg der Saigapopulationen, die Rückkehr der Przewalski-Pferde in die Steppe, eine erfolgreiche Umsiedlung von Hochrisikokulanen und die Anerkennung der Arbeit der letzten 20 Jahre mit dem Earthshot-Preis - wir sind begeistert! Diese Bemühungen sind ohne langfristige, starke Partnerschaften, für die wir sehr dankbar sind, nicht möglich“, sagt Stephanie Ward, ZGF-Projektleiterin Kasachstan.
Tiergartendirektor Dr. Dag Encke: „Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung unserer langjährigen Partner und zollen ihnen unseren tiefen Respekt für ihre Arbeit, die sie mit enormer Ausdauer unter teilweise sehr schwierigen Bedingungen leisten. Insgesamt haben der Tiergarten und der Verein der Tiergartenfreunde Nürnberg e.V., die ACBK, die ZGF und weitere Partner seit 2011 mit knapp 500.000 Euro unterstützt.
Projekte wie die Wiederansiedelung von Pferden und Wildeseln sind aufwendig, schwierig und unter Umständen riskant. Sie brauchen langfristige Sicherheiten und verlässliche Partnerschaften auch in den langen Vorbereitungs- und Verhandlungszeiten. Der Tiergarten und der Verein der Tiergartenfreunde waren über zwölf Jahre verlässliche Partner und freuen sich über den großen Erfolg der langen Anstrengungen.