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Änderungen im Tierbestand

Erster Nachwuchs bei seltenen Gelbrückenduckern

Es ist eine Premiere und ein großer Erfolg für die europäische Zucht: Im Tiergarten gibt es erstmals Nachwuchs bei den Gelbrückenduckern (Cephalophus silvicultor), einer Antilopen-Art. Am heutigen Dienstag, 16. Mai 2023, hat das junge Weibchen zum ersten Mal gemeinsam mit seiner Mutter die Außenanlage erkundet. Die Kleine kam bereits am 15. März zur Welt und wurde in den letzten Wochen fürsorglich von ihrer Mutter im Stall aufgezogen. Das Duckerweibchen spielt eine wichtige Rolle für das europäische Zuchtprogramm und damit für den Erhalt der selten gehaltenen Art.

Gelbrückenducker werden aktuell nur in vier europäischen Zoos gehalten, darunter seit Anfang der 2000er-Jahre in Nürnberg. Nachwuchs gab es im Tiergarten bislang nicht, aber das änderte sich nun mit dem aktuellen Pärchen Callie und Max. Ihr Nachwuchs hat schon vor der Geburt viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Denn über Ducker ist generell nur sehr wenig bekannt. "Da es weltweit bislang nur wenige Geburten in Zoos gab, ist kaum Wissen über die Verpaarung, die Tragzeit und Aufzucht von Jungtieren vorhanden", sagt Kuratorin Diana Koch.

Behutsames Kennenlernen


Als das Weibchen Callie im Herbst 2021 in den Tiergarten kam, war es zunächst von Max getrennt. Die Zusammenführung der beiden im Sommer 2022 erfolgte besonders behutsam und unter ständiger Beobachtung durch Tierpflegerinnen und -pfleger, Biologinnen und Biologen sowie die Tiermedizin des Tiergartens.

"Das Verhalten von Duckern ist teilweise unberechenbar. In der Wildbahn halten sie sich meist im Dickicht auf und fliehen bei kleinsten Störungen ins Unterholz", erklärt Tierpfleger und Revierleiter Oliver Pürkel. "Damit sie sich auch bei uns zurückziehen können und sich keine Verletzungen zufügen, wenn sie aufschrecken, haben wir die Anlage mit speziellen Zäunen und Versteckmöglichkeiten gestaltet. Bei der Zusammenführung der beiden waren wir natürlich besonders vorsichtig."

Über Lautmessungen und Beobachtungen konnten die Expertinnen und Experten herausfinden, wann sich die Ducker in der Brunft befinden. "Zu diesen Zeiten haben wir sie gezielt zusammengelassen. Sobald das Interesse nachließ und sie sich gegenseitig jagten, wurden sie wieder getrennt", sagt Tierarzt und Kurator Dr. Hermann Will. "Auf diese Weise wissen wir auch ziemlich genau, wann Callie trächtig wurde und konnten damit eine Tragzeit von 260 Tagen errechnen – eine neue und wertvolle Information, die sicher auch anderen Zoos nutzen wird."

Neue Erkenntnisse bringen Forschung voran


Auch darüber hinaus liefert der Nachwuchs wichtige Erkenntnisse für die Erforschung der Art und über die Zucht, die in Europa aktuell aufgebaut wird. In europäischen Zoos leben aktuell nur neun Gelbrückenducker. Ende letzten Jahres wurde für die Art das europäische Zuchtprogramm EEP (EAZA Ex-situ Programme) eingeführt, das seither im Zoo Frankfurt koordiniert wird. Ziel des EEPs ist es, langfristig eine stabile selbsterhaltende Population aufzubauen und so die Art zu erhalten. "Mit den neuen Erkenntnissen tragen wir dazu bei, die Forschung zu den Gelbrückenduckern voranzubringen", sagt Kuratorin Diana Koch.

Oliver Pürkel und sein Team haben für das Weibchen auch schon einen Namen gefunden: Mtoto wa kwanza. "Der Name der Kleinen klingt vielleicht etwas ungewöhnlich, könnte aber passender nicht sein: Er bedeutet 'das erste Kind' in der afrikanischen Sprache Swahili, die im Lebensraum der Gelbrückenducker weit verbreitet ist", sagt Pürkel.

Scheue Regenwaldbewohner

Gelbrückenducker sind eine Unterfamilie der Hornträger und werden den Antilopen zugerechnet. Sie sind die größte Duckerart und können bis zu 80 Kilogramm wiegen. Deshalb werden sie auch Riesenducker genannt. Ihr Lebensraum sind die immergrünen Regenwälder Afrikas. Die Weltnaturschutzunion IUCN stuft den Gelbrückenducker derzeit als "potenziell gefährdet" ein, wobei die Bestände abnehmen. Gründe sind die Zerstörung der Wälder sowie unkontrollierte Jagd.

Auch wenn es viele Arten gibt, ist über Ducker nur wenig bekannt. Das hängt auch damit zusammen, dass sie in der Wildbahn kaum zu beobachten sind. Die Bezeichnung Ducker geht auf den niederländischen Begriff "duiker" zurück und bedeutet Taucher. Ähnlich wie beim Reh ist beim Ducker der hintere Teil des Rumpfs höher als die Schulter und die Wirbelsäule fällt nach vorne ab. So kann der Ducker auch im dichten Unterholz oder Gebüsch hindurchschlüpfen oder "tauchen".

Neben den Gelbrückenduckern hält der Tiergarten mit den Rotduckern (Cephalophus natalensis) noch eine weitere Duckerart. Sie sind unterhalb des Aquaparks auf einer Anlage gemeinsam mit einem Paradieskranich zu sehen.