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Aktuelles aus dem Tiergarten

Symposium zum Schutz des Jangtse-Glattschweinswals

Vom 21. bis 26. November 2019 trafen sich in Wuhan, China, chinesische und internationale Biologen, Tierärzte und Populationsmanager, um die Umsetzung des integrierten chinesischen Naturschutzaktionsplan (YFP-Plan) zur Rettung des hochbedrohten Jangtse-Glattschweinswal (Neophocaena asiaeorientalis ssp. asiaeorientalis) zu überprüfen. Der Workshop wurde durch das Institut der Hydrobiologie, der chinesischen Akademie für Wissenschaft und der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) organisiert. Der Tiergarten Nürnberg finanzierte den Workshop substantiell.

Bei dem Workshop ging es darum, die Vorgehensweise des YFP-Aktionsplans zu überprüfen, um sie beim Umgang mit bedrohten kleinen Walen weltweit anzuwenden. Dabei waren mehr als 50 Delegierte. Darunter 13 internationale Vertreterinnen und Vertretern aus sechs Staaten sowie Beamte der chinesischen Fischereiverwaltung, des chinesischen Ministeriums für Schutzgebiete, der nationalen Forst- und Grünlandverwaltung, des Instituts für Hydrobiologie und anderer regionaler Verwaltungen. Außerdem waren Mitglieder der Wal-Spezialisten Gruppe der IUCN-SSC, in-situ-Wissenschaftler, internationale zoologische Institutionen, Populationsbiologen der IUCN/CPSG sowie Meeressäugetier-Tierärzte und -biologen mit weitreichender Erfahrung in der Arbeit mit Delphinarten in Zoos und Aquarien dabei.

Der Workshop in China begann mit einer Zusammenfassung der Empfehlung des internationalen Workshops ESOCC, der im Dezember 2018 in Nürnberg stattfand. ESOCC wurde vom Tiergarten Nürnberg und der Artenschutzgesellschaft YAQU PACHA initiiert und organisiert.

„Das Symposium repräsentiert einen wichtigen Meilenstein für das Institut für Hydrobiologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaft (IHB), die die Initiative ergriffen hat, den Jangtse-Glattschweinswal vor dem Schicksal des Chinesischen Flussdelphins zu bewahren“, sagte Professor Wang Ding. „Das IHB wird seit über 20 Jahren von chinesischen und internationalen Forschungs- und Tierpflegespezialisten unterstützt. All dies hat zu dem Erfolg beigetragen, den wir heute sehen. Der Jangtse-Glattschweinswal wie auch die wichtigen Reservate, in denen die Art in relativer Sicherheit leben können, sind von höchster Priorität beim Ausbau der nationalen Biodiversitätsstrategie und des Naturschutzes in China“, so Professor Ding.

Bei dem Workshop erstellten die Teilnehmenden einen detaillierten Bericht, in dem die Bedeutung des One-Plan-Approach der Internationalen Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) für die Integration verschiedener Strategien für das Populations- und Lebensraum­management hervorgehoben wird. Das Konzept des One-Plan-Approach, das von der Conservation Planning Specialist Group (CPSG) der IUCN entwickelt wurde, umfasst das Management einer Tierart und ihres Ökosystems und die Bewirtschaftung wilder (in situ) und naturnaher Gebiete in intensiv betreuten (ex situ) Gebieten. „Integriertes Naturschutzmanagement umfasst viele Aktivitäten, die sich mit vielen Situationen menschlicher Eingriffe, Umweltmanagement und gezielter Pflege der Schweinswale befasst“, sagte Dr. Phil Miller, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei CPSG.

Positiv gestimmt wurden die Teilnehmenden dieses Workshops durch die Erfolge, die bei der Erhaltung des Jangtse-Glattschweinswal erzielt wurden. Anders verhält es sich jedoch bei dem südamerikanischen Vaquita. „Die Vaquita-Population in Mexico ist in den letzten sechs Jahren durch Beifang und durch legalen und illegalen Gebrauch von sogenannten Kiemennetzen zusammengebrochen, und das, trotz jahrelanger Bemühungen diese Praxis zu unterbinden. Doch erst 2016 fiel die Entscheidung, den restlichen Vaquitas zu fangen und in einem geschützten Areal in seinem natürlichen Lebensraum zu schützen. Da war diese Tierart schon kurz vor dem Aussterben. „Wir waren zu spät, um zu lernen wie man sich um diese Tiere kümmert, aber das, was wir nun zum Schutz des Jangtse-Glattschweinswals wissen, könnte die Antwort auf die Rettung des Vaquitas und auch anderer kleiner Walarten auf der ganzen Welt sein“, so Dr. Barbara Taylor, Mitglied des Lenkungsausschusses des Workshops und Leiterin des Genetikprogramms der National Oceanic and Atmospheric Association (NOAA).

„Die Situation des Jangtse-Glattschweinswal ist ein Beispiel dafür, wie durch einen integrierten Schutzplan eine Art gerettet werden kann. Dieser Plan war erfolgreich, da er sowohl den Schutz der Art in der Wildnis, als auch gezielte Unterstützung der Art durch den Menschen, in getrennten Abschnitten des Jangtse-Flusses umfasst. Wir möchten bereit sein, uns um andere kleine Walarten zu kümmern, die ähnlichen Bedrohungen und dem möglichen Aussterben ausgesetzt sind, indem wir hoffnungsvoll sind und für das beste Ergebnis arbeiten, aber auf das Schlimmste vorbereitet sind“, sagte Taylor.

Einzelheiten zu den empfohlenen Maßnahmen werden in einem Bericht des Workshops zusammen gefasst. Im Rahmen des One-Plan-Approach wurden folgende sechs Aufgaben bestimmt:

  • Festlegung eines Zielniveaus für das Populationswachstum für die natürliche, in-situ-Population und Ausarbeitung eines Monitorings Programms. Ziel des YFP-Aktionsplans ist es, dass die in-situ Population sich so schnell wie möglich erholt. Die maximale Wachstumsrate für die Population könnte etwa 5-7% pro Jahr betragen. Die realistische Wachstumsrate könnte geringer sein, wenn nicht alle Bedrohungen beseitigt werden. Präzise Überprüfungen in regelmäßigen Abständen werden definitiv zeigen, ob die Population wächst. Es ist wichtig realistische Erwartungen zu haben, damit die Notwendigkeit eines langfristigen Monitorings erkannt wird.
  • Unterstützung der Monitoring-Initiativen über die lokale Bevölkerung und Durchsetzung von Gesetzen, die vor allem die illegale Fischerei beenden. Diese illegalen Aktivitäten könnten die Effektivität aller Erhaltungsmaßnahmen reduzieren.
  • Überprüfung der Gesundheit der Schweinswalpopulation. Schweinswale, die im Hauptstrom des Jangtse Flusses und den Poyang- und Dongting-Seen leben und an ex-situ-Reservate angrenzen, sollten alle zwei Jahre überwacht und auf gesundheitliche Aspekte wie Krankheiten, Fortpflanzungsversagen und Kontamination mit Schwermetallschadstoffen überprüft werden.
  • Bestimmung der benötigten ex-situ Populationsgröße, die zur Erreichung der Ziele des Aktionsplans erforderlich ist. Populations­lebensfähigkeitsanalysen und eine genetische Modellierung können dazu dienen, die für das Überleben notwendige Größe der ex-situ-Population abzuschätzen. Diese Informationen dienen der Regierung bei der Entscheidung, wie viele naturnahe Reservate erforderlich sind, um eine abgesicherte Population von Schweinswalen fern von den Hauptflüssen und -seen zu managen.
  • Schaffung neuer ex-situ Reservate. Wenn die Tragfähigkeit der drei festgestellten Reservate geringer ist als die Größe der ex-situ-Population, die zur Erreichung der Ziele des YFP-Aktionsplans erforderlich ist, sollten zusätzliche Reservate eingerichtet werden. Außerdem sollte die ex-situ-Population von Schweinswalen gemanagt werden, um sicherstellen, dass die Population zur angesetzten Zielpopulation wächst.
  • Entwicklung einer detaillierten Strategie, um das Wachstum der ex-situ-Population schnellstmöglich zu steigern, und den Verlust an genetischer Diversität zu verringern. Dieses Ziel könnte erreicht werden, wenn Individuen von einem naturnahen Reservat in ein anderes überführt werden. Da das Populationswachstum endet, wenn eine Population ihre Tragfähigkeit erreicht, kann ein schnelles Populationswachstum erreicht werden, indem Tiere vor Erreichen der Tragfähigkeit aus einem Reservat weitergegeben werden.

„Es ist wichtig zu verstehen, dass ex-situ Managementtechniken, die für das Artenschutzmanagement angewendet werden, Translokation, Rehabilitation, unterstützendes Management in Lebensräumen, veränderte Lebensräume sowie Zoo- und Aquarium-Management umfassen, aber nicht darauf beschränkt sind. Wir unterstützen und befürworten Personen und Organisationen, die sich dafür einsetzen, diese Arten in der Wildnis zu erhalten. Wir schätzen die Informationen, die sie teilen können, und glauben, dass ein integrierter One-Plan-Approach die Bemühungen zur Erhaltung dieser Arten stärken wird “, sagte Dr. Bernd Würsig, Abteilung für Meeresbiologie, Texas A & M University, Galveston, TX, USA.

„Die Erfahrungen mit dem Schutz des Östlichen Glattschweinswal in China wird eine Inspiration für den Schutz der Süßwasserdelphine der Welt sein, die in riesigen Flusseinzugsgebieten mit ähnlichen Herausforderungen leben. Durch den Schutz dieser bedrohten Arten werden wir das gesamte Flusssystem schützen, damit Mensch und Natur gedeihen können“, so WWF International Direktorin Daphne Willem.

Mitorganisatoren neben den eingangs genannten Organisatoren waren die Leitungen des Hubei Tian-e-Zhou Baiji, Hubei Yangtze Xinluo Baiji, Hubei Jianli He-wang-miao und Hunan Huarong Jichengyuan Nationalparks, die Wuhan Baiji Naturschutzstiftung, der WWF, die One Planet Foundation wie auch die National Marine Mammal Foundation aus San Diego, USA. Zu den unterstützenden Organisationen gehörten das Amt für Fischereiverwaltung des Ministeriums für Landwirtschaft und ländliche Angelegenheiten, die Abteilung für Schutzgebiete, die Staatliche Forst- und Grünlandverwaltung (alle China), die National Aquatic Wildlife Conservation Association (China), der Tiergarten Nürnberg und die im Tiergarten Nürnberg ansässige Gesellschaft zum Schutz wasserlebender Säugetierarten Lateinamerikas Yaqu Pacha e.V.