Neuzugang bei den Fischkatzen im Tiergarten
Die Fischkatzen im Tiergarten Nürnberg sind wieder zu zweit: Vergangene Woche ist mit Kumi ein Weibchen aus dem Zoo Duisburg in den Tiergarten...
Auswilderungen gehören zu den spektakulären Ereignissen im Natur- und Artenschutz: Wenn eine Tierart dort wieder in die Natur entlassen wird, wo sie in den Jahrzehnten zuvor durch menschlichen Einfluss ihren Lebensraum verloren hatte, bewegt das viele. Ein Höhepunkt, der jahrelang vorbereitet wird – in einigen Fällen auch vom Tiergarten der Stadt Nürnberg.
Denn für eine gelungene Auswilderung bedarf es eines stetigen und ausdauernden Zusammenspieles zahlreicher Profis verschiedener Fachrichtungen und der Bevölkerung vor Ort. So auch bei dem gemeinsamen Bartgeier-Auswilderungsprojekt des bayerischen Naturschutzverbandes LBV, Tiergartens der Stadt Nürnberg, der Vulture Conservation Foundation (VCF) und des Nationalparkes Berchtesgaden: Biologen, Tierpfleger, Züchterinnen und Zuchtkoordinatoren bereiten den großen Moment jahrelang vor. Projektbeteiligte vor Ort beobachten die Tiere, ihre Entwicklung und Fortpflanzung im Nachhinein.
Und bei all dem spielt die Bevölkerung eine essentielle Rolle: Ohne deren Akzeptanz und Unterstützung kann ein solches Projekt kaum gelingen. Denn erfolgreich ist eine Auswilderung erst dann, wenn die Tiere in einem nachhaltig geschützten Lebensraum eine stabile Population aufgebaut haben.
Woher kommen die ausgewilderten Tiere?
Je nach Art muss eine Tierpopulation in menschlicher Obhut zwischen 150 und 400 Tiere umfassen, ehe einzelne davon für Auswilderungsprojekte abgegeben werden können. Bei diesen sogenannten ex situ-Populationen, also solchen, die außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes gehalten und gezüchtet werden, achten Zoos, Zuchtstationen und private Halter darauf, dass sie genetisch vielfältig wachsen.
Grundlage für diese gezielte Zucht ist die weltweite Tierdatenbank ZIMS, in die in diesem Jahr 1.200 Mitglieder in 99 Ländern die Daten ihrer Tiere einspeisen. Zuchtbuchkoordinatorinnen und –Koordinatoren verwalten mit diesem Instrument 22.000 Arten mit über zehn Millionen Individuen.
Die Koordinatorinnen einer jeden Art entscheiden, welche Tiere zusammenkommen, um gesunde Nachkommen zu zeugen – dies über Ländergrenzen und Einrichtungen hinweg. Innerhalb des Europäischen Zooverbandes EAZA gibt es derzeit knapp 420 Zuchtbuchkoordinatoren.
Die Zuchttiere müssen 365 Tage im Jahr versorgt werden – ein erheblicher personeller und finanzieller Aufwand, der einiges an Wissen um den Umgang mit den Tieren und ihre Haltung voraussetzt.
Welche Tiere werden ausgewildert?
Bei den Bartgeiern sind es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vulture Conservation Foundation (VCF), die das Zuchtprogramm EEP (EAZA ex situ programme) koordinieren. Sie haben für die diesjährige Auswilderung zwei Jungtiere aus einer Zuchtstation im andalusischen Guadalentín ausgewählt.
Auch bei der Auswilderung ist es wichtig, dass "Individuen ausgewildert werden, die genetisch im Zuchtprogramm gut repräsentiert sind und außerdem genetisch ungleich, die also gut zueinander passen", sagt der biologische Leiter und stellvertretende Direktor des Tiergartens Nürnberg, Jörg Beckmann. Zudem kommen nur gesunde und junge Tiere in Frage, die frei von Parasiten sind.
Auf welcher Grundlage fußen erfolgreiche Auswilderungen?
Experten der Weltnaturschutzunion IUCN haben einige Kriterien festgelegt, die Auswilderungsprojekten zugrunde liegen sollen. Zum Beispiel müssen die Gründe, die zum lokalen Aussterben einer Art geführt haben, eindeutig und beseitigt oder zumindest auf ein sehr niedriges Niveau reduziert worden sein. Auch die für Auswilderungen gezüchteten Tiere müssen aus genetischer Sicht und vom Verhalten her geeignet sein.
Für die Halter und Züchter der Tierarten, die für Auswilderungen in Frage kommen, gelten strenge Anforderungen, die in Deutschland unter anderem im Artenschutzrecht festgehalten sind. Zoologische Gärten unter wissenschaftlicher Leitung sind hier verlässliche Partner für koordinierte Artenschutz- und Auswilderungsprojekte.
Wer arbeitet an erfolgreichen Auswilderungen mit?
Erfolgreiche Auswilderungen sind ohne die Bevölkerung vor Ort nicht möglich. Nur, wenn sie von den Bemühungen, eine Art wieder anzusiedeln oder besonders zu schützen, überzeugt ist und bereit, sie mitzutragen, können Auswilderungsprojekte dauerhaft erfolgreich sein.
Im Vorfeld einer Auswilderung leisten Tierpflegerinnen, Biologen, Tierärzte und Zuchtbuchkoordinatoren eine aufwendige und kostspielige Vorarbeit, indem sie Tiere halten, züchten, sie versorgen und so miteinander verpaaren, dass eine gesunde Population heranwächst.
In die Auswilderung selbst sind Artenschützer vor Ort, sowohl Nichtregierungsorganisationen als auch staatliche Stellen wie Naturschutzbehörden, involviert.
Im Nachhinein werten Projektbeteiligte vor Ort zusammen mit den Artenschützern in zoologischen Gärten und Zuchtstationen den Erfolg eines Auswilderungsprojektes aus. Letztere züchten dabei zugleich die neuen Generationen für zukünftige Auswilderungsprojekte heran.