Vier Tage lang hat sich im brasilianischen Icapuí alles um den Schutz von Seekühen gedreht. Mitte Oktober fand dort ein internationaler Workshop der Alliance for Manatees statt, der Fachleute aus ganz Südamerika zusammenbrachte. Mit Dr. Lorenzo von Fersen, Kurator für Forschung und Artenschutz im Tiergarten Nürnberg und Vorsitzender der Artenschutzgesellschaft YAQU PACHA e.V., war auch der Tiergarten dfederführend beteiligt. Der Verein der Tiergartenfreunde e.V. unterstützte den Workshop finanziell. Es war das erste Mal, dass ein solches Treffen in Südamerika stattfand.
23 Expertinnen und Experten aus 19 führenden Institutionen und sechs südamerikanischen Ländern nahmen teil, um den dringenden Schutzbedarf der Karibik-Manatis (Trichechus manatus manatus) zu diskutieren. Vier Tage lang führten sie fachliche Diskussionen, werteten aktuelle wissenschaftliche Daten zu Lebensräumen aus, bewerteten bestehende Bedrohungen und entwickelten Schutzmaßnahmen. Ein zentrales Ziel der Veranstaltung war es, Habitatkarten zu verfeinern und kritische Gebiete zu identifizieren, die sofortigen Schutz benötigen.
Zahlreichen Bedrohungen ausgesetzt
Karibische Manatis, auch Seekühe genannt, sind sanfte, langsam schwimmende Meeressäuger. Sie leben hauptsächlich in flachen Küstengewässern, Flussmündungen und Binnengewässern Südamerikas. Indem sie Wasserpflanzen abweiden und so die Wasserqualität verbessern, spielen sie eine wichtige Rolle in ihren Ökosystemen. Die in Südamerika vorkommende Unterart wird von der Weltnaturschutzunion IUCN aktuell als "gefährdet" eingestuft. Sie ist unterschiedlichsten Bedrohungen ausgesetzt: Klimawandel, Lebensraumverlust, Verletzungen durch Boote. Ihr Überleben hängt entscheidend von aktiven Schutzmaßnahmen ab, die ihren Lebensraum sichern und menschliche Einflüsse kontrollieren.
Dr. Carol Meirelles, Manati-Expertin und Research Associate an der Marine Mammal Research Unit (MMRU) der University of British Columbia, organisierte und leitete den Workshop. "Der Workshop brachte Fachleute mit direkten Daten und Informationen zusammen, die zuvor nie geteilt wurden. So konnten wir feststellen, wo Manatis noch vorkommen und wo sie bedroht sind", sagte Dr. Meirelles.
Prof. Andrew Trites, Direktor der MMRU, förderte durch seine Moderation den kooperativen Geist der Veranstaltung: "Es war wirklich bemerkenswert, eine so vielfältige Gruppe von Manati-Fachleuten aus ganz Südamerika an einem Ort zu sehen und zu erleben, wie wichtig es ist, dass sie mit einer Stimme sprechen, um die Manatis in ihren Heimatländern zu schützen."
Gemeinsame Verantwortung für Südamerika
Das Bündnis konzentriert sich auf die Manati-Populationen in Kolumbien, Venezuela, Guyana, Surinam, Französisch-Guyana und Brasilien – Regionen, in denen der Umweltschutz unterschiedlich stark ausgeprägt ist. "Die karibischen Manatis gehören keinem einzelnen Land", sagt Prof. Trites. "Sie sind eine gemeinsame Verantwortung für ganz Südamerika. Alle Länder müssen sich zusammentun, um ihr Überleben zu sichern."
Der Schutz des Manatis hat auch über die Grenzen Südamerikas hinaus einen hohen Stellenwert: Partner wie die Pairi Daiza Foundation aus Belgien und der Tiergarten Nürnberg mit der ihm angegliederten Artenschutzgesellschaft YAQU PACHA e.V. und dem Verein der Tiergartenfreunde Nürnberg e.V. setzen sich für die bedrohten Meeressäuger ein. Mit ihrer finanziellen Unterstützung ermöglichten sie den Workshop. "Wir wollten einen Beitrag zum langfristigen Schutz der Manatis leisten und sind stolz darauf, die Bemühungen der Alliance zu unterstützen", sagt Dr. Catherine Vancsok, wissenschaftliche Direktorin der Pairi Daiza Foundation und eine der Hauptsponsoren des Workshops.
Zoos als wichtige Säule des ganzheitliches Artenschutzes
Dr. Lorenzo von Fersen betonte die Verantwortung der europäischen Institutionen, aktiv zum Schutz der Manati-Populationen beizutragen. Als Koordinator des Erhaltungszuchtprogramms für Manatis (EAZA Ex-situ-Programm, EEP) sieht er in der Unterstützung der Alliance for Manatees eine einzigartige Möglichkeit, Wissen und Ressourcen zu bündeln, um das langfristige Überleben der Manatis zu sichern. "Die Beteiligung von Zoos unterstreicht die Bedeutung des IUCN One Plan Approach als ganzheitliche Strategie für den Artenschutz. Die zoobasierte Forschung liefert wichtige Daten über Gesundheit, Verhalten und Fortpflanzung, die den Wildpopulationen zugutekommen."
Dr. von Fersen lobte das starke Engagement aller Beteiligten: "Was mich beeindruckt hat, war die Bereitschaft der Teilnehmenden, ihre Daten und ihr Wissen für ein gemeinsames Ziel zu teilen. Diese offene Zusammenarbeit und der Wissensaustausch sind genau das, was wir für effektive Schutzstrategien brauchen. Es stärkt meine Zuversicht, dass wir gemeinsam einen echten Beitrag zur Erhaltung dieser bedrohten Art leisten können."
Das MMRU wird die Erkenntnisse des Workshops nutzen, um die aktuellen Manati-Lebensraumkarten zu aktualisieren, damit sie weiterhin als Grundlage für den Schutz dieser Art dienen können. Das internationale Team von Manati-Fachleuten wird in den kommenden Monaten in Online-Meetings weiter zusammenarbeiten, um eine umfassende Prioritätenkarte für den Manati-Schutz in Südamerika zu erstellen.
Ermöglicht wurde der Workshop durch die logistische Unterstützung von Aquasis, einer brasilianischen gemeinnützigen Organisation zum Schutz der Meere. Die Alliance for Manatees ist ein Projekt der Marine Mammal Research Unit am Institute for the Oceans and Fisheries der University of British Columbia und wird von verschiedenen Partnern unterstützt, darunter dem Tiergarten Nürnberg, der Pairi Daiza Foundation, YAQU PACHA e.V., dem Verein der Tiergartenfreunde Nürnberg e.V. und der IUCN Species Survival Commission.