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Vergesellschaftung im Tiergarten

Im Tiergarten der Stadt Nürnberg teilen sich die Panzernashörner jetzt ihre Anlage mit einer Hirschziegenantilope. Wie selbstverständlich steht die feingliedrige Antilope zwischen den beiden mächtigen Nashörnern Sofie und ihrem Sohn Sanjai. Diese Vergesellschaftung ist für die Tiere eine Bereicherung ihres Alltags und für die Besucherinnen und Besucher ein spannendes Bild.

War es zu Dürers Zeiten noch üblich, spektakuläre Einzeltiere wie das berühmte Panzernashorn durch Europa zu transportieren und vorzuführen, folgten Tierhaltungen an Schlössern und anderen Herrschaftshäusern. Durch die Innovationen des Hamburgers Carl Hagenbeck wurden Tiere ab Anfang des letzten Jahrhunderts in einer annähernd artgerechten, der Natur nachempfundenen Umgebung gezeigt. Wie in der Natur leben die Tiere in einem vielfältigen Beziehungsgefüge mit ihrer Umwelt. Bei den Kontakten zwischen den Tieren spielen neben den Artgenossen auch andere Arten eine manchmal sogar lebenswichtige Rolle.

Bietet die Haltung in nach Arten getrennten Gehegen ein hohes Maß an Sicherheit für die einzelnen Tiere, erkannte man bereits frühzeitig den Wert einer Vergesellschaftung verschiedener Arten für die Besucherinnen und Besucher. Wurden im alten Nürnberger Tiergarten die Tierarten überwiegend noch getrennt gehalten oder aus verschiedenen Erdteilen zusammengelegt, entwarfen die Erbauer des heutigen Tiergartens am Schmausenbuck (1937-1939) die indische, die amerikanische und die afrikanische Steppe als Gemeinschaftsanlagen. Wie auch heute noch vermittelte der Anblick einer Zoolandschaft mit Zebras, Straußen und Antilopen (früher Gnus und Blessböcke, heute Elenantilopen) stärker den Eindruck einer afrikanischen Savanne als bei einzeln gehaltenen Arten.

Heute gilt es als gesichert, das aus Tiersicht eine gute Vergesellschaftung positive Reize für das Wohlbefinden des Tiers und die Leistungsfähigkeit des zentralen Nervensystems fördert. Hier wird die Vergesellschaftung als eine von vielzähligen Beschäftigungsmöglichkeiten verstanden. In vielen europäischen Zoos leben daher die Nashörner mit anderen Tierarten zusammen. Im ungarischen Nyiregyhaza etwa lebte der derzeitige Zuchtbock der Takine mit seinem Bruder bei den Panzernashörnern.

 Tatsächlich ist es jedoch nicht notwendig, dass die betreffenden Arten auch in der Natur zusammen leben, um die Vorstellungskraft der Besucher anzuregen. Aus didaktischen Gründen sollten die vertretenen Tierarten jedoch aus der gleichen geografischen Region stammen.

In Vergesellschaftungen mit regelmäßigen Interaktionen zwischen den Arten ist es nötig, der potentiell unterlegenen Art genügend Rückzugsmöglichkeiten und damit Sicherheit zu bieten, damit diese nicht unter einer Dauerbelastung leben müssen.

Da das gemeinsame Ziel aller Artenschützer der Erhalt der biologischen Vielfalt und deren Lebensräume ist, hat der Tiergarten die neuen Anlagen wie Mediterraneum, Erdmännchenanlage, Bartgeiervoliere oder Manatihaus als Ausschnitte aus den unterschiedlichen Lebensräumen konzipiert. Hier haben die Pflanzen den gleichen Stellenwert wie die Tiere, wobei dies aus klimatischen Gründen deutlich schwerer ist, da Pflanzen üblicherweise weit empfindlicher sind als warmblütige Wirbeltiere. Obwohl das Manatihaus mit über 100 Pflanzen- und über 50 Tierarten bereits einen vielfältigen Eindruck bietet, ist es schon aus Platzgründen nur ein winziger Teil der Vielfalt im Amazonasbecken.