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Alarmstufe Rot für den La Plata Delphin

In Argentinien, Brasilien und Uruguay sterben schätzungsweise 3.000 La Plata Delphine (Pontoporia blainvillei) pro Jahr in Fischereinetzen. Um diesen zunehmend Besorgnis erregenden Gefährdungsstatus des La Plata Delphins zu thematisieren, fand vom 3. bis 6. November 2019 der erste „ESOCC Franciscana Workshop“ in der Stadt San Clemente del Tuyu, Argentinien statt. ESOCC steht für Ex-situ options for Cetacean Conservation. Dieses Arbeitstreffen wurde von der Argentinischen Fundación Mundo Marino und der im Tiergarten der Stadt Nürnberg beheimateten Artenschutzgesellschaft YAQU PACHA organisiert.

An dem Workshop nahmen internationale Experten, unter anderem von der IUCN (International Union for Conservation of Nature), dem VAQUITA CPR, der National Marine Mammal Foundation, Wissenschaftler, Tierärzte, Vertretern des Ministeriums für Umwelt und nachhaltige Entwicklung, der Direktion für Fischerei und Aquakultur der Provinz Buenos Aires, wie auch mit Vertretern lokaler und regionaler Nichtregierungsorganisationen teil. Die teilnehmende Forscher, die seit Jahren mit dem La Plata Delphin arbeiten, kamen aus Argentinien, Brasilien, Uruguay, Frankreich, Niederlande, Mexiko, Deutschland und den Vereinigten Staaten.

 

Die größten Probleme sehen die Experten in den hohen Beifangzahlen. Obwohl die Gesamtpopulation mit etwa 30.000 bis 35.000 Tieren als umfangreich gilt, weist die hohe Beifangquote des La Plata Delphins auf eine nicht nachhaltige Fischereipraxis hin. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN wird der La Plata Delphin als "gefährdet" eingestuft. Aktuelle Studien gehen davon aus, dass der Beifang auf regionaler Ebene dazu führt, dass Populationen entweder ganz verschwunden sind oder stark dezimiert wurden. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Populationen im nächsten Jahrzehnt aussterben.

Dr. Barbara Taylor, IUCN-Beraterin, ist " um den La Plata Delphin besorgt“ und fügt hinzu, dass "wir überall auf der Welt sehen, welche Probleme kleine Walarten haben. Eine große Gefahr geht von den Fischernetzen aus. Viele Arten sind davon betroffen, auch der La Plata Delphin.“ Tatsächlich haben wir nach Ansicht von Taylor "kein Recht, Arten zum Aussterben zu zwingen. Dies ist ein moralischer Imperativ."

Dr. Phil Miller von der IUCN Conservation Planning Specialist Group erklärte: "Wir müssen sehr vorsichtig mit diesen Populationen umgehen und proaktiv die besten Praktiken für ihren Schutz ermitteln." Er fügte hinzu: "Wir müssen proaktiver und reaktiver sein, um uns nicht in einer Situation wiederzufinden, in der nur noch 30 Tiere übrig sind und wir nicht genug wissen, um erfolgreich einzugreifen."

Einer der Gründe, warum diese Delphinart von den Menschen bedroht wird, ist sein angestammter Lebensraum in Küstengebieten. Das sind Gewässer, die nicht tiefer als 30 oder 35 Meter sind. Somit ist diese Delphinart besonders anfällig gegenüber der Küstenfischerei und der Belastung durch die zunehmende Lebensraumzerstörung (beispielsweise Chemikalien und Lärm). Eine Studie des Biologen Pablo Denuncio von der Forschungsgruppe für Meeressäugerbiologie, Ökologie und Naturschutz der Nationalen Universität von Mar del Plata zeigte, dass 30% der La Plata Delphine, die in der Region um die Provinz Buenos Aires analysiert wurden, versehentlich Meeresmüll aufgenommen hatten.

Nach Angaben der Fundación Mundo Marino ist die Zahl der zwischen 2006 und 2018 gestrandeten La Plata Delphine (139 Tiere) im Vergleich zum Jahresdurchschnitt von 1987 bis heute besorgniserregend angestiegen. „Es ist sehr wichtig zu verstehen, was mit dem La Plata Delphin geschieht, denn obwohl es sich um einen bekannten Vertreter der Zahnwale der Region handelt, hat die lokale Bevölkerung nur wenig Kenntnis. Genau diese Problematik wurde unter Anderem während des Workshops thematisiert. Es müssen Forschungs- und Umweltbildungs­strategien entwickelt werden, mit der alle regionalen und internationalen Fachgruppen koordiniert für den Erhalt dieser Art arbeiten können“, erklärte Sergio Rodríguez Heredia, Biologe und Leiter des Rettungs- und Rehabilitationszentrums der Fundación Mundo Marino.

Dr. Lorenzo von Fersen, Erster Vorsitzender der Artenschutzgesellschaft Yaqu Pacha, machte deutlich: „Wir müssen die Auswirkungen des Beifangs evaluieren: „Wie viele Tiere enden jährlich in Fischernetzen? Kann die Art diese Verluste verkraften: Ja oder Nein. Wir sind nicht gegen die Fischerei, aber falls der Beifang eine Überlebensgefahr für die Art darstellt, müssen wir handeln.“ Eine Strategie zur Beifangminderung könnte zum Beispiel darin bestehen, andere Fischfangmethoden zu benutzen oder akustische Alarme in den Netzen zu verwenden.

Prof. Eduardo Secchi, Forscher am Labor für Ökologie und Erhaltung der Meeresfauna der Bundesuniversität von Rio Grande, Brasilien, erklärte, dass die ersten wissenschaftlichen Aufzeichnungen über La Plata Delphine-Beifang aus den 1940er Jahren stammen und in Uruguay gemacht wurden. Seitdem ist die Anzahl der Beifänge ständig gewachsen und alles deutet darauf hin, dass einige lokale Populationen auf das Aussterben zusteuern. "Der La Plata Delphin ist der einzige Vertreter der Familie Pontoporiidae. Sollte er aussterben, verlieren wir eine ganze Evolutionslinie, was einen unkalkulierbaren Verlust für die biologische Vielfalt des Planeten bedeutet", sagte Secchi.

Der Workshop zielte darauf ab, die Populationsdaten des La Plata Delphins zu bündeln, fehlende Informationen zu ermitteln und gemeinsame Bedrohungen zu analysieren. Da es immer wieder zu Lebendstrandungen kommt, wurde im Workshop die Rehabilitation angesprochen. Veterinärmedizinisches Wissen für die Rehabilitation und Behandlung dieser Tiere im Falle einer Strandung oder eines versehentlichen Fangens in Fischernetzen wurde ausgetauscht. Ein standarisiertes Rehabilitations-Protokoll soll in den nächsten Wochen entworfen werden. Die wichtigsten Erkenntnisse, relevante Empfehlungen und zukünftige Entwicklungen bezogen auf den Schutz des La Plata Delphins, sollen in einem Bericht zusammengefasst und publik gemacht werden.