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Tiergarten wildert Ziesel in Tschechien aus

Am vergangenen Freitag, 15. Juli 2022, hat der Tiergarten Nürnberg sechs Europäische Ziesel (Spermophilus citellus) in Tschechien ausgewildert. Ursprünglich war die Nagetierart in weiten Teilen Europas verbreitet – auch in Deutschland. Inzwischen kommen Ziesel nur noch in kleinen Gebieten Mittel- und Osteuropas vor. Die Weltnaturschutzunion IUCN stuft die Art als "stark gefährdet" ein. Insgesamt wurden bei der Aktion vergangene Woche 32 Ziesel ausgewildert. Die anderen Tiere kamen aus dem Opel-Zoo Kronberg und dem schwedischen Zoo Nordens Ark. Die Auswilderungsaktion fand bereits das vierte Jahr in Folge statt.

Die sechs Ziesel aus Nürnberg, zwei Männchen und vier Weibchen, sind in diesem Jahr im Tiergarten geboren und aufgewachsen. Wenige Tage vor der Auswilderung wurden sie eingefangen und kamen in ein Zwischenquartier im Tiergarten. Am Freitag ging es dann in einer Transportbox weiter nach Tschechien.

Projekt mit vielen Partnern

Die diesjährige Auswilderung fand in Kooperation mit dem Museum Karlovy Vary, der Agentura ochrany přírody a krajiny ČR (Agentur für Natur- und Landschaftsschutz der Tschechischen Republik), dem südböhmischen Zoo Hluboká, dem schwedischen Zoo Nordens Ark und dem Opel-Zoo Kronberg im Taunus statt. Der Opel-Zoo wilderte sieben Ziesel aus, der Zoo Nordens Ark 19 Ziesel. Die Tiere aus Schweden wurden über den Zoo Hluboká angeliefert. Zusammen mit den sechs Tieren aus Nürnberg haben damit insgesamt 32 Ziesel eine neue Heimat bekommen. Ausgewildert wurden die Nagetiere im Böhmischen Mittelgebirge am Fuße des Berges Milá. Seit mehr als 60 Jahren besteht dort ein Naturreservat. An dieser Stelle hatten die Projektpartner bereits Ziesel ausgewildert – damals unter Beisein des tschechischen Ministerpräsidenten.

Vor Ort wurden die Ziesel in Auswilderungsboxen gesetzt, in denen sie Unterschlupfmöglichkeiten und Futter fanden. Aus diesen Gitterboxen konnten sie sich dann in den folgenden Tagen herausgraben. Der Vorteil der Boxen: Die Tiere haben zunächst einen sicheren Bau und werden davon abgehalten, direkt nach der Auswilderung unvorsichtig davonzurennen und möglicherweise gleich gefressen zu werden.

Tiergarten seit vielen Jahren an Ziesel-Auswilderung beteiligt

Seit 2014 hat der Tiergarten Nürnberg insgesamt 116 Ziesel ausgewildert. "Projekte wie diese müssen langfristig angelegt werden – besonders bei Arten wie den Zieseln, die in der Nahrungskette weiter unten stehen, und die von Natur aus regelmäßig gefressen werden. Auswilderungen haben auch das Ziel, genau diese natürlichen Prozesse wiederherzustellen", sagt Jörg Beckmann, biologischer Leiter und stellvertretender Direktor des Tiergartens Nürnberg. "Mit der Zucht und Auswilderung der Ziesel können wir dazu beitragen, den Bestand der Tiere in Tschechien zu stützen. Aktionen wie diese sind ein gutes Beispiel dafür, wie die Zusammenarbeit zwischen Zoos und Naturschutz gelingen kann."

Ziesel sind kleine, etwa 200 bis 400 Gramm schwere Nagetiere, die sonnige und niedrig bewachsene Lebensräume wie Trockenrasen bevorzugen. Dazu gehören auch menschengemachte Lebensräume wie Flugfelder oder Golfplätze. Diese wurden bereits von Nürnberger Zieseln in Tschechien besiedelt. Das Ziel der Auswilderungsaktion ist es, die bestehenden, räumlich getrennten und zum Teil nur wenig vitalen Kolonien der Region zu verstärken und wieder zu vernetzen. Dabei soll auch ein genetischer Austausch stattfinden. Unter Umständen ist so zukünftig auch eine Einwanderung von Zieseln nach Deutschland möglich. Dort kam die Tierart noch bis in die 1980er Jahre im Erzgebirge vor.

In vielen Zieselkolonien in Tschechien führte der nasse Sommer 2021 zu starken Verlusten. Bei Nagetieren mit hoher Vermehrungsrate sind derartige Schwankungen allerdings normal. Stabil blieb die Zieselkolonie auf dem Golfplatz von Karlovy Vary (Karlsbad). Dort ist der Boden aufgrund der Geologie und des Golfplatzes gut drainiert, sodass Wasser besser ablaufen kann.

Mehrere Zieselkolonien im Tiergarten

Im Tiergarten sind die Europäischen Ziesel unter anderem im Mediterraneum zu sehen. Daneben gibt es noch eine zweite Kolonie, die im östlichen Teil des Tiergartens bei der oberen Nashornanlage lebt. Durch diese beiden Kolonien kann der Tiergarten mehr Tiere halten und Nachzuchten für die Wiederansiedelung zur Verfügung stellen.

Auch bei anderen Tierarten ist der Tiergarten Nürnberg regelmäßig an Auswilderungsaktionen beteiligt. So zum Beispiel am Bartgeier-Auswilderungsprojekt in Berchtesgaden, bei der Wiederansiedlung von Alpensteinböcken in Österreich oder bei der Auswilderung von Europäischen Sumpfschildkröten in Hessen.