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Tiergarten-Vortrag: Wie viel Pavian steckt im Mensch?

Wie kommunizieren Paviane miteinander? Was macht die sozialen Systeme von Primaten so besonders? Und welche Herausforderungen bringt ihre Erforschung im Freiland mit sich? Um diese und viele weitere Fragen dreht sich der Vortrag von Prof. Dr. Julia Fischer am Donnerstag, 8. Dezember 2022, im Tiergarten. Die Wissenschaftlerin leitet die Abteilung Kognitive Ethologie am Deutschen Primatenzentrum (DPZ) und die Abteilung für Primatenkognition an der Georg-August-Universität Göttingen. Ihr Vortrag mit dem Titel "Zur sozialen Evolution von Primaten: Einblicke aus der Pavianforschung" startet um 19.30 Uhr im Naturkundehaus des Tiergartens. Der Vortrag ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Der Einlass erfolgt über den Haupteingang.

Sie sind die engsten Verwandten des Menschen, leben in komplexen sozialen Beziehungen und verfügen über hohe geistige Fähigkeiten: Primaten. Im Vergleich zu anderen Primatenarten stechen besonders die Paviane hervor. Sie haben im Laufe der Evolution eine große Anpassungsfähigkeit und unterschiedlichste Sozialsysteme entwickelt. Das macht sie für Forschende zu einem wichtigen Modell, um komplexe evolutionäre Prozesse zu untersuchen.

Forschungslücke bei Gunieapavianen

Die sozialen Systeme von Primaten sind bemerkenswert vielfältig und spielen daher eine zentrale Rolle für das Verständnis der sozialen Evolution. Obwohl die Gattung der Paviane in diesem Kontext immer eine große Bedeutung hatte, war über das westlichste Mitglied der Gattung, die Guineapaviane (Papio papio), nur wenig bekannt. Um diese Forschungslücke zu füllen, gründete das DPZ 2007 die Feldstation Simenti im Niokolo Koba Nationalpark im Senegal. Dort erforscht das Team um Prof. Dr. Julia Fischer Guineapaviane in einem Langzeitprojekt.

In ihrem Vortrag wird Prof. Dr. Julia Fischer zunächst die wichtigsten Ergebnisse der ersten zehn Jahre Freilandforschung zusammenfassen. Dabei erläutert sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Guineapavianen und anderen Pavianarten und bettet die Ergebnisse in theoretische Überlegungen zur Evolution von Sozialsystemen ein. Im Anschluss erklärt Prof. Dr. Fischer, wie das Sozialsystem, die Kommunikation und die Intelligenz der Tiere zusammenhängen. Während der Arbeit im Senegal ist das Forschungsteam auch immer wie der mit den verschiedensten Herausforderungen konfrontiert. Auch dies wird Teil des Vortrags sein.

"Die Erforschung der Entstehungsgeschichte der Paviane und ihr Leben in komplexen Gesellschaften ermöglicht uns ein besseres Verständnis unserer eigenen sozialen Evolution", sagt Prof. Dr. Julia Fischer. "Ich freue mich, die Erkenntnisse aus unserer Forschungsarbeit im Tiergarten Nürnberg vorstellen zu dürfen – zumal der Tiergarten für uns auch ein Partner im Bereich der Pavianforschung ist."

"Neben Erholung, Bildung und Artenschutz gehört Forschung zu den Hauptaufgaben von Zoos. Wir bieten aufgrund unseres Tierbestands nicht nur einmalige Forschungsmöglichkeiten, sondern freuen uns auch immer über darüber hinausgehende Kooperationen. Mit dem DPZ haben wir einen wissenschaftlich exzellenten Partner, was uns ausgesprochen freut und auch ehrt", sagt Jörg Beckmann, Biologischer Leiter und stellvertretender Direktor des Tiergartens. Im Rahmen einer Kooperation mit dem DPZ war er selbst bereits an der Feldstation im Senegal und unterstützte bei der Forschung. "Wenn sich wie bei den Pavianen im Senegal und im Tiergarten der Kreis schließt, profitieren alle Beteiligten, auch die Tiere."

Nürnberg hält als einziger Zoo in Deutschland Guineapaviane

Der Guineapavian, auch Sphinx-Pavian genannt, ist der kleinste aller Paviane. Die Primatenart bewohnt Steppen, Trockensavannen und Trockenwälder in Westafrika. Die Weltnaturschutzunion stuft die Art als „potenziell gefährdet" ein. In den vergangenen 30 Jahren hat der Bestand um geschätzte 20 Prozent abgenommen. Gründe für den Rückgang sind der Verlust des Lebensraums und die Nachstellung durch den Menschen. Der Tiergarten Nürnberg ist der einzige Zoo in Deutschland, der Guineapaviane hält.

Vortragsreihe im Naturkundehaus geht auch 2023 weiter

Der Vortrag am 8. Dezember ist die letzte Veranstaltung im Naturkundehaus in diesem Jahr. Auch 2023 wird die Vortragsreihe fortgeführt. Der Tiergarten bietet mit der Vortragsreihe im Naturkundehaus einen Lernort, der die Vielfalt der Natur erlebbar macht. Ein- bis zweimal im Monat teilen Expertinnen und Experten ihr Wissen über faszinierende Tierarten, erklären Zusammenhänge im Arten- und Klimaschutz und geben Einblicke in aktuelle Forschungsprojekte. Am Ende nehmen sich die Referierenden Zeit für Fragen und Diskussionen. Die Vortragsreihe ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Über Prof. Dr. Julia Fischer

Prof. Dr. Julia Fischer ist in München geboren und studierte Biologie an der Freien Universität Berlin. 1996 promovierte sie mit einer Studie über die Laute von Berberaffen. Anschließend forschte sie an der University of Pennsylvania und leitete das Baboon-Camp in Botswana, wo sie Paviane beobachtete. Nach der Habilitation am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und der Universität Leipzig wurde sie 2004 auf eine Brücken-Professur am Deutschen Primatenzentrum und der Universität Göttingen berufen. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören das Sozialverhalten, die Kommunikation und Kognition von Primaten.