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Junge Gorillamännchen im Tiergarten werden kastriert und können in ihrer Gruppe bleiben

In der Gruppe Westlicher Flachlandgorillas im Tiergarten leben derzeit zwei 2019 und 2020 geborene männliche Jungtiere. Auf Empfehlung des Fachgremiums des Europäischen Erhaltungszuchtprogrammes (EEP) für Gorillas und nach sorgfältiger Abwägung aller Alternativen haben Tiergartenmitarbeiterinnen und –Mitarbeiter gemeinsam mit dem Veterinäramt Nürnberg entschieden, die beiden vor dem Einsetzen der Geschlechtsreife zu kastrieren. Damit soll es den Jungtieren ermöglicht werden, dauerhaft in ihrer Gruppe zu bleiben.

In Europa leben derzeit insgesamt 419 Westliche Flachlandgorillas (Gorilla gorilla gorilla), die von 60 Zoos des Europäischen Zooverbandes (EAZA) im Rahmen des Erhaltungszuchtprogrammes (EEP) gehalten werden.

Die Art wird von der Weltnaturschutzunion IUCN als vom Aussterben bedroht eingestuft. Das Ziel des EEP besteht deswegen darin, eine gesunde sogenannte Reservepopulation der Art in menschlicher Obhut zu erhalten – falls tatsächlich der Fall eintritt, dass sie in der Natur ganz verschwindet.

Warum werden die beiden männlichen Jungtiere im Tiergarten Nürnberg vor diesem Hintergrund trotzdem kastriert und nicht zur Zeugung von Nachkommen vorgesehen?

Die Zucht der Westlichen Flachlandgorillas wird in einem EEP zentral koordiniert. Dabei achten die Biologen darauf, dass die genetische Vielfalt der Tiere möglichst hoch ist und die Population damit gesund bleibt.

Die Gene des Vaters der beiden sind in dem Programm schon stark vertreten – somit können er und seine Söhne nicht mehr zum Erhalt der genetischen Vielfalt beitragen. Auch wegen der begrenzten Plätze in Zoos können sich nicht alle Tiere fortpflanzen: Derzeit sind die Kapazitäten der EAZA-Zoos für insgesamt 500 Westliche Flachlandgorillas schon beinahe ausgeschöpft.

Kann der Tiergarten Nürnberg die beiden Jungtiere nicht auswildern?

Aktuell gibt es zwei Schutzgebiete in Gabun und im Kongo, in denen Westliche Flachlandgorillas unterkommen können. Bisher sind dorthin knapp 30 Gorillas aus Zoos in England und Frankreich gebracht worden – mit dem Risiko, dass Zootiere und die Tiere vor Ort sich gegenseitig mit ihnen fremden Keimen anstecken.

Denn insbesondere finden dort Jungtiere Platz, deren Eltern in ihrem natürlichen Lebensraum von Wilderern getötet oder gefangen wurden. Wilderei, illegaler Tierhandel, bewaffnete Konflikte und die weit verbreitete Armut der Menschen vor Ort führen dazu, dass die Schutzgebiete Rückzugsorte sind, die selbst intensiv und umfassend geschützt werden müssen. Auch hier ist der Raum begrenzt.

Zudem verschlechtert sich der Bedrohungsstatus der Westlichen Flachlandgorillas ständig. Wilderei, Seuchen wie zum Beispiel Ebola, Lebensraumzerstörung und Klimawandel sind dafür laut Weltnaturschutzunion die Hauptgründe.

Können die beiden Nürnberger Jungtiere dann nicht einfach so in ihrer Gruppe bleiben?

Westliche Flachlandgorillas leben natürlicherweise in Haremsgruppen, die aus einem Silberrücken, mehreren Weibchen und den gemeinsamen Jungtieren bestehen. Im Alter von sechs bis acht Jahren setzt bei den Männchen die Geschlechtsreife ein. Ab einem Alter von 13 Jahren werden sie zu Silberrücken – und zur Konkurrenz für ihren Vater.

In ihrem natürlichen Lebensraum, der sich vom südlichen Kamerun über den Westen der Zentralafrikanischen Republik, Äquatorialguinea, Gabun, die Republik Kongo und Cabinda erstreckt, müssen sie ihre Gruppe dann verlassen. Manchmal schließen sie sich zu sogenannten Junggesellengruppen zusammen, bis es ihnen gelingt, einen eigenen Harem zu gründen.

Gibt es für die jungen Gorillamännchen des Tiergartens Nürnberg keine solche Junggesellengruppe?

Junggesellengruppen Westlicher Flachlandgorillas funktionieren sowohl in der Natur als auch in Zoos meist nur für wenige Jahre. Danach müssen die männlichen Tiere entweder einen eigenen Harem bekommen oder – wenn es keinen gibt - allein bleiben.

Junggesellengruppen werden in den EAZA-Zoos deswegen vor allem mit Tieren gegründet, die Aussicht auf einen eigenen Harem haben. Bei den beiden Nürnberger jungen Gorillamännchen ist das nicht der Fall. Die Alternative der Einzelhaltung ist für den Tiergarten Nürnberg keine Option. Denn Westliche Flachlandgorillas sind sehr soziale Tiere und brauchen eine stabile Gruppe.

Kastration als Chance für stabile Gruppenstruktur

Mit der Kastration der beiden Nürnberger Gorillajungtiere stehen die Chancen sehr gut, dass ihr Vater sie weiterhin in der Gruppe akzeptieren und nicht als Konkurrenten wahrnehmen wird. Erhöht werden sie dadurch, dass ihr Vater eine sehr innige Beziehung zu den beiden pflegt und sich ihnen gegenüber äußerst fürsorglich zeigt.

Kastrierte Gorillas entwickeln zudem keine sekundären Geschlechtsmerkmale – das heißt, dass sich ihr Rückenfell nicht silbergrau färbt und ihr Körperbau nicht so kräftig ist wie der der Silberrücken.

Veterinärmedizinisch ist der Eingriff selbst vergleichbar mit der Kastration bei einem Hauskater oder einem Hunderüden. Bei der Wahl des Zeitpunktes stützt sich der Tiergarten auf die Empfehlung der Kolleginnen und Kollegen des EEPs.