Ökologischer Wert von Aas: Tiergarten beteiligt sich mit totem Wisent an Forschungsprojekt
Tote Tiere, die voller Leben stecken: Kadaver von Wildtieren sind wahre Hotspots der Biodiversität. Um auf diesem Gebiet weiterführende Erkenntnisse...
Am 13. August 1971 begann der Tiergarten der Stadt Nürnberg seine Delphinhaltung mit fünf Großen Tümmlern. Vierzig Jahre später wurden im Tiergarten am 30. Juli 2011 die Delphinlagune und das Manatihaus mit der Unterwassereinsicht im Blauen Salon eröffnet. Heute haben die Meeressäugetiere einen gewichtigen Anteil an den Artenschutzbemühungen des Tiergartens als Botschafter für die bedrohten Ozeane. Denn der Schwerpunkt der Delphinhaltung im Tiergarten liegt im Bereich des Artenschutzes und der Forschung. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen und Publikationen zu Delphinen stammen aus dem Tiergarten oder wurden durch diesen unterstützt, dies besonders in enger Zusammenarbeit mit der vom Tiergarten 1992 mitbegründeten und hier ansässigen Artenschutzgesellschaft Yaqu Pacha e.V. Eine kürzlich errichtete Großflächenausstellung im Tiergarten Nürnberg erläutert auf 15 Bannern die Geschichte der Nürnberger Delphinhaltung und macht die Notwendigkeit von Delphinarien in der heutigen Zeit deutlich.
Die im Delphinarium Nürnberg gewonnenen Erkenntnisse haben weltweit Bedeutung. Im Dezember diskutierten auf Initiative des Tiergartens und von Yaqu Pacha bei einem Workshop der Weltnaturschutzunion (IUCN) 37 internationale Expertinnen und Experten Möglichkeiten von Ex-situ-Maßnahmen für den Erhalt bedrohter Kleinwale (Delphine und Schweinswale). Die IUCN fordert in ihrem Bericht vom Oktober 2020 basierend auf den Ergebnissen dieser ESOCC-Konferenz (Ex situ options for cetacean conservation) einen ganzheitlichen integrierten Ansatz zum Schutz eben dieser Walarten.
„Vieles, was wir heute über Sensorik wissen, also wie Delphine ihre Umgebung wahrnehmen, oder über Kognition, also wie intelligent Delphine sind, und auch vieles über ihr Verhalten haben wir den Tieren zu verdanken, die in Menschenobhut gehalten werden“, erklärt Dr. Lorenzo von Fersen, Kurator für Forschung und Artenschutz im Tiergarten Nürnberg. „Viele dieser Informationen helfen uns heute, Tiere im Freiland besser zu schützen, weil wir sie besser verstehen. Hinzu kommt die Entwicklung, die die Veterinärmedizin in diesen Jahren gemacht hat. Heutzutage können wir einen kranken Delphin sehr gut behandeln. Wir können eine gute Diagnose stellen, eine gezielte Therapie entwickeln und diese Erkenntnisse helfen uns auch bei gestrandeten Tieren“, fügt von Fersen hinzu.
Als Vorsitzender von Yaqu Pacha hat von Fersen in Zusammenarbeit mit dem Tiergarten Nürnberg unzählige Projekte zum Schutz von Meeressäugetieren angestoßen und umgesetzt. Die jüngste Kampagne widmete sich dem akut vom Aussterben bedrohten kleinen Schweinswal Vaquita.
Von bedrohten Meeren war in den 1960er Jahren noch lange nicht die Rede. Damals löste das idealisierte Bild des Delphins Flipper in der gleichnamigen Filmserie auch in Deutschland eine große Begeisterung für Delphine aus. Bereits 1965 eröffnete in Duisburg das erste deutsche Delphinarium. In Nürnberg gab der Motorenfabrikant und spätere Ehrenbürger Max Hintermayr mit einer großzügigen Spende den entscheidenden Anstoß für den Bau eines Delphinariums. Von Anfang an war das Delphinarium ein Publikumsmagnet. Dominierte in den ersten Jahren der Zirkuscharakter, kamen bald inhaltliche Informationen über die Tiere dazu. Schon ab 1986 bot die neugeschaffene Zooschule Unterrichtseinheiten im Delphinarium an. Ab 1991 begann die wissenschaftliche Erforschung der Meeressäuger im Delphinarium.
Eine Besonderheit der Delphinhaltung in Nürnberg ist die Vergesellschaftung von Großen Tümmlern mit Robben, heute sind das Kalifornische Seelöwen. Neben den Großen Tümmlern hielt der Tiergarten einige Zeit Sotalia-Delphine (ab 1977) und Seebären (ab 1981). Insgesamt wurden mit Nemo (1986), Nando (1990), Noah (1993), Neike (1993), Naomi (1998) und Nami (2014) sechs im Tiergarten Nürnberg geborene Delphine groß. Sie wie alle anderen Nürnberger Delphine sind Teil des Europäischen
Erhaltungszuchtprogramms (EAZA Ex-situ Programme, EEP) für Große Tümmler. Dem Programm gehören seit 2007 fast alle wissenschaftlich geführten Delphinarien Europas an. Das EEP ist seit 2003 vollständig selbsterhaltend und basiert seither nur noch auf eigenen Nachzuchten. Von der derzeit fast 270 Tieren im EEP sind mit weiter steigender Tendenz derzeit 80 Prozent in Zoos geboren.
Umfangreiche Informationen über die Delphinhaltung im Tiergarten Nürnberg erhalten Interessierte unter anderem: