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Die Wurfhöhle

Wenn sich der arktische Sommer dem Ende neigt, wan­dern die trächtigen Weibchen aufs Festland und graben eine Wurfhöhle, in der die Jungtiere ihre ersten Lebensmo­nate verbringen. Die Höhlen kon­zentrieren sich in soge­nannten „denning areas“. Dort herrscht in der Regel ein Mikroklima, das für frühzeitige und ausreichende Schnee­fälle sorgt. Die Weibchen bleiben ihrem „Höh­lengebiet“ vermutlich lebenslang treu, suchen in der Regel aber jedes Mal einen neuen Platz für das Winterlager.

Die größten Wurfhöhlengebiete liegen an der Westküste der Hudson Bay und auf Baffin-Island (Kanada), an der Nordostküste von Grön­land (Dänemark), auf Franz-Josef-Land, Novaya Zemlya und der Wran­gel Insel (Russland) sowie auf Spitzbergen (Norwegen). Die Region zwi­schen der kanadischen Stadt Chur­chill und dem Nelson Ri­ver bringt jedes Frühjahr zwischen 100 und 150 Jung­tiere hervor.

Die Höhlen sind durchschnittlich etwa 16 Kilometer von der Küste entfernt und reichen vom Meeresniveau bis auf 548 m Höhe. Vereinzelt wurden schon Winterquar­tiere ent­deckt, die über 160 km im Lan­desinne­ren lagen.

Nicht alle Eisbärinnen vertrauen ihren Nachwuchs dem festen Land an. Etwa die Hälfte der Weibchen, die an der Nordküste Alaskas leben, graben ihre Wurfhöhlen in das mehrjährige Packeis der Beaufortsee. Wäh­rend des Win­ters können sie bis zu 1.000 km verdriftet wer­den. Wie die Tiere dennoch in ihre alten Jagd­gebiete zu­rückfinden, ist noch völlig unklar.

Die Weibchen an der Hudson Bay sind im Sommer „ar­beitslos“, weil es kein Meereis gibt, auf dem sie jagen kön­nen. Deshalb legen sie (Ruhe-)Höhlen im teilweise gefrore­nen Erd­reich an oder „besiedeln“ alte Erdhöhlen von Artge­nossinnen. Besonders einfach gräbt es sich im Wurzel­be­reich von Fichten. Doch Vorsicht: Waldbrände ha­ben schon zahl­reiche Sommerquartiere zerstört.

 Viele der trächtigen Weibchen aus der Hudson Bay Po­pulation lassen sich im Herbst einschneien und verbringen dann insgesamt acht Monate in der gleichen Höhle. In der kanadi­schen Arktis beginnen die Weibchen Mitte Sep­tem­ber mit dem Höhlenbau, an der Beaufortsee erst Mitte No­vember. Oft sind mehrere Test­grabungen nö­tig, bis der richtige Platz gefunden ist.

Die Weibchen bevorzugen Schneeverwehungen an Hängen von 20 - 45° Neigung, unterhalb der Steilküste oder an Steilufern von Flüs­sen. Die Höhlen liegen meist an der windabge­wandten Seite der Böschung, an der sich der Schnee an­sammelt.

Gute Bauplätze sind auch in der Arktis rar: Auf der russi­schen Wrangel-Insel wohnt die nächste Nach­barin oft nur 20 bis 30 Meter entfernt. Dennoch bleibt der Haus­friede ge­wahrt. Forscher fanden auf der Insel Kong­søya (Spitzber­gen) zehn Wurfhöhlen auf einer Fläche von 0,4 Hektar. Die Mütter zeigten un­tereinander kei­nerlei Droh- oder Domi­nanzverhalten.

Eine typische Wurfhöhle besteht aus einem 2 bis 3 m lan­gen Eingangstunnel und einer Kammer. Der Höh­lenein­gang liegt meist tiefer als die Kammer und dient – wie bei einem Iglu - als Kältefalle. Dadurch liegen die In­nen­tempe­raturen selten unter – 1° C. 

Wissenschaftler haben 25 Wurfkammern auf der Wran­gel-Insel vermessen. Im Durchschnitt waren sie 1,65 m lang, 1,4 m breit und 0,8 m hoch. Die Decke war 0,1 bis 2,5 m dick. Einige der Kammern besaßen ein Luftloch von 20 bis 30 cm Durchmes­ser.

Manche Weibchen graben Wurfhöhlen mit zwei bis drei Räumen. Die Höhlenanlage einer Bärin auf der Wran­gel-In­sel war fast zwölf Meter lang und hatte fünf Kammern. Oft kommt es vor, dass die Neben­räume erst nach der Ge­burt angelegt werden, damit die Bä­renkinder Platz zum Spie­len haben.