Biber müssen aus Gründen des Populationsmanagements regelmäßig getötet werden, wenn sie aus ihren Geburtsrevieren vertrieben werden und bei der Suche nach neuen Revieren Schäden in unserer „Zivilisation“ verursachen. Diese – allein in Bayern etwa 1000 Biber im Jahr – werden nur selten als Nahrung oder sonst wie genutzt, da ein Vermarktungsverbot besteht! Trotzdem ist diese Regulierung der Biberbestände gängige Praxis, weil eine weiter steigende Population zusätzliche Schäden bedeuten würde. Tötung von Tieren als Mittel des Populationsmanagements mit entsprechender Vermarktung zur Finanzierung von Schutzgebieten bzw. zur Unterstützung der lokalen Bevölkerung sind deshalb auch von der Weltnaturschutzunion (IUCN) und auch den Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES) mit der Genehmigung entsprechender Abschussquotenals wichtiges Hilfsmittel im Artenschutz anerkannt, z.B. bei Elefanten, Nashörnern oder Großkatzen. Es ist an der Zeit, dass wir das Töten von Tieren aus Gründen des Populationsmanagements nicht länger als Problem betrachten und diskutieren, sondern endlich als Chance begreifen, durch die heute meist sehr gute Zootierhaltung einen besseren Beitrag zur Erhaltung der jeweiligen Arten leisten zu können. Laut einer Umfrage im Rahmen einer Doktorarbeit am Institut für Tierschutz in Berlin (Hildebrandt, 2008) akzeptieren über 80 % das Töten im Rahmen der Zuchtbemühungen bedrohter Tierarten. Wenn, wie im Tiergarten Nürnberg, die Huftiere mit Produkten aus dem eigenen, bio-zertifizierten Landwirtschaftlichen Gut Mittelbüg gefüttert werden, bringt dies nicht nur die Vorteile des Tierschutzes, dass weniger Tiere aus der Massentierhaltung verfüttert werden, die dazu noch einen Tiertransport hinter sich haben, sondern auch die Sicherheit, dass kein Soja auf Kosten von Regenwäldern in der Tiernahrung ist. Bei der Verfütterung von Zootieren an Zootiere ist – wie bei zugekauften Futtertieren auch – auf die Vermeidung von potentiell übertragbaren Krankheiten zu achten. So verfüttert der Tiergarten kein Schweinefleisch an die Raubtiere (Aujetzki-Krankheit), keine Vögel an Vögel (Salmonellose) oder Katzen an Katzen/Hundeartige (Parvovirose, Staupe). Soweit ist die biologische Zielsetzung eigentlich klar und auch aus ethisch-moralischen Gründen geboten: Züchten und ggf. auch Töten! Ein Problem bleibt aber dennoch: Bei welchen Arten akzeptieren wir das Töten und Verfüttern und bei welchen nicht? Warum tun wir uns so schwer, unsere Emotionen im Zaum zu halten? Auch Ratten gehören bekanntermaßen zu den intelligenteren Tierarten. Erlaubt sei hier eine provokante Frage: Warum haben wir dennoch so wenig Hemmungen 20.000 dieser relativ intelligenten Nager, die gemeinsam etwa 6 Tonnen wiegen, zu töten und zu verfüttern anstatt dieses Ziel mit nur einem einzigen Elefanten derselben Masse zu erreichen. Wenn wir uns hier von Gefühlen oder kulturellen Traditionen leiten lassen und nachvollziehbar emotionale Probleme mit dem Verfüttern von Primaten haben, unsere alten Bären eines altersbedingten Todes sterben ließen und jetzt unser altes, nicht mehr reproduktionsfähiges Löwenpaar nicht euthanasieren, so dürfen wir dabei nicht verschweigen, dass wir damit in Bezug auf den Artenschutz und den Erhalt einer möglichst hohen genetischen Vielfalt nicht so zielgerichtet handeln, wie wir es tun sollten und auch könnten!
Helmut Mägdefrau