Systematik
Klasse: Säugetiere, Ordnung: Raubtiere, Familie: Bären, Art: Eisbär
Wissenschaftlicher Name
Ursus maritimus (Phipps 1774), lateinisch: „Bär vom Meer“
Abstammung
vom sibirischen Braunbären, vermutlich vor 200 000 bis 300 000 Jahren
Merkmale
- vergleichsweise schlanker Körper mit langem Hals
- schmaler Kopf mit kleinen Augen und Ohrmuscheln
- paddelartige Tatzen mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen
- kurzer Schwanz (7 bis 13 cm)
- fünf kurze, nicht einziehbare Krallen
- Körper außer Lippen, Nasenspiegel und Teilen der Fußsohle behaart
- Unterwolle bis 5 cm, Deckhaare am Bauch bis 15 cm
- Wärme isolierende Speckschicht unter der Haut (bis 10 cm)
- hohle, fast durchsichtige, Licht leitende Haare
- 42 Zähne
Farbe
- Fell weiß bis gelblichweiß
- Haut, Lippen, Nasenspiegel und Krallen schwarz
- Zunge blau
Maße
- Größtes lebendes Landraubtier
- Männchen: 2,0 bis 2,6 m, selten über 3 m und Schulterhöhe bis 1,6 m
- Weibchen: 1,8 bis 2,1 m, Schulterhöhe bis 1,4 m
Gewicht
- Männchen: 300 bis 800 kg, nach historischen Berichten bis zu einer Tonne
- Weibchen: 150 bis 350 kg, trächtige Weibchen über 500 kg
Verbreitung
- im gesamten Nordpolargebiet, vor allem nördlich des Polarkreises
- Alaska, Kanada, Grönland, Spitzbergen und Sibirien
- Einzelbeobachtungen zwischen 46 und 88 Grad nördlicher Breite
Lebensraum
- Nordpolarmeer (Packeis, Eisfelder)
- Inseln und Küstenstreifen (Tundra)
Streifgebiet
- Eisbären können jährlich viele Tausend Kilometer zurücklegen.
- Dabei durchstreifen sie pro Jahr Gebiete von ca. 10 000 bis 600 000 Quadratkilometer.
Sinnesorgane
- Der Geruch ist exzellent ausgebildet. Der Eisbär kann das schneebedeckte Atemloch einer Robbe aus einem Kilometer Entfernung wittern; Kadaver können vermutlich aus über 30 km Entfernung entdeckt werden.
- Das Gehör ist etwas besser als beim Menschen.
- Die Sehschärfe ist in etwa mit der des Menschen vergleichbar.
Fortbewegung
- Eisbären sind Sohlengänger
- Laufen: bis über 70 km pro Tag, kurze Sprints mit mehr als 40 km/h
- Springen: an Land bis 4 m weit und 2,3 m aus dem Wasser heraus
- Klettern: zum Beispiel an Steilhängen mit 45 Grad Neigung
- Schwimmen: bis zu 9,6 km/h schnell und 65 km am Stück
- Tauchen: in geringer Tiefe bis 2 Minuten
Nahrung
- vor allem Ringelrobben, seltener Bart-, Sattelrobben und Klappmützen
- Kadaver von Walrossen und Walen
- gelegentlich Kleinsäuger, Vögel, Vogeleier, Fische, Kräuter, Beeren, Seetang
- Kannibalismus (selten): vor allem durch erwachsene Männchen an Jungtieren
- Eisbären können bis maximal 12 Monate fasten
Jagdverhalten
- Pack- oder Treibeis ist für den Jagderfolg unerlässlich
- Anschleichen an Wurfplätze und Atemlöcher der Robben
- Antauchen der Robbenruheplätze auf der Eisscholle
- Lauern vor Atemlöchern bzw. Stellen, die die Robben zum Sonnenbad nutzen
- Antauchen von Seevögeln (selten)
- Angriffe auf Walrosse und kleine Wale (selten)
- Verfolgung von Rentieren an Land (selten)
Sozialstruktur
- Einzelgänger
- Junge bleiben bis 2,5 Jahre bei der Mutter
Geschlechtsreife
- Männchen: mit 5 bis 6 Jahren, im Freiland mit 8 bis 10 Jahren konkurrenzfähig
- Weibchen: mit 4 bis 5 Jahren
Fortpflanzung
- Paarungszeit je nach Region von April bis Juli
- meist konkurrieren mehrere Männchen um ein empfängnisbereites Weibchen
Tragzeit
195 bis 265 Tage
Wurfgröße
- Zwillinge (70 Prozent)
- ein Junges (25 bis 30 Prozent)
- sehr selten Drillinge oder Vierlinge
Geburtenintervall
- mindestens 3 Jahre (bei erfolgreicher Aufzucht der Jungen)
- bei Verlust der Jungen 1 Jahr
Geburtsgewicht
500 bis 700 Gramm, in Ausnahmefällen bis 900 Gramm
Geburtshöhle
- trächtige Weibchen graben im Spätherbst eine Höhle in den Schnee
- Wurfhöhle meist mit Tunnel (1 bis 3 m lang, selten bis 6 m) und Kessel (ca. 2 bis 3 Quadratmeter)
- meist an Land unweit der Küste (in so genannten „Höhlengebieten“)
- in manchen Regionen auch auf mehrjährigem Packeis (Verdriftung)
Entwicklung der Jungen
- die Jungen kommen hilflos, blind, taub und mit spärlichem Fell zur Welt
- schnelle Entwicklung durch Eisbärenmilch (anfangs ca. 30 Prozent Fett)
- Ende des 1. Monats öffnen sich die Augen
- im 2. Monat brechen die ersten Zähne durch
- im 2. Monat können die Jungen hören
- im 3. Monat stehen sie sicher auf den Beinen
- mit ca. 3 bis 5 Monaten verlassen die Jungen die Geburtshöhle
- nach Verlassen der Höhle nehmen sie erstmals feste Nahrung zu sich
- im 4. Monat ist das Milchgebiss vollständig
- mit ca. 8 bis 10 Monaten können die Jungen ihre erste Beute machen
- Entwöhnung mit ca. 2 bis 2,5 Jahren (selten früher, zum Beispiel mit 1,3 Jahren)
- die Jungen verlassen die Mutter nach der Entwöhnung
Lebenserwartung
- im Freiland 20 bis 35 Jahre
- Eisbären im Zoo wurden schon 43 Jahre alt
Bestand
- 20 000 bis 25 000 Tiere in ca. 20 Populationen
- Status „vulnerable“ (gefährdet) auf der Roten Liste der IUCN.
Natürliche Feinde
- keine, außer dem Menschen
- junge und schwache Tiere sind zum Teil von Artgenossen und Wölfen bedroht
Bedrohung
- globale Erderwärmung (Packeis schmilzt, weniger Zeit für die Jagd)
- Meeresverschmutzung (giftige Chemikalien, Erdöl)
- Überfischung (weniger Nahrung für die Robben)
- Störungen durch Rohstoffabbau, Militär, Schifffahrt, Tourismus
- kommerzielle Jagd (bei einigen Populationen)
- illegaler Handel mit Eisbärprodukten (zum Beispiel Gallenblasen)
Schutz
- internationales Abkommen zum Schutz der Eisbären (1976)
- regionale Jagdverbote
zusammengestellt von Mathias Orgeldinger